zum Hauptinhalt
Die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer (M.) aus Deutschland und Greta Thunberg (M.) aus Schweden sind die Ikonen der Klimabewegung Fridays for Future.

© Foto: dpa/Jörg Carstensen

Fridays for Future auf der Straße: Klimastreik mitten im Krieg? Das ist gut und richtig so

Am Freitag kommt es zum globalen Protest, auch in Deutschland. Ist das unverschämt? Nein, vor lauter Krisen dürfen wir die Klimakatastrophe nicht verdrängen.

Ein Kommentar von Armin Lehmann

Was erlauben die sich! Mitten in der Zeitenwende mit Krieg und schweren wirtschaftlichen wie sozialen Folgen gehen junge Menschen der Klimabewegung auf die Straße.

Fridays for Future und andere Klimagruppen haben weltweit und auch in vielen deutschen Städten am Freitag zum großen Klimastreik aufgerufen. Es gibt Menschen, die das für unverschämt halten, die sagen, man müsse sich jetzt mit der Realität beschäftigen, nicht mit Dingen, die in ferner Zukunft liegen oder womöglich nie eintreten.

Dieses Denken basiert auf Gefühlen wie Angst und Überforderung. Wie viele Krisen soll man gleichzeitig lösen? Kleben sich Klimaktivist:innen in Museen, an Straßen oder Pipelines fest, werden wir wütend, aggressiv, ängstlich oder sind beschämt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wir denken: Wir haben doch schon genug zu tun, das können wir jetzt nicht auch noch brauchen! Diese Gefühle sind in Ordnung. Jeder fühlt das, was er in sich trägt. Das heißt nicht, dass man diese Gefühle nicht hinterfragen sollte; es heißt nicht, dass ziviler Ungehorsam nicht richtig und notwendig ist.

Evolutionsbiologisch sind wir darauf trainiert, Dinge zu lösen, die unmittelbar vor uns liegen, denn sie ängstigen uns mehr als das, was noch kommen mag. Jedes Handeln, selbst Streiten, hilft, sich zu beruhigen. Oft handeln wir aber nicht sehr klug oder zukunftsbezogen.

Faktisch betrachtet, sagen Ökonom:innen, werden wir die Probleme Krieg, Corona, hohe Gas- und Lebenshaltungskosten kurz- bis mittelfristig lösen. Die Klimakrise dagegen bleibt und verschärft sich. Im Global Risk Report 2022 vom World Ökonomic Forum werden die Risiken der Welt bewertet nach Wahrscheinlichkeit und Gefährlichkeit: An erster Stelle bei den wahrscheinlichen Risiken steht die Klimakrise. Noch ist sie nach Angaben der Analyst:innen nicht das gefährlichste, das wären Massenvernichtungswaffen.

2,8
Grad wird die Welt in Zukunft durchschnittlich wärmer. Das hat schwerwiegende Folgen.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass es schwierig ist, Zukunftsmodelle für die Klima-Katastrophe zu errechnen, weil man nichts Vergleichbares hat, auf das die Modelle gestützt werden können. Deshalb haben Klimaforschende kürzlich Politik und Weltklimarat aufgefordert, mehr in Katastrophenszenarien zu denken. Denn sie werden wahrscheinlicher.

Das Emotionale ist immer mit dem Faktischen verbunden. Die Klimaaktivist:innen haben nicht nur moralische Motive, sondern sehen ein konkretes Versagen der Politik.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ein Beispiel ist Recht, an das sich die Bundesregierung selbst nicht hält. Da wären etwa die Regelungen der Emissionsbudgets, die im Klimagesetz der Bundesregierung niedergeschrieben sind: Alle Fachministerien müssen sich daran halten, um die selbst gesteckten Ziele der CO2-Reduzierung einzuhalten.

Der Verkehrssektor etwa hat 2021 den vorgegebenen Emissionsausstoß überschritten. Laut Gesetz muss dann ein Sofortprogramm gegensteuern, doch das, was der Bundesverkehrsminister darin aufgeschrieben hat, wurde vom dafür eingerichteten Expert:inenenrat als unzureichend zurückgewiesen.

Jetzt sieht sich das Ministerium mit einer Klage konfrontiert, in der das Ministerium aufgefordert wird, die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz genannten Jahresemissionsmengen für 2023 bis 2030 sicherzustellen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wer gegen das eigene Gesetz verstößt, muss sich nicht wundern, wenn ihm nicht mehr geglaubt wird. Deutschland wird wohl sein Emissionsbudget, das noch zur Verfügung steht, um die Pariser Klimaziele von 2015 zu erreichen, schon 2028 erschöpft haben. Klimaneutralität bis 2045 wäre dann sehr unrealistisch.

Paris hatte sich zum Ziel gesetzt, die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad zu deckeln. Jetzt marschieren wir auf eine 2,8 Grad wärmere Welt zu. Das bedeutet, dass 2050 weite Teile der Erde nicht mehr bewohnbar sein werden.

Es ist richtig, dass wir warm über den Winter kommen müssen und dürfen. Wir dürfen ihn uns nur nicht mit einem Handeln erkaufen, das extreme Hitzeperioden der Zukunft ermöglicht. Darin besteht die Angst, die die Jugend auf die Straße treibt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false