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Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Bau und Wohnen, zu Besuch in einem Wohnprojekt in Berlin-Neukölln.

© pa/dpa/Fabian Sommer / pa/dpa/Fabian Sommer

Deutschland in der Wohnkrise: Für den Kanzler ist Bauministerin Geywitz aus mehreren Gründen unverzichtbar

400.000 Wohnungen pro Jahr hat die Regierung versprochen. Vorerst wird das nichts. Aber die zuständige Ministerin muss trotzdem nicht um ihren Job fürchten.

Eine Kolumne von Stephan-Andreas Casdorff

Dieses Bundeskabinett, schon im Bröckeln begriffen? Etliche Minister sind in Not, bieten Anlass zur Kritik, einige zu Rücktrittsforderungen – nur eine nicht: Bauministerin Klara Geywitz. Nicht einmal aus der Bau- und Immobilienwirtschaft.

Dabei verfehlt sie ihr großes Ziel, das zugleich eines der größten der Ampel ist: den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen, davon 100.000 öffentlich gefördert - auch im Jahr 2023. Und vielleicht sogar nochmal 2024.

So ist die Tendenz im Wohnungsbau: Laut Statistischem Bundesamt wurden im November 2022 bundesweit 24.300 Wohnungen bewilligt – 16 Prozent weniger als im Jahr davor. Die Preise für den Neubau stiegen im November um fast 17 Prozent. Mit der starken Zuwanderung, gerade von Flüchtlingen aus der Ukraine, steigt die Nachfrage nach Wohnraum noch einmal. In Deutschland fehlen mehr als 700.000 Wohnungen, hat das Bündnis „Soziales Wohnen“ errechnet.

Geywitz weiß das alles. Sie weiß bis ins Detail Bescheid, hat sich eingearbeitet, bis hinein in die Möglichkeiten schnellerer Fertigung beim Wohnungsbau. Und bei wichtigen Stellschrauben hat die Ministerin schon etwas getan, bei den Afa-Abschreibungsmöglichkeiten für den Bau neuer Mietwohnungen zum Beispiel, die erhöht und vorgezogen wurden.

Außerdem hat sie die Themen richtig erkannt. Geywitz, sagt auch die Bauindustrie, hat ja die „Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre geerbt“. Es geht um die Regierung insgesamt, um den freidemokratischen Finanzminister, der noch einmal viel Geld bewilligen muss; um den Bundeskanzler, der den Wohnungsbau selbst zu einem großen Thema gemacht hat.

Geywitz hat wirklich dicke Brocken vor sich. 16 Landesbauordnungen führen dazu, dass ein genehmigtes Gebäude in jedem anderen Bundesland noch einmal komplett geprüft und genehmigt werden muss. Das Hemmnis wegzuräumen dauert. Auch die Auftragsvergabe von Bund, Ländern und Kommunen muss angepasst werden, muss digitaler und schneller werden, zielgenauer sein. Das ist nicht trivial.

2023 wird das mit den 400.000 Wohnungen deshalb nichts mehr, weil das, was jetzt noch nicht beauftragt ist, in diesem Jahr nicht fertig wird. Eben wegen der Dauer von Planung, Genehmigung und Bau. 2024 und 2025 will die SPD-Politikerin aber am Ziel festhalten, „durch Vorfertigung und Digitalisierung“ an die Zahl heranzukommen.

Geywitz’ Rücktritt ist vor dem Hintergrund kein Thema. Aber auch deshalb nicht, weil Olaf Scholz unverbrüchlich weiter auf die 46-Jährige baut.

Beide Potsdamer sind einander verbunden, seitdem sie gemeinsam um die Spitze der SPD kämpften. Erfolglos. Aber jetzt regieren sie - und wissen, dass nicht zuletzt von der Erfüllung des Bauversprechens ihr Erfolg bei der nächsten Bundestagswahl abhängt.

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