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Jim Henson im Jahr 1980 mit seiner berühmtesten Erfindung,  Kermit der Frosch.

© Imago/Everett Collection/TriStar Pictures

Dokumentation über „Muppet“-Erfinder Jim Henson: Ein Kermit für jede Altersklasse

Jim Henson hat mit seinen Puppen aus der „Sesamstraße“ und der „Muppet-Show“ Generationen geprägt. Ron Howard widmet dem „Mann voller Ideen“ nun einen Dokumentarfilm.

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Puppen sind so alt wie die Menschheit. Das Puppentheater, in Form von Handpuppen oder Marionetten, stammt aus der Antike. Und auch wenn die Generation X in Deutschland vielleicht die letzte ist, die warme Kollektiverinnerungen an das freundliche Raubtier oder das schnarrende Kamel aus Max Kruses „Der Löwe ist los“ in der Version der Augsburger Puppenkiste hegt, gehören Puppen zu unserer Kultur.

Die vielen Kindern noch immer aus der „Sesamstraße“ bekannten Handpuppen Ernie und Bert ebenso wie die „Muppets“ Kermit und Miss Piggy stammen vom erfolgreichsten Puppenspieler der Neuzeit, Jim Henson.

Ron Howards Dokumentarfilm „Jim Henson: Ein Mann voller Ideen“, der ab jetzt bei Disney+ zu sehen ist, nähert sich dem Künstler umfassend und chronologisch.

Zunächst ist da der junge, schmale Henson aus dem ländlichen Mississippi, der mit 19 Jahren eine Puppensketchreihe für Erwachsene bei einem Lokalfernsehsender unterbringt – gemeinsam mit seiner Jugendfreundin und späteren Ehefrau Jane, mit der er 1958 auch die Firma Muppets Inc. gründet.

Es braucht aber erst eine Reise nach Europa, bis Henson – unter anderem durch ein Projekt des Theaterkünstlers Josef Svoboda – erkennt, wie ernst das Puppenspiel genommen werden kann. In den 1960ern nimmt er dann die Einladung des neu gegründeten Children’s Television Workshop an.

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Die Chefin der Organisation, eine Kommilitonin aus gemeinsamen Studienzeiten, hatte Henson eingeladen, bei ihrer damals revolutionär neuen Idee mitzumachen: Vorschulkindern aus prekären Verhältnissen durch Puppen spielerisch Bildung nahezubringen.

Henson, für den Puppen stets viel mehr als bloß Spielzeug waren und die daher nach seiner Ansicht in die Erwachsenenunterhaltung gehörten, sagte zunächst zögerlich zu. Doch dann fand er Gefallen an dem Konzept – und entwickelte gemeinsam mit Jane und dem langjährigsten seiner Kollaborateure, Frank Oz, die klassischen „Sesamstraße“-Charaktere.

Detailreich erzählt Howard von Kermits Genese – die erste Version bestand aus einem zerschnittenen grünen Mantel von Hensons Mutter, zwei Pappen für den Mund und halbierten Pingpongbällen als Augäpfel. Entstehung und Endprodukt machen deutlich, wie sehr sich diese an den Arm des Spielers anschmiegende, durch die dünne Stoffschicht extrem bewegliche und mimisch ausdrucksstarke Puppe von den hölzernen, klassisch-europäischen Ganzkörper-Marionetten ohne Mimik unterschied.

Genau diese kommunikative Ausdrucksstärke zeichnete auch die späteren Erfolgspuppen der Jim Henson Company (wie die Firma Muppet Inc. inzwischen heißt) aus: Die Muppets sind all talk. Sie quatschen, singen, lachen, schreien. Sie passen insofern in die US-amerikanische Fernseh- und Kinotradition, die sich eher am Theater – und damit am Dialog – orientierte. Anders als beispielsweise der deutsche Film, der sich in seinen Anfangszeiten visuell und erzählerisch beim (dialogfreien) Expressionismus bediente.

Jim Henson, seine Crew und ihre Puppen aus der „Muppet“-Show.

© Disney

Der Regisseur Howard verhehlt dabei nie, dass „Jim Henson: Ein Mann voller Ideen“ in erster Linie ein – formal konventionelles – Fanwerk ist. In Interviews erzählen die Kinder und Weggefährten des 1990 verstorbenen Henson viel Anekdotisches, garniert mit Archivmaterial und Blicken hinter die Kulissen. Der Puppenspieler und -erfinder glaubte unumstößlich an die Macht seiner großäugigen Stoffgeschöpfe.

Seine Ausflüge in den Spielfilm zeigten aber auch, dass ihm Puppen als künstlerische Ausdrucksform näher waren als Menschen – und dass er mit dieser Auffassung zuweilen scheiterte. Der erste „Muppets“-Spielfilm von 1979, für dessen Produktion in der Prä-CGI-Ära noch aufwendige Konstruktionen wie eine Unterwasserkiste für Henson gebaut werden mussten, damit er eine Kermit-Szene in einem Tümpel drehen konnte, war noch ein Achtungserfolg. Und sein Live-Action-Puppenspielfilm „Der dunkle Kristall“ von 1982 galt als bahnbrechend.

Doch Hensons Versuche, menschliche Schauspieler:innen wie David Bowie und Jennifer Connelly 1986 in „Labyrinth“ zu inszenieren, scheiterten. Wie vielschichtig und komplex Drehbücher und Charakterzeichnungen für Spielfilme sein müssen und welche Herausforderungen ein Regisseur zu bewältigen hat, konnte oder wollte Henson nicht erfassen.

So zeichnet „Jim Henson: Ein Mann voller Ideen“ den pausenlos arbeitenden Henson als überwältigend fantasievollen, schöpferischen Menschen, der mit nur 53 Jahren starb. Seine Geschöpfe – Kermit, Ernie, die von Frank Oz mit Lust am Krawall gesprochene und gespielte Miss Piggie – bleiben zum Glück für immer.

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