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Aiwanger knickt ein: Bundesrat-Zustimmung für Schuldenpaket ist greifbar
Für die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundesrat braucht es die Stimmen Bayerns. Freie-Wähler-Chef Aiwanger drohte mit einer Blockade. Nun vollzieht er eine Kehrtwende.
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Bereits vor dem entscheidenden Koalitionsausschuss kapitulierte Hubert Aiwanger. Seine Freien Wähler (FW) würden die bayerische Zustimmung für das geplante Milliarden-Schuldenpaket von Union, SPD und Grünen im Bundesrat nicht verhindern können – selbst wenn sie wollen würden, räumte der Parteichef am Wochenende ein. Man habe „eh keine Chance“, dieses endgültig aufzuhalten, sagte Aiwanger.
„Auch wenn das völliger Wahnsinn ist: Die CSU kann auch ohne uns im Bundesrat zustimmen. Deswegen bringt es nichts, wenn wir uns weiter dagegenstellen.“ Die Sätze fielen am Wochenende bei einem Starkbierfest der Freien Wähler in Neuburg, die „Augsburger Allgemeine“ berichtete darüber.
In München sorgten die Worte vor der wohl entscheidenden Sitzung des Koalitionsausschusses von CSU und Freien Wählern am Montagnachmittag für Verwunderung. Noch vergangene Woche Mittwoch hatte Aiwanger erklärt, dass seine Freien Wähler einem neuen, schuldenfinanzierten Sondervermögen für Infrastruktur-Investitionen sowie einer Reform der Schuldenbremse für mehr Verteidigungsausgaben nicht zustimmen würden.
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Bayerns Stimmen sind entscheidend
Die Folge wäre gewesen, dass sich Bayern im Bundesrat enthält. Dieses Abstimmungsverhalten legt ein geheimes Zusatzkapitel des bayerischen Koalitionsvertrages bei Uneinigkeit beider Partner fest.
Union, SPD und Grüne mussten deshalb um die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundesrat zittern, um für ihr hunderte Milliarden Euro schweres Schuldenpaket das Grundgesetz zu ändern. Denn die von ihnen ohne weitere Partner regierten Länder verfügen im Bundesrat nur über 41 der nötigen 46 Stimmen. Neben den Freien Wählern lehnen bisher auch Linke, BSW und FDP das Paket ab. Es drohte eine Staatskrise und eine massive Beschädigung des künftigen Kanzlers Friedrich Merz (CDU).
Um das zu verhindern, berief Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für Montagnachmittag einen Krisen-Koalitionsausschuss ein, der an einem geheimen Ort tagte. Am Montagabend um 18.30 Uhr verkündeten CSU und Freie Wähler dann eine Einigung.
Bayern wird im Bundesrat der Grundgesetzänderung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket zustimmen. Darauf hätten sich CSU und Freie Wähler in einer Sitzung des Koalitionsausschusses verständigt, sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) bei einem gemeinsamen Statement mit Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl in der Staatskanzlei in München. Verbunden werden soll diese Zustimmung mit einer Protokollerklärung, in der unter anderem festgehalten wird, dass Klimaneutralität ab dem Jahr 2045 vom Freistaat nicht als Verfassungsauftrag angesehen wird.
CSU-Chef Söder, der den Schuldenkompromiss in Berlin zuvor mitverhandelt hatte, hatte sich bereits vor dem Treffen sehr zuversichtlich gegeben. „Wir werden miteinander nochmal reden“, sagte Söder am Sonntagabend im ZDF auf die Frage nach dem Koalitionszwist. „Aber gehen Sie davon aus, dass es an Bayern sicher nicht scheitern wird.“
Aber gehen Sie davon aus, dass es an Bayern sicher nicht scheitern wird.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)
Doch wie ist das Einlenken des FW-Chefs zu erklären? In Bayern wurde vor der entscheidenden Sitzung des Koalitionsausschusses damit gerechnet, dass Söder eher seine Koalition platzen lassen würde, als auf Druck der Freien Wähler das Schuldenpaket im Bundesrat zu blockieren.
Faktisch wäre die Koalition am Ende gewesen, wenn Bayern im Bundesrat ohne Zustimmung der Freien Wähler für das Paket gestimmt hätte. Söder hätte aber auch früher handeln und die Entlassung der Freie-Wähler-Minister einleiten können. Für diesen Fall hatte sich die SPD bereits als neuer Koalitionspartner der CSU in Stellung gebracht.
Viel spricht dafür, dass Aiwanger aufgrund dieses Drucks nun eingeknickt ist. Denn Aiwanger möchte unbedingt weiter regieren. Damit ist auch die Frage hinfällig, welche Zugeständnisse Union, SPD und Grüne für eine Zustimmung im Bundesrat Ländern mit Regierungsbeteiligung von Linke, BSW und FDP machen könnten. Für eine Zustimmung Bremens hatte die dortige Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) zuvor bereits einen größeren Anteil aus dem geplanten Infrastruktur-Sondervermögen für die Bundesländer verlangt. (mit dpa)
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