
© AFP/Stefan Wermuth
Debatte um ESC-Teilnahme Israels: Der Wettbewerb droht an sich selbst zu scheitern
Irland will aussteigen, wenn Israel nächstes Jahr beim Song Contest dabei sein darf. Das zeigt: Die Fliehkräfte werden stärker – verständlicherweise.

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Seit zwei Jahren führt Israel Krieg im Gazastreifen. Und so lange hält auch die scharfe Kritik an der Teilnahme des Landes am Eurovision Song Contest (ESC) an. Die Europäische Rundfunkunion EBU hatte sich als Veranstalter bislang durchlaviert und gegen alle Widerstände den Ausschluss israelischer Künstlerinnen und Künstler von dem Gesangswettbewerb verhindert.
Doch zwei Jahre Krieg und die zunehmende Verständnislosigkeit gegenüber dem israelischen Vorgehen haben Spuren hinterlassen. Nachdem Spaniens Premier Pedro Sánchez schon vor einigen Wochen den Ausschluss Israels aus dem Wettbewerb gefordert hatte, legt nun der irische Sender RTÉ nach: Sollte Israel im kommenden Jahr in Wien am ESC teilnehmen dürfen, werde sich Irland zurückziehen.
In dieser Ankündigung, die natürlich als Drohung zu verstehen ist, steckt Brisanz. Denn bislang rechtfertigte die EBU eine Teilnahme Israels immer so: Nicht Länder machen mit, sondern Rundfunkanstalten. Solange diese demokratisch und ausgewogen arbeiten und berichten, dürfen sie Vertreter zum ESC schicken.
Die RTÉ-Mitteilung zeigt nun, dass dieser Argumentation nicht mal mehr die Sender selbst folgen. Schon längst ist der ESC in der Außenwahrnehmung ein Länderwettbewerb, der natürlich auch der Darstellung von Regierungen nutzt. Die Zuschauer rufen schließlich für Künstler und Länder an, nicht für Rundfunkanstalten.
Klar: Den Krieg im Gazastreifen hat Israel nicht begonnen. Er ist eine Folge des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023. Doch die Ausmaße, die er angenommen hat, die Anzahl der Opfer, die es zu beklagen gibt, werfen Fragen auf und haben den Blick auf Israel in weiten Teilen Europas verändert.
Deshalb ist es zwingend notwendig, dass die EBU die Frage nach der Teilnahme Israels ebenfalls neu bewertet, ohne sich auf technische Begründungen zurückzuziehen. Ein ESC ohne israelische Künstler ist schwer vorstellbar, ja. Ein ESC ohne Irland, Spanien oder Belgien, die ebenfalls mit dem Boykott-Gedanken spielen, aber auch.
Die Fliehkräfte durch anhaltende Kritik am Contest, durch Massenproteste am Austragungsort, durch Bedrohung der Künstlerinnen und Künstler scheinen derzeit immer größer zu werden. Sie sind erst recht eine Gefahr für einen Wettbewerb, der Europa eigentlich für wenigstens einen Abend zusammenbringen sollte.
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