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„Alles Gute, liebe Frau Merkel“: Politiker würdigen Altkanzlerin zum 70. Geburtstag – nur einer gratuliert nicht
Es ist ein besonderer Tag, den die frühere CDU-Chefin und Bundeskanzlerin feiern kann. Glückwünsche dürften aus aller Welt kommen. Doch ihre Politik in den 16 Jahren Regierungszeit bleibt umstritten.
Stand:
Altkanzlerin Angela Merkel feiert heute ihren 70. Geburtstag – abseits der Öffentlichkeit. „Die Bundeskanzlerin a. D. Dr. Merkel wird ihren Geburtstag im privaten Kreis verbringen“, teilte eine Sprecherin Merkels der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit.
„Zu privaten Anfragen hat die Bundeskanzlerin a. D. schon zu ihrer aktiven politischen Zeit grundsätzlich keine Auskunft gegeben“, fügte die Sprecherin hinzu. „An ihrer Haltung zu Anfragen dieser Art hat sich auch mit dem Ausscheiden aus dem Amt nichts geändert.“
Politiker gratulieren Merkel zum Geburtstag
Viele Politiker gratulierten Merkel bereits und würdigten ihr Lebenswerk. Glückwünsche kamen auch von Gerhard Schröder, den die CDU-Politikerin nach der Bundestagswahl 2005 im Kanzleramt abgelöst hatte. „Von allen politischen Gegnerinnen und Gegnern ist sie eine besondere. Schließlich hat sie gewonnen“, sagte der SPD-Politiker dem Magazin „Stern“.
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Er möge Merkels „typisch norddeutschen Charme“ sowie ihre Fähigkeit zur Ironie und auch Selbstironie. Schröder gratulierte Merkel: „Alles Gute, liebe Frau Merkel.“

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Auch der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel, der unter Merkel von 2013 bis 2018 Vizekanzler war, würdigte die Christdemokratin - und verband dies mit indirekter Kritik an ihrem SPD-Nachfolger Scholz. Merkels Abgang habe in Europa eine Leerstelle hinterlassen, die nicht wieder gefüllt worden sei, schrieb Gabriel in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“.
Merkels größte politische Leistung sei es gewesen, dass sie Europa „ein politisches Zentrum“ gegeben und Europas Zentrifugalkräfte gebändigt habe. „Bis heute ist diese Rolle unbesetzt“, schrieb Gabriel. Das Vakuum in der politischen Führung Europas nach dem Ende von Merkels Amtszeit werde „mit jedem Tag gefährlicher“.
Der ehemalige SPD-Chef warf auch die Frage auf, ob es womöglich nie zum Ukraine-Krieg gekommen wäre, wenn Angela Merkel noch Kanzlerin wäre. „Ob Putin seinen furchtbaren Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 gestartet hätte, wenn die Kanzlerin eine weitere Legislaturperiode regiert hätte, darf man mit einigem Recht bezweifeln“, schrieb er. „Acht Jahre immerhin hat sie ihn daran gehindert.“
Merkels Nachfolger im Amt des Bundeskanzlers, Olaf Scholz, bescheinigte ihr, sie könne „auf eine beeindruckende politische Laufbahn“ zurückblicken. „Sie begann furios mit dem Gewinn der Demokratie in Ostdeutschland und der deutschen Einheit, was mich bis heute sehr bewegt“, schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X und ergänzte: „Unermüdlich hat sie sich für das Land eingesetzt.“
Alles Gute, liebe Frau Merkel, und wie die Norddeutschen sagen: „Ad multos annos.“
Gerhard Schröder, Altkanzler (SPD)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte sie als „Vorbild und ein Markenzeichen unserer Demokratie“. Merkel habe den Weg des vereinten Deutschlands als Kanzlerin entscheidend geprägt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) würdigte Merkel als „Stabilitätsanker“ - und berichtete, dass sie gelegentlich den Rat der Ex-Kanzlerin suche. „Natürlich habe ich mit Frau Merkel in den letzten zweieinhalb Jahren immer mal wieder auch intensiv gesprochen“, sagte Baerbock den Sender RTL und ntv.

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Sie schätze diese Gespräche „mit Blick auf die tiefen Umbrüche, die wir weltweit haben, aber auch mit Blick auf Ihre Erfahrung der letzten 16 Jahre, wo sie deutsche Außenpolitik intensiv geprägt hat“.
Merkels Nach-Nachfolger an der CDU-Spitze, Armin Laschet, würdigte insbesondere das Wirken der früheren Kanzlerin in der Flüchtlingskrise 2015. Es stimme zwar, dass ihr der Satz „Wir schaffen das“ auf die Füße gefallen sei, sagte Laschet den Sendern RTL und ntv. „Aber ein Kanzler, der sagen würde ‚Ich schaffe es nicht’, der könnte ja gleich sein Amt aufgeben.“

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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte der dpa: „Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag – zu einer großen Lebensleistung an die bedeutendste lebende politische Persönlichkeit in Deutschland.“ Die CSU und Merkel hätten zu Beginn ein wechselhaftes Verhältnis gehabt - „das galt auch für mich“, räumte Söder ein. Vor allem in der Migrationspolitik habe es doch große Differenzen gegeben. „Aber während der Corona-Pandemie hat sich bei mir alles geändert“, sagte Söder.
Angela Merkel: Pfarrerstochter, Physikerin, Kanzlerin
Merkel wird am 17. Juli 1954 in Hamburg geboren. Ihr Vater tritt in Brandenburg eine Pfarrstelle an - Merkel wächst in der damaligen DDR auf.

