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Kein Pakt mehr: Olaf Scholz (Mitte) mit Robert Habeck (links) und Christian Lindner.

© dpa/Michael Kappeler

Scholz zettelt einen Rosenkrieg an: Der Rauswurf reicht, das Nachtreten ist zu viel

Wie Olaf Scholz über Christian Lindner herzieht: Redet so ein Kanzler? Wohl dann, wenn er sofort in den Wahlkampf zieht. Scholz muss nur aufpassen: Über alle Kritik erhaben ist er nicht.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Schon mal so heiße Wut erlebt? Jedenfalls nicht bei Olaf Scholz in seiner Funktion als Bundeskanzler. Wie der über Christian Lindner spricht, seinen Ex als Finanzminister! Das spottet bald jeder Beschreibung. Und erinnert an böse Rosenkriege.

Redet so ein Kanzler? Darf der das? Na klar, kann man sagen, ist ja auch bloß ein Mensch. Doch das Amt braucht mehr. Es braucht gerade in Zeiten, in denen es drunter und drüber geht, in denen sich alle, sagen wir: gegenseitig ankoffern wollen, eine Form von übergeordneter Würde. Eine, die Respekt heischt.

Das wäre gut, wäre besser für Politik und Land. Weil dann der Mann da oben selbst was hermacht, anstatt dass er sich über andere hermacht. Vom Kanzlervize Robert Habeck hört man schon mal keine Scholz-Sprüche. Und von Helmut Schmidt, dem Kanzler-Vorbild, ist so was aus der Vergangenheit von seinem Streit mit der FDP auch nicht überliefert. Nicht in aller Öffentlichkeit.

Bei aller Klarheit, die um der Sache willen nötig ist, und selbst, wenn vornehme Zurückhaltung viel verlangt wäre: Da gibt es den Verdacht, dass Olaf Scholz seine Konfrontation mit Lindner richtiggehend geplant hat. Ganz kühl. Und das sagt nicht nur Lindner.

Alles nur gespielt? Scholz, der ja sonst eher nicht so der Temperamentsbolzen ist, als Kanzler der Klarheit, bullig bis brutal. Jetzt führt er! Genau das soll Eindruck machen. Übrigens nicht zuletzt bei seinen eigenen Leuten, den Genossen.

Politisches Kalkül ist auch dabei

Da steht bestimmt politisches Kalkül dahinter. So ist Scholz doch, das haben schon einige erlebt; Friedrich Merz kann ein garstig Lied davon singen. Aber nicht er allein.

Worte haben Macht. Sie zurückzuholen, kann verdammt schwierig werden. Selbst für einen Kanzler. Und die Sache soll doch nicht böse enden.

Stephan-Andreas Casdorff, Tagesspiegel-Herausgeber

Nur bekommt es Lindner jetzt vor allen anderen ab. Denn der Kanzler hat den Wahlkampf begonnen, ultimativ. Dass Lindner „das Land anzündet“, bullert Scholz. Ob ihm klar ist, wie weit er damit geht?

Vielleicht dann doch ein Stück zu weit. Denn man kann auch finden, dass er, ausgerechnet als Kanzler, mit seinen Worten zündelt. Und das braucht jetzt gerade mal niemand, schon gar in diesem aufgewühlten Land.

Habeck schlägt andere Töne an

Außerdem: Obacht! Bei einem Rosenkrieg kann so manches herauskommen, was besser niemand gehört hätte. Und zwar über alle Partner. Auch deshalb schlägt Habeck andere Töne an: Weil es für den Ruf der Politik insgesamt nicht gut ist, wenn die sich selber in Verruf bringt. Das ist dann das Gegenteil der Klugheit, die manch einer an der Spitze für sich in Anspruch nimmt. Um es vorsichtig zu sagen.

Es ist auch nicht einmal sonderlich schlau. In dieser politischen Ehe war der Kanzler ja nicht nur der Brave. Er kann doch auch alles das, was er Lindner vorwirft. Tricks zum Beispiel. Denken wir an vorangegangene Haushalte dieser Regierung. Er hat bisher bloß persönlich nicht die Rechnung dafür präsentiert bekommen; die mussten andere zahlen.

Und hat Scholz die FDP nicht auch benutzt? Als Prellbock war sie ihm in der Koalition ein ums andere Mal schon recht. Was, wenn das an die Öffentlichkeit gezerrt wird?

Das kann passieren. Wenn Scholz vs. Lindner eine Fortsetzungssaga in Sachen Scheidung wird. Dann würde daraus ein Drama mit viel Tragik. Unterhaltsam ist das, keine Frage, nur nicht gut, für keinen. Nicht fürs Land, bestimmt nicht für Lindner, dessen Ruf offenkundig richtig ramponiert werden soll, aber am Ende genauso wenig für Scholz.

Dass ausgerechnet der gern markige CSU-Chef Markus Söder nachdenkliche Worte findet, ist nicht nur ironisch. Sondern zeigt, dass der Ernst der Lage auch potenziell Unernste erreicht. Söder jedenfalls warnt vor einer noch viel grundsätzlicheren Krise durch „Spielchen“. Was er damit meint? „Ein Scheitern der Demokratie.“

Zu dick aufgetragen oder nicht, der Satz provoziert – zum Innehalten. Was Bayerns Ministerpräsident damit nämlich auch sagt (übrigens intern und zunächst mal nicht auf öffentliche Wirkung aus): Worte haben Macht. Sie zurückzuholen, kann verdammt schwierig werden. Selbst für einen Kanzler. Und die Sache soll doch nicht böse enden.

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