zum Hauptinhalt
Baden-Württemberg, Stuttgart: Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch regelt bislang die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen.

© dpa/Bernd Weißbrod

Update

Beratungsanspruch und Kostenübernahme: Verbände legen Entwurf zur Legalisierung von Abtreibung vor – Union lehnt ab

Bis zur 22. Schwangerschaftswoche sollen Abbrüche grundsätzlich nicht mehr unter Strafe stehen – das fordert ein breites Bündnis von Verbänden. Die Bundesregierung müsse jetzt handeln.

Stand:

Ein breites Verbände-Bündnis drängt auf eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 22. Schwangerschaftswoche. Dazu haben 26 Organisationen in Zusammenarbeit mit Expertinnen der Reproduktionsmedizin einen eigenen Entwurf für ein Gesetz erarbeitet und vorgestellt.

Dieser sieht vor, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 22 Wochen außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln und die Gesetzesparagrafen, auf denen die Strafbarkeit beruht, abzuschaffen.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt den Vorstoß ab. Die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Silvia Breher (CDU), sagte am Donnerstagabend, dass der vorliegende Entwurf „weder dem Schutz der betroffenen Frauen noch dem Schutz des ungeborenen Lebens gerecht“ werde.

Verbände pochen auf Beratungsanspruch anstelle von Pflichten

Die Organisationen, unter ihnen Pro Familia, der Deutsche Frauenrat und die Gewerkschaft Verdi, übergaben den Entwurf am Donnerstag an Mitglieder der Bundesregierung und Abgeordnete des Bundestags. Er solle ein „maßgeblicher Impuls an den Gesetzgeber“ sein, erklärte die Juristin Liane Wörner.

Neben der Entkriminalisierung von Abbrüchen bis zur 22. Woche sieht der Entwurf der Verbände vor, dass es künftig für ungewollt Schwangere anstelle der geltenden Pflichtberatung einen Rechtsanspruch auf Beratung geben soll. Die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche sollen grundsätzlich von der Krankenkasse übernommen werden.

Ärztinnen und Ärzte sollen laut Entwurf aber weiterhin die Möglichkeit haben, sich persönlich gegen die Durchführung eines Abbruchs zu entscheiden. Auch Schwangerschaftsabbrüche gegen den Willen einer Schwangeren sollen dem Verbändeentwurf zufolge weiter unter Strafe stehen.

„Die Zivilgesellschaft schlägt der Politik hier ein ausgewogenes Konzept vor, das sowohl den Schutz von Frauen im Prozess, als auch den Schutz von Föten und die verfassungsgerichtlich festgestellte Schutzpflicht berücksichtigt“, erklärte Wörner, die wie die beiden beteiligten Expertinnen Friederike Wapler (Universität Mainz) und Maria Wersig (Hochschule Hannover) federführend an der Ausarbeitung des Entwurfs beteiligt war.

Die drei Frauen waren auch Teil einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertinnenkommission, die im April dieses Jahres Empfehlungen zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen abgegeben hatte. In politisches Handeln übersetzten sich diese Empfehlungen aber bislang nicht. Die Bundesregierung erklärte damals, die Vorschläge intensiv prüfen zu wollen und betonte, dass es sich um eine „hochsensible Materie“ handele.

Reaktion der Bundesregierung noch unklar

Der Entwurf der Verbände hat nur dann Konsequenzen, wenn die Bundesregierung die Initiative aufgreift oder Abgeordnete die Initiative für eine Gesetzesänderung ergreifen. Laut Wapler hat es auch aus den Reihen der Ampel-Fraktionen positive Signale gegeben.

CDU-Politikerin Breher kritisierte, dass der Entwurf die Menschenwürde des ungeborenen Lebens infrage stelle. Das Bundesverfassungsgericht habe in dieser Frage bereits klar entschieden. Zugleich habe der Staat in seiner Schutzpflicht für das ungeborene Leben „ausreichende Maßnahmen normativer und tatsächlicher Art zu ergreifen, die dazu führen, dass ein angemessener und als solcher wirksame Schutz erreicht“ werde. Diese verfassungsrechtliche Realität blende dieser Gesetzentwurf vollkommen aus.

Die geforderte Abschaffung der Beratungspflicht vor einer straffreien Abtreibung wäre aus Sicht der CDU-Politikerin zudem eine deutliche Verschlechterung für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Die Beratung sei ein Gewinn für die Betroffenen, sie biete einen Raum, um unabhängig von einer möglichen Beeinflussung durch Dritte über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen.

Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Leni Breymaier, begrüßte den Vorstoß dagegen ausdrücklich. „Schwangerschaftsabbrüche gehören nicht ins Strafgesetzbuch“, sagte sie der dpa. Die Strafandrohung habe inzwischen zu einer „massiven Unterversorgung, insbesondere in Süddeutschland“ geführt. „Was wir nicht brauchen, sind Regeln aus den 1990er Jahren, getragen von einer Geisteshaltung von vor hundert Jahren.“ (dpa KNA)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })