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100 Tage vor der Wahl: Scholz weicht Frage zu möglichem Rückzug als Kanzlerkandidat aus
Olaf Scholz hat in einem Interview auf die Frage, ob seine Kanzlerkandidatur fix sei, nur vage geantwortet. Zudem räumte er Fehler im Umgang mit der gescheiterten Ampel-Koalition ein.
Stand:
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einem Interview ausweichend auf die Frage geantwortet, ob er sich unter bestimmten Umständen vorstellen kann, seine Kanzlerkandidatur zu überdenken. „Na ja, die Umstände der nächsten Wahl sind doch ziemlich klar“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ lediglich.
Auf die Nachfrage, wie es denn bei einer Verschlechterung der Umfragewerte wäre, fügte er hinzu: „Die Zuverlässigkeit solcher Umfragen ist überschaubar, wie die letzte Bundestagswahl gezeigt hat, auch wenn das manche schnell vergessen haben. Wir müssen auf Zusammenhalt setzen – und nicht auf ein Gegeneinander in unserer Gesellschaft.“
Vor der letzten Bundestagswahl lagen Scholz und die SPD zweieinhalb Monate vor der Wahl bis zu 16 Prozentpunkte hinter der Union. Ein Lacher von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Flutgebiet drehte die Stimmung.
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Die SPD gewann am 26. September noch mit 25,7 zu 24,1 Prozent gegen die Union. Scholz wurde Kanzler der ersten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene, die in der vergangenen Woche allerdings nach knapp drei Jahren zerbrach. Jetzt liegt die SPD genau 100 Tage vor der Wahl in den Umfragen 16 bis 18 Prozentpunkte hinter der Union auf Platz 3 – noch hinter der AfD.
Womöglich hätte ich die Entscheidung, den Finanzminister zu entlassen, auch früher treffen müssen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
Am 23. Februar wird neu gewählt. Scholz hatte bereits im Sommer erklärt, dass er wieder als Kanzlerkandidat antreten möchte. Der Parteivorstand hat ihn aber noch nicht nominiert. Nach dem Ampel-Aus gibt es in der SPD eine Debatte, ob nicht der in den Umfragen weitaus beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius der aussichtsreichere Kandidat ist. Eine Entscheidung der Parteiführung wird bis zu einer sogenannten „Wahlsieg-Konferenz“ am 30. November erwartet.
Scholz räumt Fehler beim Ampel-Aus ein
Mit Blick auf die gescheiterte Ampel-Regierung räumte der Kanzler Fehler ein. „Ich hätte vielleicht schneller feststellen müssen, ab wann es so nicht mehr weitergehen kann. Womöglich hätte ich die Entscheidung, den Finanzminister zu entlassen, auch früher treffen müssen“, sagte er der „SZ“.
„Es ist kein Geheimnis, dass ich darüber auch schon einmal vorher nachgedacht habe“, sagte Scholz. Und zwar „als es im Sommer trotz der vielen Stunden, die wir zusammen verbrachten, einfach nicht gelingen wollte, sich auf den Bundeshaushalt für 2025 zu einigen“.
Scholz hatte vor mehr als einer Woche Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Grund war ein erbitterter Streit um die Wirtschaftspolitik und die Schuldenbremse.
Scholz war lange zuversichtlich
Auf die Frage, ob er etwas falsch gemacht habe, sagte Scholz der Zeitung: „Natürlich, alles andere wäre verwunderlich. Ich habe mich immer wieder darum bemüht, Kompromisse zu finden. Das halte ich unverändert für richtig, obwohl es dem Ruf der Regierung und mir als Bundeskanzler geschadet hat, dass wir für viele Themen immer so lange gebraucht und so viele Anläufe benötigt haben.“
SPD, Grüne und FDP hätten einen guten Koalitionsvertrag zustande gebracht. „Insofern war ich zuversichtlich und bin es auch lange geblieben“, sagte Scholz.
„Schließlich ist uns auch vieles gelungen – etwa, direkt nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ein Sondervermögen für die Bundeswehr in der Verfassung zu verankern“, sagte der Kanzler. „Oder, trotz des Wegfalls der russischen Energielieferungen zu verhindern, dass Wohnungen im Winter kalt bleiben oder Unternehmen ihre Produktion drosseln müssen. Wir haben eine tiefe Wirtschaftskrise vermieden, auch wenn jetzt die ökonomische Lage nicht so ist, wie wir sie uns wünschen.“ (dpa)
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