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Thema

Klassik

Wenn es brenzlig wird, greifen kleine Mädchen nach der Hand des Vaters. Daddys Pranke garantiert Schutz und Geborgenheit vor den Zumutungen der Welt.

Von Frederik Hanssen

Kammermusik-Narren, die sich schon ein halbes Jahr auf das Konzert des Auryn-Quartetts gefreut haben, werden vermutlich säuerlich blicken, wenn sie auf den Programmzettel schauen. Denn da kommt dieses großartige Quartett endlich mal wieder nach Berlin, und dann wird ihnen von den knapp bemessenen anderthalb Musikstunden auch noch Zeit abgezwackt.

"Das Werk soll so präsentiert werden", hat Claudio Abbados Wiener Dirigierprofessor Swarowsky immer gesagt, "als würde es zum ersten Mal gespielt, ohne Restspuren des Erlernthabens, neuen Atmens voll." Eine verteufelt anspruchsvolle Forderung, vor allem wenn Beethovens Sinfonien auf dem Notenpult liegen.

Von Frederik Hanssen

Die Riesenpakete mit CDs, die auch dieses Jahr wieder ausgepackt werden, müssten eigentlich dazu führen, dass die Unternehmungslust aller Berliner Klassik-Hörer erst einmal eine gute Weile blockiert ist. Würde man einmal zusammenrechnen, wieviel Stunden Musikkonserve allein in Berlin verschenkt werden, käme man sicher auf eine Zahl, die sogar noch die der jährlichen Fehlstunden im Öffentlichen Dienst überträfe.

Der Dokumentarfilm ist das älteste Genre der Filmgeschichte. Schließlich stellten die Väter des Kinos ihre Aufnahmeapparaturen irgendwo auf und filmten irgendein Geschehen, um ihre Erfindung zu erproben.

Auch wenn die leidige Schlossplatz-Debatte schon allen zum Hals heraushängt: Warum kommt eigentlich keiner auf die Idee, auf dem zentralsten Ort der Stadt ein schmuckes Konzertzentrum zu bauen? Mit einem kleineren, Kammermusikkompatiblen Saal von 700 bis 800 Plätzen, der in Berlin noch fehlt und einem größeren für Berliner Sinfonie-Orchester.

Begeisterter Applaus kann auch unverschämt sein. Dabei war klar, dass der walisische Starbariton Bryn Terfel nach Wotans Abschied in der Philharmonie keine Zugabe singen würde.

Von Uwe Friedrich

Mit Zugaben hatten sie offenbar nicht gerechnet. Wer aber so zündende Könnerschaft verbreitet wie das Schlagzeug-Ensemble der Berliner Philharmoniker, dem verlangt das Publikum mehr ab als das offizielle Programm.

Von Sybill Mahlke

Ist es mangelnde Eitelkeit, oder hat der schwedische Bühnenbildbau einfach nur vor "Ikea" die Waffen gestreckt? Die Szene für Mats Eks "Dornröschen"-Choreografie atmet das Grau Bergmanscher Familienhöllen, in der selbst das heiß ersehnte Auto nur als stumpfschwarze Laubsägearbeit umherrollt.

Von Ulrich Amling

Das Klimpern der Hawaiigitarren seines "Hula-Blues"-Projekts ist kaum verklungen, da steht Taj Mahal erneut auf den Brettern, um das Quasimodo mit seiner "Phantom-Blues-Band" an drei aufeinander folgenden Abenden in einen swingenden Dampfkessel zu verwandeln. Nach seinen weltmusikalischen Ausflügen ist Mahal wieder zurückgekehrt in die Welt der Nachtclubs und Rhythm & Blues-Trinkerhöllen.

Von Volker Lüke

Ein rappelvolles Ein-Komponisten-Konzert gehört mit Sicherheit nicht zu den Festwochen. Rachmaninow war eben nicht gut genug für den Jahrhundertklang-Olymp.

Von Uwe Friedrich

Johann Nepomuk Hummel ist der gentleman composer der Beethoven-Zeit und der britische Pianist Howard Shelley der adäquate gentleman interpreter für die "Gesellschafts-Rondos", Bravour-Variationen und Klaviersonaten, die der gefeierte Pianist Hummel für seine Konzertreisen schrieb. Von den Donnerschlägen, mit denen Beethoven zur gleichen Zeit die Sonatenform sprengte, ist hier so wenig zu hören wie von den einsamen Weiten, die Franz Schubert in seinen letzten, Hummel gewidmeten Klaviersonaten durchschritt.

Die sechziger Jahren sind wahrscheinlich diejenige Epoche der modernen Kunstgeschichte, die die junge Kunst von heute am stärksten beeinflußt. Ob bewußt oder unbewußt basieren die gegenwärtigen Konzepte des Crossover und der Nivellierung von high und low auf der revolutionären Strategie der Entgrenzung, wie sie in den sechziger Jahren vor allem im Fluxus propagiert und praktiziert wurden.

Es gehört zum guten Ton des Berliner Philharmonischen Orchesters, dass auch an seinen zweiten Bläserpulten Musiker sitzen, die mühelos die Ersten Solisten vertreten können. Das Fach Oboe ist besonders gesegnet: Neben Albrecht Mayer und Hansjörg Schellenberger sind Andreas Wittmann und Dominik Wollenweber (Englischhorn) hervorragende Solospieler.

