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Gemeinsames Problem, unterschiedliche Lösung? Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

© Michael Kappeler/dpa

Ampel in der Bredouille: Mehrwertsteuer auf Gasumlage wohl unumgänglich

Das EU-Recht schreibt die Abgabe vor. In der Koalition wird überlegt, wie man das Problem lösen kann. Geringere Höhe und längere Laufzeit? Oder Rückzahlungen?

Zum 1. Oktober soll die Gasumlage erhoben werden. Am kommenden Montag soll deren Höhe bekanntgegeben werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte eine Spanne von 1,5 bis fünf Cent pro Kilowattstunde genannt – zu zahlen von allen Gasnutzern, ob Unternehmen oder Privathaushalte.

Mit der Umlage sollen den Gasimporteuren ihre deutlich höheren Kosten beim Einkauf von Erdgas nach dem Lieferstopp Russlands teilweise ersetzt werden. Nur ein Problem wird zu Wochenbeginn möglicherweise noch nicht geklärt sein: Was macht die Ampel mit der Mehrwertsteuer?

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Nach EU-Recht ist die Umlage als Teil des Gaspreises zu bewerten und fällt damit ebenfalls unter die Besteuerung. In der Union war die Bredouille, die sich für die Regierenden daraus ergibt, früh aufgefallen. Seit Wochen fordert sie deshalb, auf die Belastung zu verzichten.

Am Donnerstag machte CDU-Vize Andreas Jung weiter Druck. Er erwarte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Habeck eine klare Ansage, dass es keine Mehrwertsteuer auf die Umlage gebe. „Man darf Solidarität nicht auch noch besteuern“; sagte Jung im ZDF-Morgenmagazin. „Der Staat darf daran nicht auch noch verdienen.“

„Handwerklich schlecht gemacht“

Aber so einfach sei es eben nicht, sagt Lindner. Experten sehen den Zeitdruck als Grund dafür. Ein Antrag auf Befreiung von der Steuer in Brüssel hätte gedauert – zumindest zum Start am 1. Oktober wird es also nicht ohne Mehrwertsteuer gehen.

Die Chefin der Verbraucherzentrale Bundesverband, Ramona Pop, schlug zwar eine Verschiebung auf den 1. November vor, auch um andere Unklarheiten zu regeln. Pop nannte die Umlage einen „handwerklich schlecht gemachten Schnellschuss“. Aber darauf ging die Ampel nicht ein.

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Doch was tun? In der Regierung werden offenbar zwei Möglichkeiten geprüft, abgesehen von der Verschiebung. Eine läuft darauf hinaus, die Umlage in geringerer Höhe zu erheben, um die akute Belastung vor allem privater Gaskunden zu dämpfen.

Dafür würde sie dann aber länger erhoben werden als die geplanten anderthalb Jahre bis März 2024. Eine Brückenfinanzierung würde dann über den Bundeshaushalt organisiert, was offenbar ohne Kollision mit der Schuldenbremse möglich wäre, die im kommenden Jahr wieder gelten soll.

Für alle oder nur für Bedürftige?

Bei dieser Lösung wäre die Belastung in diesem Winter für alle geringer, auch die Unternehmen. Zudem würde sich eine geringere Umlage auch etwas weniger stark auf die Inflation auswirken, die von Herbst an – nach Auslaufen der bisherigen Entlastungsmaßnahmen – wieder erhöhen könnte. Doch käme es in der Bevölkerung gut an, wenn die Umlage bis 2025 oder länger erhoben würde?

Die andere Variante hat Habecks Parteifreund, der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz, skizziert. Er lehnt die Variante ab, die Mehrwertsteuer auf den Gaspreis auf sieben Prozent zu verringern. Stattdessen schlägt er vor, sie zwar voll aufzuschlagen, die Einnahmen aber zu nutzen, um damit wiederum gezielt private Haushalte zu unterstützen, „die es am dringendsten brauchen“, wie er auf Twitter schrieb. Bayaz nannte Geringverdiener, Familien mit wenig Einkommen, Bafög-Empfänger, „Leute mit kleinen Renten“ als die wichtigsten Adressaten einer solchen Zurückzahlung.

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