
© Constantin/Jürgen Olczyk
Die Komödie „Der Spitzname“ im Kino: Hochzeitschaos in Tirol
Familienkrach, Wokeness-Trubel und Generationenzeck. Mit „Der Spitzname“ komplettiert Sönke Wortmann nach „Der Vorname“ und „Der Nachname“ seine Trilogie.
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Alarm! Die Böttcher-Berger-König-Wittmanns sind wieder los. Gerade mal zwei Jahre, nachdem die letzten Zwistigkeiten der Großfamilie in einer Finca auf Lanzarote mit Müh und Not beigelegt wurden. Die Pointenschärfe des Erstlings „Der Vorname“, in der sich Debatten am Namensvorschlag „Adolf“ für einen Säugling entzündeten, erreichte „Der Nachname“ über die Eheschließung von Mutter Dorothea (Iris Berben) und ihrem Ziehsohn René (Justus von Dohnánnyi) keineswegs.
Aber offenbar läuft das mit 1,2 Millionen Zuschauern 2018 gestartete Namens-Sequel weiterhin so erfreulich an den Kinokassen, dass Constantin Film und Sönke Wortmann nun mit „Der Spitzname“ eine Trilogie komplettieren.
Was mag dann als Nächstes kommen? „Der Deckname“, „Der Doppelname“, „Der Künstlername“? In zwei oder drei Jahren wird sich zeigen, ob Wortmann und sein Drehbuchautor Claudius Pläging an sich halten konnten oder nicht. Pläging verfasst die Gesellschaftskomödien inzwischen gänzlich ohne französische Theatervorlage, die bei „Der Vorname“ noch existierte.
Besser hat das die diesmal ausgesprochen dünne Familienposse nicht gemacht. Doch das Team Wortmann mit dem angeschlossenen All-Star-Ensemble aus Iris Berben, Christoph Maria Herbst, Caroline Peters, Justus von Dohnányi und Florian David Fitz darf man sich inzwischen als bestens eingespielte Gauklertruppe vorstellen, die nur zu gerne gemeinsam auf Landpartie fährt.
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Genauer gesagt in ein schickes Bergresort in den Tiroler Alpen. Völlig ungeachtet der inzwischen auch in den Alpen verbreiteten Schneeknappheit, bilden die dicht mit Puderzucker bestäubten Berge die ideale Kulisse für ein vorweihnachtliches Boulevardtheaterstück, das durchaus amüsante Momente und lustige Dialoge hat.
Deine Vulva an meinem Tisch
„Solange du mit deiner Vulva an meinem Tisch sitzt, bist du eine normale Frau, mit all den dazugehörigen Pronomen und damit basta!“, herrscht Mathelehrerin Elisabeth (Peters) ihre Tochter Antigone (Jona Volkmann) an. Die hat gerade verkündet, sich von binären Geschlechtsstereotypen zu verabschieden und verlangt, mit den Pronomen „they/them“ angeredet zu werden. Antigone und Cajus, die Kinder von Elisabeth und Literaturprofessor Stephan (Herbst), tauchen erstmals leibhaftig in der Namens-Trilogie auf, und bringen als Vertreter der Gen Z einen erhöhten Wokeness-Faktor ein.

© Constantin/Jürgen Olczyk
Grund des Familientreffens ist mal wieder eine Heirat: Elisabeths Bruder Thomas (Fitz), Familienmacho und Immobilienmakler, will Freundin Anna (Janina Uhse) heiraten, die doch noch zur erfolgreichen Schauspielerin aufgestiegen ist. Dass Thomas Tochter Paula mit Spitznamen gern Paulchen nennt, weswegen Anna argwöhnt, dass er lieber einen Sohn bekommen hätte, ist der Beginn der innerfamiliären Gereiztheit, an deren Ende ein Bänderriss und drei Fast-Beziehungsbrüche zu beklagen sind.
Die Slapstick-Freude, mit der Dauerstänkerer und Sportversager Stephan Massenkarambolagen auf der Skipiste anrichtet, vermittelt ebenso Heiterkeit wie der von Ehefrau Elisabeth liebevoll mit gefalteten 50 Euro-Scheinen behängte Bonsai, der Bruder Thomas zur Hochzeit überreicht werden soll. Thomas macht kurz vor der Trauung allerdings einen ebenso verspannten Eindruck wie der Professor, von dem sich bald herausstellt, dass die Uni ihn wegen „unsensibler Sprachverwendung“ in einem sprachwissenschaftlichen Seminar freigestellt hat.

© Constantin/Jürgen Olczyk
Mir nichts, dir nichts ist die ganze Gesellschaft in wohlfeile Debatten über N-Wörter, Genderfragen, Sensitivity-Coachings und sexuelle Nötigung verstrickt. Wobei Althippie Dorothea (Berben), die eigene Geheimnisse hütet, wie gewohnt lieber kifft als ihren Gatten René (Dohnányi) bei der Erziehung der mittels Leihmutterschaft entstandenen Söhne zu unterstützen.
Schade nur, dass das bewährte Ensemble samt seinen in Dialogform eingebauten Identifikationsangeboten für möglichst viele Kinogeher, nicht über die lahme Story, schleppendes Timing, laues Ende und Logikhänger hinwegtäuschen kann. „Der Spitzname“ sieht aus und klingt wie eine Komödie vom Reißbrett. Ein Fünfziger-Jahre-Familienfilm von heute, mit nostalgischer Musik unterlegt.
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