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Demonstration im Januar 2024 in Berlin.

© imago/photothek/IMAGO/Kira Hofmann

Bündnis fordert Parteiverbot : „Unter der AfD wäre die Mehrheit der Menschen in Gefahr“

Nach dem Erfolg der AfD bei der Europawahl will ein Bündnis aus Sozialverbänden und Juristen ein Verbot der Rechtspopulisten vorantreiben. Mit dabei der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein.

Stand:

Ein Bündnis aus Sozialverbänden und Juristen fordert die zuständigen Verfassungsorgane auf, ein Verbot der AfD einzuleiten. Nach dem Erfolg der Rechtspopulisten bei der Europawahl gehöre das auf die politische Tagesordnung. Die Partei arbeite unverhohlen mit „Rassismus und Populismus“, teilte das Bündnis am Montag mit, der Schutz, der auch durch die AfD gefährdeten Menschenwürde, sei Ziel des Grundgesetzes.

„Das Grundgesetz enthält die Möglichkeit, bestimmte Parteien zu verbieten, um eine Wiederholung der Katastrophe des Nationalsozialismus zu verhindern“, sagte der Kieler Anwalt Björn Elberling dem Tagesspiegel. „Es geht darum, unsere Demokratie gegen menschenfeindliche und völkische Bedrohungen zu verteidigen – und für das steht die AfD.“

Einen Antrag auf das Verbot einer Partei können nur Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung stellen. Das Bündnis fordert diese Verfassungsorgane dazu auf, ein entsprechendes Verfahren zu starten. Man wolle den öffentlichen Druck auf die zuständigen Akteure erhöhen, hieß es, auch mit juristischer Expertise.

Der Kieler Rechtsanwalt Björn Elberling will ein Verbot der AfD vorantreiben.

© privat

Jurist Elberling vertritt im Pro-AfD-Verbot-Bündnis den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein, der in der Tradition linker Bürgerrechtsbewegungen steht. Dem Bündnis gehören zudem unter anderem der Chef des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, Ulrich Schneider, und der Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, an.

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Die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch. Bislang streiten Experten darüber, ob die AfD als Gesamtverband verfassungsfeindlich ist. Als gesichert rechtsextrem gilt die AfD in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen, die Gesamtorganisation seit drei Jahren zumindest als rechtsextremer Verdachtsfall.

Die AfD habe sich seitdem deutlich radikalisiert, sagt Anwalt Elberling, völkische Ziele wie Ausgrenzung und Vertreibung seien in der Partei inzwischen zentral: „An die Antragsberechtigten appellieren wir, Demokratie, Rechtsstaat, die Mehrheit in diesem Land zu schützen. Jüdische, muslimische, queere Menschen, Frauen, Linke, Liberale, auch Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Erwerbslose wären in diesem Land in Gefahr, sollte die AfD ihre Politik betreiben können.“

In Regierung und Opposition wird seit Langem über ein AfD-Verbot gestritten. Die Grünen unterstützen das Anliegen, viele SPD-Leute auch. Die sozialdemokratische Bundesinnenministerin Nancy Faeser blieb zuletzt vorsichtig, zunächst gelte es, die AfD zu schlagen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) plädiert wiederum für ein Verbot, sein Partei-Chef Friedrich Merz dagegen mahnt, dies werde Jahre dauern, die Partei könnte dann auch erfolgreicher mit dem ohnehin gepflegten Märtyrerstatus spielen.

AfD-Fahne in einem Fenster in Brandenburg.

© IMAGO/Sascha Steinach

„Die AfD stellt sich ohnehin bei jeder Gelegenheit als Opfer dar – unabhängig davon, welche Maßnahmen ergriffen werden oder nicht“, sagt Elberling. „Auf diese Logik sollte man sich nicht einlassen. Das Grundgesetz sieht aus guten Gründen ein Verbot vor, es sollte jetzt genutzt werden.“

Seit Monaten fordert der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz ein AfD-Verbot, denn die Agenda der Partei werde immer radikaler. Für einen Verbotsantrag braucht Wanderwitz 37 Abgeordnete, die er in diesen Tagen zusammengesucht hat. Seine Initiative will noch die schriftliche Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichts Münster abwarten. Das hatte im Mai bestätigt, dass die AfD als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz eingestuft werden dürfe.

Als letztes Mal eine rechtsextreme Partei – die NPD – verboten werden sollte, scheiterte dies. Das erste NPD-Verfahren 2003 wurde eingestellt, weil zu viele V-Leute der Sicherheitsbehörden in der Partei aktiv waren. Das zweite Verfahren 2017 scheiterte, als das Bundesverfassungsgericht die Partei letztlich für zu bedeutungslos erklärte.

Bei der Europawahl vor zehn Tagen erhielt die AfD in Deutschland 15,9 Prozent der Stimmen, damit war die Partei nach den Unionsparteien – CDU 23,7; CSU 6,3 Prozent – zweitstärkste Kraft. Die AfD sei also ungleich erfolgreicher, als die NPD es je gewesen ist, sagt Anwalt Elberling: „Die Formel, die AfD sei politisch zu bekämpfen, bleibt inhaltsleer, wenn die Werte des Grundgesetzes nicht konsequent verteidigt werden.“

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