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Bund-Länder-Showdown ums Geld?: Merz und die Ministerpräsidenten ringen um Steuerausfälle
Für den Kanzler könnte seine erste MPK heikel werden. Die Länder fordern einen Ausgleich für das, was ihnen durch die schwarz-rote Steuerreform wegbricht. Haben sie Aussicht auf Erfolg?
Stand:
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Von der Weltbühne der G7 in Kanada geht es für Friedrich Merz (CDU) zurück aufs heimische Parkett in Berlin. Statt Donald Trump, Emmanuel Macron und Keir Starmer warten am Mittwochmittag im Kanzleramt unter anderem Markus Söder (CSU), Michael Kretschmer (CDU) und Andreas Bovenschulte (SPD). Für Merz ist es die nächste Premiere: sein erster Bund-Länder-Gipfel als Bundeskanzler.
Bei der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vor rund zwei Wochen hatte er für die Länderchefs nur Zeit für ein kurzes Essen am Vorabend. Noch am selben Abend ging es für Merz Richtung USA zum Antrittsbesuch bei Donald Trump. Nun plant die Sächsische Staatskanzlei – das Bundesland organisiert die MPK aktuell – mindestens zweieinhalb Stunden mit ihm.
Die Gesprächspartner für Merz sind nun eine Nummer kleiner als bei den G7. Ein Spaziergang wird es trotzdem nicht. Für den Kanzler steht eines seiner wichtigsten Gesetze für die angekündigte Wirtschaftswende auf dem Spiel – und für die Länder Milliarden Steuereinnahmen. Kommt es am Mittwoch zum Showdown?
Verdi warnt vor Steuerausfällen
Die Vorgeschichte: Mit dem „Investitionsbooster“ will Schwarz-Rot Investitionen steuerlich fördern und ab 2028 schrittweise die Körperschaftsteuer senken. Beides soll der seit Jahren stagnierenden Wirtschaft zu neuem Wachstum verhelfen und nach dem Willen der Regierung am 11. Juli im Bundesrat unter Dach und Fach gebracht werden.
Die Länderchefs unterstützen das Anliegen. Was zumindest 15 von ihnen nicht begrüßen: dass Länder und Kommunen bis 2029 fast zwei Drittel der Steuermindereinnahmen tragen sollen, die das Gesetz mit sich bringt. Lediglich Bayern in Person von Finanzminister Albert Füracker (CSU) soll sich Medienberichten zufolge damit abgefunden haben.
Die restlichen 15 Bundesländer fordern vom Bund einen finanziellen Ausgleich für die Steuerausfälle. Verdi-Chef Frank Werneke warnte die Ministerpräsidenten am Dienstag in einem Brief davor, vor dem Bund einzuknicken. Würden diese nicht auf einer Kompensation bestehen, könne das zu einem „Risiko für den demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft“ werden.
Alle bisherigen Beschwichtigungsversuche von Kanzler Merz und seinem Vize und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) führten ins Leere. Weder ließen die Länder sich mit 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen abspeisen noch mit ihrem neuen Verschuldungsspielraum von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Die Länder verweisen auf den Koalitionsvertrag
Im Gegenteil: Auch bei dem Gesetz zur Finanzierung ihrer Infrastrukturmilliarden (welches das Kabinett Ende Juni verabschieden will) passen ihnen einige Formalitäten nicht: So will der Bund ihnen vorschreiben, 60 Prozent der Mittel an die Kommunen weiterzugeben (weil ihnen allein bis 2029 über 13 Milliarden Steuereinnahmen entgehen würden) sowie nur zusätzliche Investitionen zu finanzieren.

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Die Länder pochen dagegen auf Flexibilität und weniger Vorgaben insgesamt – auch dieses Gesetz wird daher am Mittwoch auf der Tagessordnung der MPK stehen.
Dabei mahnen die Länder an, das eine (die Steuerreform) nicht mit dem anderen (dem Sondervermögen) zu verknüpfen. Ihnen geht es um eine grundsätzliche Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen. Dafür verweisen die Länderchefs und ihre Finanzministerinnen und -minister immer wieder auf Zeile 3623 des Koalitionsvertrages: die „Veranlassungskonnexität“.
Übersetzt heißt das: Hat ein Bundesgesetz Steuerausfälle für Länder und Kommunen zur Folge, müssen diese ausgeglichen werden. Oder: Wer bestellt, der zahlt.
Merz braucht den Bundesrat für die Wirtschaftswende
Auf diese Position haben sich die Ministerpräsidenten auf der letzten MPK und in Telefonschalten danach verständigt, wie aus Länderkreisen zu vernehmen war. Parallel liefen und laufen Gespräche mit dem Bundesfinanzminister. „Konstruktiv und vertraulich“ seien diese, sagte Klingbeil vergangenen Donnerstag in Berlin.
Bis zum Treffen mit Friedrich Merz am Mittwoch werden also weiter Kompromisse ausgelotet. Am Vormittag treffen sich die Länderchefs noch einmal unter sich im Bundesrat. Danach geht es geschlossen zum Mittagessen ins Kanzleramt. Um 13.30 Uhr sollen die Gespräche mit dem Kanzler beginnen.
Mit dem Verweis auf den schwarz-roten Koalitionsvertrag und den selbst auferlegten Zeitdruck der Koalition dürften die Länder über eine gute Verhandlungsposition verfügen. So ist denkbar, dass sie für die kurzfristigen Steuerausfälle tatsächlich einen befristeten Ausgleich erhalten. Im Gegenzug könnte sich Merz ihre Zustimmung für den „Investitionsbooster“ im Bundesrat zusichern lassen.
Eine Einigung samt Beschluss wäre allerdings eine Überraschung. Zum einen ist die Tagesordnung lang: So soll es auch um andere Themen wie die Staatsmodernisierung, Bürokratieabbau oder Migration gehen. Zum anderen arbeiten Klingbeil und sein Haus weiter an den Haushalten für 2025 und 2026. Der Spielraum für mögliche Ausgleichszahlungen kann sich also noch verändern. Zudem sind es bis zur Abstimmung im Bundesrat noch über drei Wochen.
Der Showdown dürfte sich also noch etwas verzögern. Am ehesten legen Merz und die Ministerpräsidenten wohl die Grundlagen für eine Lösung und verständigen sich auf einen Fahrplan bis Ende Juli. Zunächst dürfte das Thema wohl erst einmal wieder Vizekanzler Lars Klingbeil übernehmen.
Für den Kanzler geht es nach einer kurzen Verschnaufpause nächste Woche nach Den Haag und Brüssel – erst zu einem Nato-, dann zu einem EU-Treffen. Friedrich Merz ist dann in erster Linie wieder Außenkanzler.
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