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Stoppsignal der Union: Ein Teil des Sicherheitspakets fand am Freitag im Bundesrat keine Mehrheit

© dpa/Fabian Sommer

Bundesrat lehnt Sicherheitspaket in Teilen ab: Union will nachverhandeln – SPD ist verärgert

Das Gesetz zur verbesserten Terrorbekämpfung geht in den Vermittlungsausschuss. Innenministerin Nancy Faeser wirft CDU und CSU Verantwortungslosigkeit vor

Stand:

Im Bundestag ist das Sicherheitspaket der Ampel am Freitagmittag durchgekommen, trotz Gegenstimmen in den Koalitionsfraktionen. Im Bundesrat dagegen ist ein Teil des Pakets kurz darauf erst einmal gestoppt worden. Das Terrorismusbekämpfungsgesetz fand keine Mehrheit. Als sogenanntes Zustimmungsgesetz hätte es Stimmen aus Ländern gebraucht, in denen die Union im Kabinett sitzt. Die aber gab es nicht, der Unions-Block hielt zusammen.

Was bedeutet, dass das Gesetz nun wohl eine zusätzliche Runde im Vermittlungsausschuss nehmen muss. Dass die Ampel über die Bundesregierung oder den Bundestag das Kompromissgremium der beiden Kammern anrufen wird, galt am Freitag als sicher.

Nicht betroffen von der Verweigerungshaltung von CDU und CSU war das Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems. Es ist der gewichtigere Teil des Pakets, das nach dem Attentat von Solingen geschnürt worden war. Bei diesem sogenannten Einspruchsgesetz hätte der Bundesrat von sich ein Vermittlungsverfahren fordern müssen.

Es ist eine Situation, die ich als sehr unangenehm empfinde

Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen

Das aber scheiterte wiederum an den Ampelparteien, die Union konnte die nötigen 35 Stimmen dafür nicht organisieren. Damit kann die Union jedenfalls formal ihre im Bundestag erhobenen Forderungen nicht durchsetzen. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, Asylbewerber an der Grenze zurückzuweisen.

So wird es nun vor allem darum gehen, in welcher Form und in welchem Umfang das Terrorbekämpfungsgesetz noch geändert werden kann. Darin geht es um erweiterte Befugnisse der Polizei für den biometrischen Internetabgleich, automatisierte Datenanalysen und Anfragen bei Banken. Das soll es erleichtern, mutmaßlichen Terroristen und Tatverdächtigen sowie deren möglichen Komplizen und Informanten besser auf die Schliche zu kommen. Zudem werden die Möglichkeiten zum Einrichten von Waffenverbotszonen erweitert.  

Da es Bedenken von Experten und auch in den Koalitionsfraktionen gab, hat die Koalition den ursprünglichen Gesetzentwurf leicht entschärft. Vor allem muss daher der Verdacht einer „besonders schweren Straftat“ vorliegen.

„Wachsweiches Paketchen“

Der Union geht das allerdings nicht weit genug. Florian Herrmann, Chef der bayerischen Staatskanzlei, bezeichnete das komplette Ampel-Vorhaben als „wachsweiches Sicherheitspaketchen“. Es brauche weitergehende Befugnisse der Behörden. Das geplante Messerverbot etwa sei „reine Symbolpolitik“, sagte der CSU-Politiker. Welche Verschärfungen konkret die Union im Vermittlungsverfahren durchsetzen will, ist noch unklar.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor der Abstimmung im Bundesrat, der „Kurs der Verweigerung“ der Union sei unverantwortlich. Die Koalition habe nun „Nägel mit Köpfen gemacht“, was die Union nun vorführe, sei Teil eines vorgezogenen Wahlkampfes. „Es ist eine Situation, die ich als sehr unangenehm empfinde“, sagte Weil.

Faeser reagiert erbost

Noch mehr Ärger ließ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erkennen. Als „völlig unverständlich und verantwortungslos“ bezeichnete sie den vorläufigen Stopp des Gesetzes zur Terrorismusbekämpfung im Bundesrat. „Die Union verweigert unseren Ermittlungsbehörden Befugnisse, die angesichts der aktuellen Bedrohungen absolut notwendig sind“, sagte sie. „Damit hält die Union Gesetzesänderungen auf, die es ermöglichen, durch Gesichtserkennung Terrorverdächtige, Mörder und Vergewaltiger zu identifizieren und zu lokalisieren.“

Das Risiko, nun als Blockiererin dazustehen, ist die Union bewusst eingegangen. Zwar war vor den üblichen Parteirunden am Vorabend der Sitzungen in Bundestag und Bundesrat noch nicht ganz sicher, ob es tatsächlich zum Veto plus Vermittlungsverfahren kommen würde. Aber den Ausschlag für die Nicht-Zustimmung gab dann die Einschätzung, die eigene Kritik am Paket unglaubwürdig zu machen, wenn man diesen Schritt unterlasse und es nur bei weiteren Forderungen belasse.

Das weitere Verfahren könnte nun allerdings zäh werden. Die Union muss etwas erreichen, um den Stopp des Gesetzes rechtfertigen zu können. Die Ampel wiederum kann das Blockade-Argument ins Spiel bringen und CDU und CSU als Verhinderungsmacht hinstellen. Weil sagte dazu, die Union solle sich daher nicht wundern, „wenn die Bürger daraus Schlüsse ziehen“.

Eine Rolle in dem nun beginnenden Verfahren kann spielen, dass die Ministerpräsidentenkonferenz in der kommenden Woche ebenfalls über migrationspolitische Forderungen reden wird. Da wird es laut Tagesordnung offiziell zwar erst einmal darum gehen, den Stand der Umsetzung früherer Vereinbarungen mit dem Bund zu besprechen. Aber in der Flüchtlingspolitik geht es nicht zuletzt auch um die Verteilung der Kosten zwischen den staatlichen Ebenen. Und da haben die Länderchefs aller Parteien gemeinsame Interessen.

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