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Solidarisch. Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

© dpa/Pedersen

Bundesregierung stützt die Kultur: Eine Milliarde gegen den Corona-Stillstand

Staatsministerin Monika Grütters stellt das Kulturprogramm der Bundesregierung vor. Es soll schnell und differenziert helfen

Die Corona-Welt ist eine Welt der Zahlen. Statistiken über Statistiken, der R-Wert, Sterberaten – und auch die im Grunde noch unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen der Pandemie drücken sich in gruseligen Kurven und vielen Nullen aus. Mit 130 Milliarden Euro Konjunkturhilfen hält die Bundesregierung dagegen. Die Corona-Welt ist auch eine Welt der Pakete. So sie bei den Richtigen ankommen.

Die Kultur und Kreativwirtschaft hat seit diesem Donnerstag ein eigenes Hilfsprogramm. Es umfasst eine Milliarde Euro und dürfte in dieser Höhe – und Geschwindigkeit – ziemlich einmalig sein. Zwei Milliarden Euro beträgt der Etat der Kulturstaatsministerin „in Friedenszeiten“, wie Monika Grütters bei der Vorstellung der Initiative „Neustart Kultur“ im Kanzleramt sagte.

Jetzt also hat sie kurzfristig die Hälfte ihres jährlichen Haushalts dazu bekommen, um den Kulturbetrieb nach der Corona-Zwangspause wieder in Gang zu bringen. „Für uns“, so erklärt die CDU-Politikerin, „sind Erhaltung und Sicherung der kulturellen Infrastruktur der Schlüssel, um wieder Arbeitsmöglichkeiten für Künstlerinnen, Künstler und Kreative bundesweit zu schaffen.“

Hilfe auch für Musik-Festivals

Verteilt wird dieses Geld nach unterschiedlichen Kriterien, die das Haus Grütters zusammen mit den Kulturverbänden in den zurückliegenden vier Wochen ausgetüftelt hat. Dass der Kultur umfänglich geholfen werden soll, stand also schon länger fest. Die zahlreichen Maßnahmen sollten aber als Teil des großen Ganzen präsentiert werden.

In vier Sparten können kulturelle Einrichtungen Hilfe beantragen. 250 Millionen Euro sind dabei für „pandemiebedingte Investitionen“ vorgesehen. Das betrifft Privattheater und Kinos, Musikclubs wie Literaturhäuser oder auch Messen – überall dort müssen Innenräume Belüftungssysteme bekommen, neue Bestuhlung und Ticketing-Systeme, um die Abstandregeln umsetzen zu können. Denn diese müssen nach wie vor eingehalten werden. Strikte Hygiene ist teuer, geht es doch bei all den Vorkehrungen auch darum, die Pandemie weiter einzudämmen und es nicht zu einer zweiten Welle kommen zu lassen.

In der zweiten Sparte, mit 450 Millionen Euro der größte Topf, soll künstlerische Arbeit wieder ermöglicht werden für die „vielen kleineren und mittleren Kulturstätten und -projekte, die vor allem privatwirtschaftlich finanziert sind“, wie es in der amtlichen Mitteilung heißt. Live-Musik steht hier im Vordergrund, mit den vielen kleinen Festivals des Sommers. Aber auch Theater und ausdrücklich der Tanz werden unterstützt. Im Filmbereich gilt die Maßnahme für Kinos, Verleihe und Filmproduktionen, hinzu kommen noch die Galerien und die Buch- und Verlagsszene. Auch sie können hier Hilfe beantragen.

Möglichst unbürokratisch

Bei all dem soll es unbürokratisch zugehen. Und schnell muss es sein, damit es auch hilft. Zu erwarten ist eine Flut von tausenden von Anträgen, wobei unterschiedliche Obergrenzen gelten. Bei Theater-Umbaumaßnahmen etwa sind es 100000 Euro.

All das setzt die Grütters-Behörde nun in Zusammenarbeit mit den Verbänden und deren Experten um. Gefragt sind der Deutsche Bühnenverein, der Musikrat, die Kino-Verbände und zum Beispiel auch der Börsenverein des Buchhandels, außerdem die Fonds für Darstellende Kunst und viele mehr.

In der dritten Sparte des Programms wird deutlich, wie sehr das Thema Zukunft den Politikern der Großen Koalition am Herzen liegt. Sie heißt – schön computersprachlich – „Neustart“ und soll mit bis zu 150 Millionen Euro „neue Formate und Projekte“ fördern, „die der Vermittlung, Vernetzung und Verständigung im Kulturbereich dienen“. Dabei handelt es sich vor allem um digitale Angebote, die bei den Museen und Theater während des Lockdowns breit aufgelegt wurden. „An dieser Stelle“, meint Grütters, „hat der Kulturbereich die Chance, stärker aus der Krise herauszukommen, als wir hineingegangen sind.“

Die regelmäßig vom Bund geförderten Kultureinrichtungen können im vierten Teil des Milliarden-Hilfsprogramms zudem den Ausgleich von Einnahmeausfällen beantragen. Was etwa für die Berliner Festspiele, das Haus der Kulturen der Welt oder für Gedenkstätten von Interesse sein könnte. Es ist nicht ganz leicht, all die Modalitäten und Kriterien für die Hilfszahlungen zu durchschauen, zumal auch private Hörfunkveranstalter in den Genuss von Hilfszahlungen aus diesem Programm kommen sollen, Zeitungen und Zeitschriften allerdings nicht.

Solidarität im Kabinett

Mehrfachanträge sind möglich, sagt Grütters. Manche private Kultureinrichtung kann sich auch über andere Hilfsprogramme des Bundes etwas Luft verschaffen, zum Beispiel beim Überbrückungsprogramm des Wirtschaftsministeriums. Das Grütters-Paket zielt auf die Infrastruktur, um „unsere einzigartige Kulturlandschaft zu retten“, und nicht in erster Linie auf die soziale Absicherung der Künstlerinnen und Künstler. Die Staatsministerin spricht von einer großen Solidarität im Kabinett für die Kultur.

Sofern man bei der Kultur überhaupt von einer Branche sprechen kann, erweist sie sich als äußerst differenziert. Die Bedürfnisse sind höchst unterschiedlich, das soll das Programm spiegeln. Grütters will Optimismus verbreiten. Sie weiß aber auch, wie trist ein mit Corona-Abstand eingerichteter Zuschauerraum aussehen kann. Und dass es keinen rechten Ersatz für das Live-Erlebnis gibt. Es ist eben ein Hilfsprogramm. Das gewohnte Kulturleben findet so schnell noch nicht wieder statt.

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