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Nach einem Physikstudium an der Universität Leipzig arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für physikalische Chemie an der Akademie der Wissenschaften. Seit der Zeit des politischen Umbruchs im Osten engagiert sie sich politisch. Vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 ist Merkel stellvertretende Regierungssprecherin in der ersten frei gewählten DDR-Regierung unter Ministerpräsident Lothar de Maizière.
1990 wird Merkel in den Bundestag gewählt. Sie wird Frauen- und später Umweltministerin. Von 2000 bis 2018 führt sie die CDU.
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Krisenkanzlerin Merkel
Durch Merkels 16 Jahre als Kanzlerin ziehen sich Krisen wie ein roter Faden: unter anderem die Finanz- und Bankenkrise, die Euro-Krise, die Flüchtlingskrise, die Klimakrise und die Corona-Krise.
Hinzu kommen eine transatlantische Krise unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump und eine unionsinterne Krise mit dem damaligen CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer während des starken Anschwellens der Flüchtlingszahlen 2015/16.
Zur Bundestagswahl 2021 tritt Merkel nicht mehr an. Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine werfen Kritiker ihr einen naiven Umgang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor. Viele sehen sie als die Verantwortliche dafür, dass Deutschland lange Zeit von russischem Erdgas abhängig war.
Kein Glückwunsch von Putin
Vom russischen Präsidenten sind übrigens keine Geburtstagsgrüße gekommen. Putin hat nach Angaben eines Sprechers keinen Kontakt mehr zu Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und gratuliert ihr auch nicht zum heutigen 70. Geburtstag. Ein Glückwunsch sei nicht geplant, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Telefoniert hätten beiden zum letzten Mal vor Merkels Ausscheiden Ende 2021.

© dpa/Maxim Shipenkov
CDU plant Geburtstagsempfang für Merkel Ende September
Ein Geburtstagsempfang der Christdemokraten zu Merkels Ehren ist für den 25. September geplant.
Dann gibt es in der Berliner Akademie der Wissenschaften im Rahmen der CDU-Reihe „Berliner Gespräche“ einen Festakt. Dabei soll der Kunsthistoriker Horst Bredekamp einen Vortrag halten, wie Parteichef Friedrich Merz bereits angekündigt hat.
CDU-Chef Friedrich Merz ließ die zahlreichen Differenzen, die er über die Jahre sein Verhältnis zu Merkel belastet hatten, in seiner Glückwunschnachricht unerwähnt. Merkel habe drei Jahrzehnte lang „die Politik unseres Landes geprägt“, schrieb er auf X.
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Im Jahr 2002 verdrängt Merkel Friedrich Merz vom Vorsitz der Unionsfraktion im Bundestag. Das Verhältnis zwischen dem heutigen Partei- und Unionsfraktionschef und der Altkanzlerin gilt seitdem als schwer belastet.
Einer Einladung zum CDU-Parteitag im Mai folgt Merkel wie in früheren Jahren nicht. Von manchen in der CDU wird ihr vorgehalten, sie habe sich immer mehr von ihrer Partei entfernt. Im vergangenen Dezember zieht sich Merkel aus der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zurück.
Merkels Memoiren am 26. November veröffentlicht
Mit Spannung werden die politischen Erinnerungen der früheren Kanzlerin erwartet, die am 26. November veröffentlicht werden sollen.
Die gemeinsam mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann verfassten Memoiren tragen den Titel „Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021“. Sie sollen nach Angaben des Verlags Kiepenheuer & Witsch weltweit in über 30 Ländern erscheinen. Das Buch soll rund 700 Seiten stark sein.
„Persönlich wie nie zuvor erzählt sie von ihrer Kindheit, Jugend und ihrem Studium in der DDR und dem dramatischen Jahr 1989, in dem die Mauer fiel und ihr politisches Leben begann“, heißt es in der Verlagsankündigung zur Veröffentlichung.
Merkel selbst wird von dem Verlag mit den Worten zitiert: „Was ist für mich Freiheit? Diese Frage beschäftigt mich mein ganzes Leben. Natürlich politisch, denn Freiheit braucht demokratische Bedingungen, ohne Demokratie gibt es keine Freiheit, keinen Rechtsstaat, keine Wahrung der Menschenrechte.“
Die Frage beschäftige sie aber auch noch auf einer anderen Ebene. „Freiheit – das ist für mich, herauszufinden, wo meine eigenen Grenzen liegen, und an meine eigenen Grenzen zu gehen.“ (dpa, AFP)
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