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Hadi Darvish floh 2019 aus seiner Heimat.

© IPC/Vakho Tsatsalashvili

Paralympisches Geflüchtetenteam: Für Hadi Darvish erfüllt sich ein Traum

Der Iraner floh 2019 aus seiner Heimat und konnte in Deutschland lange seinen Sport nicht ausüben. In Paris startet der Para-Gewichtheber nun bei den Paralympics.

Von Anna von Gymnich

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Hadi Darvish geht die gleichen sechs Treppenstufen hoch wie jeden Tag. Direkt hinter der Tür umgibt ihn die gewohnte Geräuschkulisse, leise Musik, Gewichte, die aufeinander knallen, und das leise Surren des Ventilators in der Ecke des Raumes. Zur Vorbereitung auf die Paralympics trainierte der Para-Gewichtheber Darvish zuletzt zweimal am Tag und das fünf bis sechs Mal die Woche in einem Fitnessstudio in Bonn.

„Sport ist mir mit am wichtigsten, er spielt eine riesige Rolle in meinem Leben“, sagte Darvish bei einem Treffen im August. Der Iraner sah 2012 die Paralympischen Spiele in London im Fernsehen und hatte seitdem den Traum, einmal selbst daran teilzunehmen. In Paris ist es nun am sechsten September so weit.

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Athletinnen und Athleten gehören dem Geflüchtetenteam in Paris an. Zakia Khudadadi aus Afghanistan gewann am Donnerstag Gold im Taekwondo.

Geboren in Teheran absolvierte Hadi Darvish dort seinen Universitätsabschluss und begann eine staatliche Anstellung. 2019 floh er nach Deutschland. Die politische Situation im Iran sowie die Möglichkeiten im Para-Sport wollte Hadi Darvish nicht weiter dulden. „Ich sah die Bedingungen dort nicht als vereinbar an mit meinem freiheitsliebenden Geist“, wurde er vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) zitiert, als seine Aufnahme ins paralympische Flüchtlingsteam für die Spiele in Paris vor ein paar Wochen bekannt gegeben wurde.

Die Zeit nach der Flucht war für den Gewichtheber nicht leicht. Die ersten zwei Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland verbrachte er in einer Geflüchtetenunterkunft. „Eine schreckliche Zeit, schreckliche Jahre“, sagt Darvish dem Tagesspiegel: „Die ganze Situation war sehr schlecht.“ Während dieser Zeit versuchte er sein Training wieder aufzunehmen, was sich als schwierig gestaltete – ohne ein eigenes Konto konnte er sich in keinem Fitnessstudio anmelden.

Er versuchte es immer weiter, bis er einem Präsidenten eines Sportclubs auffiel und dieser sein sportliches Potenzial erkannte. Darvish kann den monatlichen Beitrag bar begleichen.

Sein Durchhaltevermögen sowie seine Disziplin zahlten sich aus. In den vergangenen beiden Jahren wurde er Deutscher Meister in seiner Gewichtsklasse und trat dabei gegen nicht behinderten Konkurrenten an. Seine Leistung erregte Aufmerksamkeit, bald wurde er zu verschiedenen Welt- und Europameisterschaften eingeladen, doch die Reisekosten konnte er ohne einen finanziellen Sponsor nicht stemmen. „Der Sport ist schon sehr teuer mit den verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln und dem speziellen Essen“, sagt Darvish.

Eine Olympiamedaille gibt es wohl erst 2028

Mit der Unterstützung des Geflüchtetenteams konnte Hardi Darvish nun bei den Weltmeisterschaften in Tbilissi in diesem Sommer teilnehmen und belegte bei seinem ersten internationalen Wettkampf den dritten Platz in der Gewichtsklasse bis 80kg. Nun geht es für ihn nach Paris – seine Ziele hierfür sein eindeutig: einfach genießen. „Es war schon immer mein großer Traum an den Paralympischen Spielen teilzunehmen“, sagt er. Den Gewinn einer Medaille hebe er sich aber wohl noch auf für Los Angeles 2028.

In Deutschland ist Hadi Darvish mit seiner Familie gut angekommen. Seine Rolle als Familienvater mit seinem Leistungssport miteinander in Einklang zu bringen, gestaltete sich zwar als kompliziert, aber er macht beides mit Leidenschaft. „Auch wenn der Sport meine große Leidenschaft ist, kommt meine Familie immer noch als erstes“, sagt er.

Darvish trainiert meistens mit Freunden und Familie. Die beschreiben ihn als zielstrebig und geduldig. Er gibt alles für seinen Traum und lässt sich von Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen. „Ich möchte gerne an andere weitergeben, dass jeder seine Träume verfolgen und nie aufgeben soll auch wenn es zuerst schwer erscheint“, sagt Darvish. Für seinen Sport wünscht er sich mehr Aufmerksamkeit. Laut ihm kommen seit 2016 kaum neue Menschen mit Beeinträchtigungen dazu. Das soll sich zukünftig ändern – Para-Powerlifting soll bekannter werden.

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