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Im Schatten von Manfred Stolpe und Matthias Platzeck: Dietmar Woidke - ein Ministerpräsident ohne Strategie

Seit 1990 regiert die SPD ungebrochen in Brandenburg. Doch nun könnte ihre die CDU gefährlich werden. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat sich bislang weggeduckt - nicht nur beim Flughafen BER. Doch mit dem Wegducken ist es nun vorbei.

Landesvater – das wär was. So wie es Manfred Stolpe und Matthias Platzeck waren. Dann könnte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke beruhigter in dieses Jahr gehen. Woidke weiß aber am besten, wie groß der Schatten seines populären Vorgängers noch ist – und wie kurz die Zeit, aus dem herauszutreten: Im Mai kommen die Europa- und Kommunalwahlen, im September wird der Landtag gewählt. Dann geht es um die Zukunft der seit 1990 ununterbrochen regierenden SPD. Und Woidke kennt die Warnzeichen.

Dass Woidke kämpfen kann, hat er noch nicht gezeigt

Die jahrelang zerrissene und mit sich selbst beschäftigte CDU liegt mit einem in der Bevölkerung nahezu unbekannten Spitzenkandidaten in der Wählergunst fast gleichauf mit der SPD. Für die erfolgsverwöhnte SPD ist das ein Menetekel. Schon bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 wurden die Christdemokraten stärkste Partei. Da ließ man es dem erst kurz zuvor ins Amt gewählten Woidke noch durchgehen, dass er danach abtauchte, weil er nicht mit dieser Niederlage verbunden werden wollte. Nun ist die Schonzeit vorbei. Und Wegducken ist keine Strategie.

Weggeduckt hat sich Woidke schon beim Flughafen BER, als er sich weigerte, in den Aufsichtsrat zu gehen, weil er so beim umkämpften Thema Lärmschutz ungehinderter agieren kann. Was kurzfristig klug erschien, wird im Wahlkampf nicht funktionieren: Wer sich starkmacht für ein erweitertes Nachtflugverbot, weil es populär ist, und gleichzeitig für den wirtschaftlichen Erfolg des größten Infrastrukturprojekt der Region verantwortlich ist, wird unglaubwürdig. Da müsste Woidke kämpfen, wie es Matthias Platzeck 2004 tat, als er im Landtagswahlkampf die unpopulären Hartz-Beschlüsse der Bundes-SPD gegen heftigste Proteste verteidigte – und siegte.

Dass Woidke kämpfen kann, hat er noch nicht gezeigt. Er ist zwar der beliebteste Politiker des Landes, reicht aber weder an die Ausstrahlung noch die Beliebtheitswerte von Platzeck heran. Stattdessen dreht Woidke vor allem an diversen Stellschrauben, um den Christdemokraten deren beharrlich verfolgte Kernthemen zu nehmen. Deshalb das Programm gegen den lange geleugneten Unterrichtsausfall oder die jetzt angekündigte Korrektur beim Stellenabbau der Polizeireform, die er noch als Innenminister verantwortet. Hier hat die SPD viel Glaubwürdigkeit verloren, weil sie zu lange die steigende Zahl von Einbrüchen und Diebstählen und ein wachsendes Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung ignorierte. Zurückhaltend agierte der Chef der einzigen rot-roten Koalition in der Republik selbst bei der Krise um den zurückgetretenen Justizminister Volkmar Schöneburg von der Linken.

Welches Leitbild hat Woidke für die Hauptstadtregion?

Auch an anderen Stellen wird noch keine Strategie sichtbar. Unklar bleibt zum Beispiel, welches Leitbild Woidke für die Hauptstadtregion hat. Da gibt es das strahlende Potsdam, das mit dem Landtagsschloss sein Zentrum zurückgewinnt, die wirtschaftsstarken Landkreise rings um die Bundeshauptstadt, die zunehmende Verflechtung der Metropolregion mit fünf Millionen Einwohnern und die Entwicklungschancen durch den Flughafen in Schönefeld. Aber die gerade wieder angestoßene Fusionsdebatte wurde von Woidke sofort weggeschoben, und zu Berlins Politik hat der Mann aus Forst ein eher distanziertes Verhältnis.

Dabei profitiert Brandenburg massiv von den hunderttausenden Steuerzahlern, die in Kleinmachnow, Falkensee oder Oberhavel leben, aber in Berlin ihr Geld verdienen. Die wirtschaftlich erstarkte Hauptstadt ist auch der zentrale Entwicklungsmotor für Brandenburg mit seinen großen demografischen Problemen in den ländlichen Randregionen.

Ein eigenständiger Brandenburger Weg, den Stolpe und Platzeck je für sich fanden, ist in Woidkes Plänen nicht zu erkennen. Noch nicht? Er muss sich sputen, ein souveräner Ministerpräsident zu werden. Sonst wird er ein von der Opposition Getriebener. Landesvater wird einer nicht ohne gewonnene Wahl.

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