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SPD-Landesvorsitzender und Regierender Bürgermeister: Michael Müller.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Update

Berliner SPD zum Mitgliedervotum: Michael Müller: Linke im Bund muss Regierungsfähigkeit beweisen

Die Berliner SPD zählt nicht zu den Groko-Befürwortern, Sorge um den Zusammenhalt macht sich breit. Landeschef Müller hebt nun die Chancen von Schwarz-Rot hervor.

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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sieht in einer Neuauflage der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD viele Chancen. "Die Mitglieder haben entschieden: Wir werden in eine Regierung mit der CDU/CSU gehen", sagte Müller dem Tagesspiegel. "Wir haben nun die Chance das Leben vieler Menschen zu verbessern", sagte Müller und nannte etwa den sozialen Wohnungsbau, Verbesserungen bei befristeten Arbeitsverträgen, Angebote für Langzeitarbeitslose oder die Europapolitik.

Noch im Januar hatte sich der Berliner Landesvorstand der SPD gegen die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union ausgesprochen. Angesichts des Verhandlungsergebnisses der Partei hatte Müller seine Haltung allerdings geändert und vor dem Mitgliedervotum für ein Ja der Genossen geworben. Landesfraktionschef Raed Saleh lehnte eine neuerliche Groko dagegen bis zuletzt vehement ab. Müller warnte weiter davor, über die Regierungsverantwortung die eigene Partei und ihre Mitglieder aus dem Blick zu verlieren: "Egal, ob Groko-Anhänger oder Gegner: Wir alle müssen die Partei programmatisch und strukturell neu aufstellen."

Saleh fordert rot-rot-grünes Bündnis

Der Fraktionschef der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, schon seit 2013 ein erklärter Gegner der großen Koalition, fordert nun von seiner Partei, dass sie nicht nur „professionell“ in der Groko regiert. Er will auch, dass die SPD sofort damit beginnt, eigene Regierungsoptionen für die Zeit danach vorzubereiten. „Wir sind eine Volkspartei und müssen mit unserer Politik dokumentieren, dass wir das Land wieder regieren wollen“, sagte Saleh dem Tagesspiegel am Sonntag. Dazu benötige die SPD eine klare „progressive Option“.

Und die könne nur heißen: „Regieren in einem rot-grünen oder rot-rot-grünen Bündnis“. Diese Optionen aufzubauen, damit müsse jetzt - parallel zur Regierungsarbeit - begonnen werden, sagte Saleh. Von der Parteiführung verlangt Saleh außerdem, jetzt die Partei zusammenzuführen. Das Ergebnis der Abstimmung sei nicht, dass 66 Prozent der SPD-Mitglieder jubelnd in die große Koalition gehen wollten. Für viele hätten Vernunftsargumente zum „Ja“ geführt.

Parteichef Müller sagte in der rbb-"Abendschau" zu Salehs Forderung nach Rot-Rot-Grün, die SPD brauche natürlich Optionen. Allerdings müsse die Linke nun ihrerseits zeigen, dass sie im Bund regierungsfähig sei.

Enttäuschung nicht nur bei den Berliner Jusos

Die Juso-Landesvorsitzende Annika Klose zeigte sich mit Blick auf das Ergebnis des Mitgliederentscheids enttäuscht, aber zuversichtlich. "Wir haben in den letzten Wochen eine wichtige Grundsatzdiskussion geführt und haben dafür viel Zuspruch erfahren", sagte sie dem "Tagesspiegel". "Es ist für die Zukunft der Sozialdemokratie essentiell, dass wir uns kritisch mit ihrer derzeitigen Ausrichtung auseinandersetzen", sagte Klose weiter.

Die Jusos hatten den Landesverband im Januar aufgefordert, beim Sonderparteitag gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit der Union zu stimmen. Der Landesvorstand hatte diesen Antrag mehrheitlich angenommen.

Klose sagte weiter, dass die Partei den Prozess der Erneuerung auch in einer großen Koalition konsequent vorantreiben müsse. "Dies gilt auch für die nötige Erneuerung der Berliner SPD", sagte Klose. "Die Parteispitze hat sich zu diesem Erneuerungsprozess mehrfach bekannt und muss nun Vorschläge dafür unterbreiten, die alle Mitglieder einbeziehen."

"Starkes und gutes Signal"

"Endlich Klarheit", begrüßte die Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, Franziska Giffey, das Ergebnis des Votums. "Ich freue mich, denn ich bin überzeugt, dass eine Regierung mit den Sozialdemokraten gut ist für unser Land. Sie wird gute Entwicklungen bewirken, die sonst nicht möglich gewesen wären", sagte Giffey dem "Tagesspiegel". Mit Blick auf ihren Bezirk sagte sie: "Was wir ganz konkret in Neukölln brauchen, sind Investitionen in Bildung, in Ganztagsschulplätze und in Kitas – auch mit der Unterstützung des Bundes." All dies sei im schwarz-roten Koalitionsvertrag verankert. "Wir bekommen jetzt eine Bundesregierung mit der SPD, die die Kommunen bei diesen wichtigen Fragen unterstützt", so Giffey.

Andere Neuköllner zeigten sich weniger begeistert: "Leute, nicht austreten!" twitterte etwa der SPD-Bezirksverordnete Marko Preuss. Wie viele andere sorgt er sich nun offenbar um den Zusammenhalt in seiner Partei.

Die CDU-Landesvorsitzende Monika Grütters nannte das Votum der Genossen ein "starkes und gutes Signal für Deutschland". Sie zeigte sich erleichtert, dass die Mehrheit der SPD-Mitglieder "im Interesse der Stabilität unseres Landes abgestimmt hat". Der Koalitionsvertrag sei ein hervorragender Fahrplan für die kommenden Jahre, so Grütters weiter.

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