Von Sybill Mahlke

Wenn ein Orchester wie die Berliner Symphoniker Bruckners fünfte Sinfonie spielt, ist das etwa so, als ob ein passabler Mittelstreckenläufer plötzlich bei einem Marathon mitmacht: Läuft er in gewohnter Geschwindigkeit, geht ihm mittendrin die Puste aus - teilt er seine Kräfte ein und läuft langsam, wird er von den Gewohnheits-Marathonläufern abgehängt. Unter ihrem Cheftrainer Lior Shambadal entscheiden sich die Symphoniker für die sichere Schritt-Tempo-Variante und kommen nach gut achtzig Minuten ins Ziel.

Um die deutsche Literatur in einem Glanz zu erleben, der ihr ganz fremd geworden ist, muss man nur ins Ausland fahren. In Krakau etwa kann man Menschen finden, die von Rilkes "Duineser Elegien" schwärmen, sie zählten zum Größten, was ihnen zugestoßen sei, und überhaupt bleibe das Deutsche die Sprache von Stefan George, Paul Celan und Nelly Sachs.

Von Gregor Dotzauer

Es klingt wie eine Sensation: Das Deutsche Symphonie-Orchester spielt eine völlig unbekannte Sinfonie des selbst von Haydn bewunderten Sinfonikers Carl Philipp Emmanuel Bach, dazu zwei weitere Arien des zweitältesten Bachsohns und ein noch nie diesseits des Urals gespieltes Flötenkonzert seines Bruders Wilhelm Friedemann. Ausgräber der musikalischen Schätze ist der ukrainische Dirigent Igor Blaschkow, bekannt als Beteiligter der Kontroverse um einen der bedeutendsten Notenfunde der letzten Zeit.

Von Carsten Niemann

Eine der berühmtesten Institutionen des Berliner Kulturlebens steht zur Disposition: Der Rias-Kammerchor soll um ein Drittel seiner Mitglieder verkleinert werden. Über die Auswirkungen des Beschlusses, der in der vergangenen Woche von den Gesellschaftern der Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester und -chöre gefasst wurde, sprach Jörg Königsdorf mit Frank Druschel, dem Direktor des Rias-Kammerchores.

Was passiert, wenn die unerbittlichen Finanzpolitiker den Staatsopern-Chefdirigenten Daniel Barenboim aus Berlin vertreiben?Frederik Hanssen Wenn das so weiter geht, können wir die Tage zählen, bis Daniel Barenboim das Handtuch wirft.

Von Frederik Hanssen

Die Verwechslung ist beabsichtigt: Wenn das Plakat einen Auftritt der "Philharmonischen Cellisten" zusammen mit Dieter Hildebrandt ankündigt, soll der Kartenkäufer natürlich an die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker denken. Mit denen haben die sechs Herren und ihr Programm "Vorsicht Klassik!

Von Frederik Hanssen

Eigentlich müsste sie unhörbar sein, die Musik, die von heute an für zehn Tage beim Festival "Ultraschall" erklingt, ein hohes Fiepsen nur, jenseits der Hörgrenze. Das würde aber den beiden großen Berliner Rundfunkanstalten, die für das Programm verantwortlich zeichnen, dem Deutschlandradio Berlin und dem SFB, kaum gefallen.

Von Volker Straebel

Mit Kammerorchestern verhält es sich in Berlin so ähnlich wie mit Döner-Buden: Keiner weiß wirklich wie viele es gerade gibt. Und selbst bei den Läden, die man zu kennen glaubt, sorgt immer wieder das Schild "Neue Bewirtschaftung" für zusätzliche Verwirrung.

Von Frederik Hanssen

Prophete rechts, Prophete links, das Weltkind in der Mitte, das zeitgemäss der Moderator ist: Zumindest die vorzügliche Besetzung dieses Grundmusters der meisten Podiums-Diskussionen konnte man der American Academy bescheinigen, als sie es unternahm, mit einem Gespräch über die "Zukunft der Symphonie-Orchester" ihr Themen-Spektrum in die Dimension der Musik-Praxis auszuweiten. Der eine Part fiel auf Kurt Masur, einst Gewandhaus-Chef, nun Direktor der New Yorker Philharmonie.

Mit Augenzwinkern und Gespür für Skandal - der Vater der Videokunst weist den Weg ins nächste JahrhundertNicola Kuhn Mancher mag es damals, 1960, schon geahnt haben: Aus dem eher schmächtigen jungen Mann würde einmal etwas ganz Großes werden. Das notwendige Selbstbewusstsein und die Durchsetzungskraft musste er schließlich bereits haben, als er - korrekt in Schlips und Kragen gekleidet - am Höhepunkt seiner Performance "Etude for Piano" dem überraschten John Cage den Kopf zu shamponieren begann und schließlich seine Krawatte zerschnitt.

Von Nicola Kuhn

Vier altbekannte Paukenschläge weisen dem Klassik-Fan den Weg: Hinter dieser Tür muss es sein, wo das Kammerorchester Berlin Beethovens berühmtes Violinkonzert probt. Doch wer neugierig in den Ferenc-Fricsay-Saal im Haus des SFB schaut, dem fällt auf, dass etwas anders ist als sonst: Es fehlt der Dirigent.

Von Carsten Niemann

Er sieht anders aus, er ist nur ein Drittel so schwer und er klingt vor allem ganz anders: Mit dem heutigen Standard-Konzertflügel der Marke Steinway hat das Hammerklavier etwa so viel gemeinsam wie ein Oldtimer mit einem Formel-1-Rennwagen. Jahrzehnte lang waren die filigranen Instrumente der Firmen Erard, Pleyel, Stein und Broadwood fast nur in alten Herrenhäusern und Musikinstrumenten-Museen zu bewundern.

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