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Regine Mispelkamp holte am Samstag Silber. Sie reist mit drei Medaillen aus Paris ab.

© IMAGO/Mika Volkmann

Medaillenregen über Versailles : Dreimal Treppchen für die deutschen Para-Reiterinnen

Am Samstag begann der letzte Tanz für die Dressurreiterinnen bei den Paralympics in Paris. Das deutsche Team sicherte sich dabei zweimal Silber und einmal Bronze. 

Von Carla Vitón Tamayo

Stand:

Bevor die Musik startet, ist der Regen das Einzige, was am Samstagmittag in Versailles zu hören ist. Es ist der letzte Ritt um Medaillen bei den Paralympischen Spielen in Paris.

Den Start machte für das deutsche Team Anna-Lena Niehues im Grade 5, dem Grade für Reiterinnen und Reiter mit dem niedrigsten Grad der Behinderung. Weiter ging es im Grade 4 mit Regine Mispelkamp und Isabell Nowak. Heidemarie Dresing bildete im Grade 2 das Schlusslicht. Es ging um die individuelle Kür: Jede der Reiterinnen durfte in einer – mit wenigen Ausnahmen – selbst ausgedachten Kür ihre individuellen Stärken unter Beweis stellen.

Zweimal Silber, einmal Bronze für Regine Mispelkamp

Als letzte Starterin in ihrer Klasse machte Mispelkamp die Prüfung bis zum Ende spannend. Mit gespitzten Ohren betrat ihr Pferd Highlander Delight’s die Arena und strahlte mit seiner Präsenz.

Vor drei Jahren belegte Miskelkamp auf Highlander Delight’s bei den Spielen in Tokio den dritten Platz in der Kür. Der 12-jährige Wallach mit dem Spitznamen „Lights“, den Mispelkamp selbst ausgebildet hatte, war damals noch ein unerfahrenes Pferd. In Paris konnten die beiden zeigen, wie sehr sie sich weiterentwickelt haben: Mit einem Score von 80.100 % sicherten sich die beiden die Silbermedaille in der individuellen Kür.

Da kann man das ganze Leben von zehren.

Regine Mispelkamp

„Ich bin super happy. Lights macht es so Spaß, der genießt das dermaßen“, sagte Mispelkamp nach dem Ritt. Vor dem Wettkampf habe sie sich nach einem Blick auf die Wetterprognose – es war Regen angesagt – erst Sorgen gemacht. Lights möge es nicht so gerne, Regen ins Gesicht zu bekommen. Ihren Ritt beeinflusste dies jedoch nicht. „Er war so konzentriert. Ich finde, er wurde von Prüfung zu Prüfung besser – immer schöner und geschmeidiger.“ Am liebsten wäre sie direkt noch eine Prüfung geritten.

Beide waren während des Rittes hoch konzentriert und lieferten eine beinahe makellose Performance. Als eine der schwereren Lektionen wählte die 53-Jährige eine halbe Galopppirouette – eine ganze Pirouette wäre in Grade 4 aufgrund des Schwierigkeitsgrades nicht erlaubt. Lediglich einmal waren sie kurz etwas vor der Musik, ritten den Bogen dann etwas improvisiert und mussten etwas schneller machen. Insgesamt habe es aber gut gepasst. „Ich habe mich wohlgefühlt und er sich auch“, sagte sie nach dem Wettkampf.

Ihre Bewegungen waren gut auf die Musik abgestimmt – und der Wallach schien sie zu lieben. „Er weiß schon immer genau: Wenn ein neuer Ton kommt, kommt gleich etwas Neues“, freute sich Mispelkamp, die mit Multipler Sklerose lebt. „Das macht ihm richtig Spaß.“

Für Mispelkamp war dieses Silber bereits die dritte Medaille in Paris. Zuvor hatte sie sich den zweiten Platz in der Einzelwertung und den dritten Platz mit dem Team gesichert.

Ihre Medaillen von Paris werde sie in ihrem Wohnzimmer ausstellen – zusammen mit einer Bronzemedaille von den Spielen in Tokio 2021. „Da kann man das ganze Leben von zehren“, sagte sie.

Weitere Siege für das deutsche Team

Auch Anna-Lena Niehues Medaillensammlung kann sich sehen lassen: Die 40-Jährige aus Gronau konnte mit ihrer Kür ebenfalls Silber holen. Dazu kommen zweimal Bronze in der Einzel- und der Teamwertung. Auch sie feiert so drei Medaillen in Paris. Mit dabei auf der Zuschauertribüne waren ihr Mann und ihre einjährige Tochter.

Für das Einreiten ins Viereck wählte sie eine Klassik-Version des Songs „Give me everything“ von Pitbull. Mit Ausdrucksstärke und einem schönen Schwung wechselte ihr Pferd Quimbaya Tempi im Trab. Ihr starker Galopp wurde vom Lied „abcdfu“ von Gayle untermalt. Auch die Galopp-Trab-Wechsel gelangen dem Duo. Lediglich die fliegenden Galoppwechsel, durch die Niehues höhere Elemente einbringen wollte, hätten schöner gelingen können. Weiter tanzte die Stute Maya zu „Cheap Thrills“ von Sia.  

Niehues konnte sich lange auf dem ersten Platz halten. Doch dann kam die niederländische Reiterin Demi Haerkens und ritt sich zu Gold. Niehues holte schließlich mit einem Ranking von 80.900 % Silber.

Die 69-jährige Heidemarie Dresing hat bei den Spielen in Paris zwei Bronzemedaillen gewonnen.

© IMAGO/Mika Volkmann

Auch Heidemarie Dresing konnte sich bei der Kür aufs Treppchen reiten. Nachdem sie bei der Einzelwertung am Dienstag auf dem vierten Platz gelandet war, holte sie am Freitag in der Teamwertung Bronze – und am Samstag in der Kür gleich nochmal.

„Meine Kameradinnen haben mir gestern schon geholfen, dass ich eine Bronzemedaille bekomme – aber jetzt habe ich es selbst geschafft“, sagte die 69-Jährige, die mit Multipler Sklerose lebt, nach ihrer Prüfung. „Ich bin total zufrieden, da es mit einer Medaille für mich auch erst so aussichtslos aussah.“

Mit ihrem Pferd Horse24 Dooloop kam sie auf einen Score von 76.127 %. An eine Medaille konnte Dresing während des Ritts noch nicht denken: „Ich war so konzentriert, ich glaube, ich habe sogar das Lächeln vergessen – ich wollte einfach nur eine gute Prüfung reiten.“

Erneut vierter Platz für Nowak

Isabell Nowak, die als Reserve für Martina Benzinger in Paris eingesprungen war, nachdem Benzingers Pferd kurz vor den Spielen verstorben war, ritt als fünfte Starterin in ihrem Grade und konnte sich eine Weile auf dem ersten Platz halten. Mit Siracusa Old war sie mit einem Dauerlächeln eine taktvolle Runde geritten, bei der vor allem der starke Trab herausstach. Dennoch rutschte die 41-Jährige nach starken Leistungen der Konkurrenz schlussendlich doch vom Treppchen und landete das zweite Mal auf dem vierten Platz.

In der Teamwertung am Freitag war Nowak aufgrund ihrer Ergebnisse aus der Einzelwertung nicht mitgeritten. Sie fährt somit als einzige deutsche Reiterin ohne Medaille nach Hause.

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