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Magdalena Andersson hat die Konsequenzen aus ihrer Niederlage gezogen.

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Niederlage für die politische Mitte: Die Schweden-Wahl ist ein Warnruf für Europa

Wenn in Stockholm jetzt das rechte Lager an die Macht kommt, zeichnet das nicht nur die politische Landkarte Schwedens neu.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

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Das sagt man doch so gern in der Politik nach solchen Momenten: ein Paukenschlag. Das Ergebnis der Wahl in Schweden ist sogar mehr als das. Was im einstigen „Volksheim“, der Heimat des idyllischen Bullerbü von Astrid Lindgren, geschehen ist, fördert nämlich böse Ahnungen in der ganzen Europäischen Union.

Mit mehr als 20 Prozent stellen die rechtspopulistischen Schwedendemokraten nach den Sozialdemokraten die zweitgrößte Fraktion, größer als die aller Parteien des bürgerlichen Lagers. Noch sind sie auch größer als die Rechtspopulisten überall anders in Westeuropa, aber das kann eine Frage der Zeit sein. Wehe! Man stelle sich vor: In Italien, Mitgründer der EU, herrscht demnächst vielleicht der Rechtspopulismus.

Knapp verloren: Magdalena Andersson.

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Die Gefahr ist da, machen wir uns nichts vor. Ob im übrigen Skandinavien, denken wir an die „Wahren Finnen“, oder um Deutschland herum, in Belgien mit „Vlaams Belang“, in den Niederlanden um Geert Wilders, in Frankreich mit Marine Le Pen – die Liste ist nicht vollständig. Und sie wäre es sowieso nicht ohne die AfD hierzulande.

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Dort, wo Angst grassiert, greifen harte einfache Parolen

Schweden als Menetekel: Wenn das rechte Lager, manche sprechen von einem Block, jetzt an die Macht kommt, dann ist die stärkste Kraft eine von Neonazis und White-Power-Anhängern gegründete Partei. Das zeichnet nicht nur die politische Landkarte Schwedens neu, wie deren Chef sagt. Ob die Schwedendemokraten nun in der Regierung sitzen oder die von außerhalb zu dominieren versuchen. Denn so kann es kommen, weil die Moderaten, die den Ministerpräsidenten stellen wollen, schwächer sind.

Darin liegt die Gefahr: Der Aufschwung der Schwedendemokraten begann mit einer Angstkampagne gegen Hunderttausende Geflüchtete und Asylbewerber. Der Wahlerfolg der Rechtspopulisten aber wurde erst dadurch möglich, dass der Staat einer in den Vorstädten grassierenden Bandenkriminalität kaum Grenzen setzte.

Dort, wo Angst grassiert, greifen harte einfache Parolen. Es wird sozusagen trumpsch: Das eigene Land zuerst, komme, was wolle. Die Parolen lauten dann wie bei den Schwedendemokraten „Ein Land, frei von kriminellen Ausländern“ und dem „Diktat fremder Mächte“. Womit Muslime gemeint waren.

Systematische, ja systemische Verachtung der Demokratie, ihrer politischen Vertreter und Institutionen – kommt uns das nicht bekannt vor, selbst in der EU? Auch da gibt es Politiker mit autoritärer Attitüde, wie Viktor Orbán aus Ungarn. Dagegen anzugehen ist gut, reicht aber nicht. Alle im Wesen bürgerlichen Parteien müssen daraus lernen, besonders die links der Mitte, hier in Deutschland die Ampel von der abgewählten Koalition in Schweden: Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen ist auch in liberalen Gemeinwesen unbedingt zu achten.

Besonders in unsicheren Zeiten darf das mitunter mühselig Erworbene nicht gefährdet erscheinen. Rot-Grün von 1998 an hatte diese Notwendigkeit erkannt, hatte deshalb einen „Roten Sheriff“, Otto Schily. Der garantierte „Law and Order“. Es war dennoch ein Reformbündnis, mit doppelter Staatsangehörigkeit zum Beispiel. Das lehrt: Wer Toleranz für Neues, Fremdes erreichen will, muss eindeutiger im Handeln sein. Es wird Zeit. Der Paukenschlag von Schweden hallt gerade in ganz Europa nach.

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