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Armin Laschet lobt das Vorgehen von Donald Trump.

© Nassim Rad / Tagesspiegel/Nassim Rad / Tagesspiegel

CDU-Außenpolitiker Laschet über Alaska-Treffen: „Gut, dass Dynamik in die Diplomatie gekommen ist“

Das Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin sei der richtige Weg zu Frieden in der Ukraine, sagt Armin Laschet. Ihn stört die europäische Skepsis an den diplomatischen Bemühungen.

Stand:

Herr Laschet, Donald Trump gibt dem Treffen mit Wladimir Putin in Alaska eine Zehn von zehn. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Wir können alle Ergebnisse jetzt noch gar nicht bewerten, denn wir Europäer saßen ja nicht am Verhandlungstisch und kennen nur, was Präsident Trump bislang übermittelt hat. Wir werden jetzt den Besuch des ukrainischen Präsidenten in Washington am Montag abwarten müssen.

Gut ist, dass Dynamik in die Diplomatie gekommen ist. Gut ist auch, dass führende europäische Länder auf Initiative des Bundeskanzlers am Samstag bereits ihre Erwartungen an ein Abkommen sehr schnell gemeinsam formuliert haben. 

Wie haben Sie das Treffen verfolgt und über welche Kanäle erhalten Sie Ihre Informationen?
Ich habe die Pressekonferenz in der Nacht in Anchorage verfolgt. Der Außenminister und der außenpolitische Berater des Bundeskanzlers haben die Obleute im Auswärtigen Ausschuss und mich am Samstag ebenfalls unmittelbar unterrichtet. 

Zwei Männer verhandeln über Frieden: Putin (l.) und Trump in Alaska

© REUTERS/Gavriil Grigorov

Einerseits war das Treffen schneller vorbei als geplant und es gab keine konkreten Einigungen, andererseits sagten beide Präsidenten, Fortschritte wurden erzielt. Wie bewerten Sie diese diplomatischen Termini?
Mich hat die publizistische Kommentierung gewundert, die kritisiert hat, dass keine Ergebnisse verkündet wurden. Gott sei Dank wurden die Fortschritte nicht konkret ausgebreitet.

Der amerikanische Präsident hat den Staats- und Regierungschefs in Europa versprochen, dass er keine Zugeständnisse macht, ohne davor nochmal mit Präsident Selenskyj und den Europäern zu sprechen. 

Der Ausgang des Gipfels wirkt nach der Pressekonferenz unbefriedigend. Aber wenn es ernsthafte Bewegungen in diesem Krieg Richtung Frieden geben soll, ist das der richtige Weg. Diplomatie heißt jetzt hinter verschlossenen Türen Lösungen finden, Konsense ermöglichen, statt medial Schlagzeilen zu erzeugen. 

Im internationalen Umgang ist das schon eine eigenartige Geste. Selbst engen Freunden würde der Bundeskanzler nicht bei der Begrüßung applaudieren.

CDU-Politiker Armin Laschet über Trumps Applaus für Putin

Russland soll in der Nacht zu Samstag 85 Kampfdrohnen und eine ballistische Rakete auf die Ukraine abgefeuert haben. Wie passt das zu den Friedensverhandlungen in Alaska?
Das weiß ich nicht, aber es gibt ja bisher leider keinen Waffenstillstand. Man schätzt, dass es in diesem Krieg 7000 Tote pro Woche gibt. Deswegen ist ein Waffenstillstand dringlicher als alles andere.

Selenskyj reist nun am Montag nach Washington. Ist das ein Zeichen, dass sich etwas tut?
Selenskyj ist mit im Spiel, das wurde auch bei der Pressekonferenz in Anchorage deutlich. Wenn er nun ins Weiße Haus reist, zeigt das, dass sich nicht nur bilateral zwischen den USA und Russland etwas bewegt. 

Das Treffen in Alaska war geprägt von Freundschaftsgesten von Trump an Putin. Was haben Sie gedacht, als Trump Putin applaudierte?
Im internationalen Umgang ist das schon eine eigenartige Geste. Selbst engen Freunden würde der Bundeskanzler nicht bei der Begrüßung applaudieren. Aber wir kennen diese Bewegungen von Präsident Trump ja inzwischen, wenn er irgendwo steht und gerade auf etwas wartet.

Chinas Präsident Xi Jinping und Putin haben sich in den vergangenen Jahren regelmäßig getroffen.

© IMAGO/ZUMA Press Wire/Kreml/Vyacheslav Prokofyev

Wie wertvoll sind diese Bilder für Putin, gegen den es ja immer noch einen Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gibt?
Mich stört die einseitige Skepsis und Kritik, die es von europäischer Seite an diesem Treffen in Alaska gibt. In früheren Zeiten freuten wir uns eher, wenn sich der russische und der amerikanische Präsident verstanden. Das waren Signale für Entspannung. 

In vielen Berichten habe ich gelesen, dass Putin jetzt auf der Weltbühne zurück sei. Was für eine Fehleinschätzung! Er war immer auf der Weltbühne. Er hatte weiterhin Beziehungen mit China, Indien, Südafrika, Brasilien, der Türkei, Israel, den arabischen Golfstaaten und vielen Ländern im globalen Süden. Putin oder Lawrow waren überall präsent, nur nicht in Europa.

Jeder weiß, dass am Ende auch über die besetzten Gebiete gesprochen wird, aber niemand wagt es, das auszusprechen.

CDU-Politiker Armin Laschet über die Verhandlungen

Trump hat Putin den roten Teppich ausgerollt und ihn in seinem Wagen mitgenommen. Ist es Putin mit dem Treffen gelungen, ein Keil in die westliche Allianz zu treiben?
Nein. Es ist keine Schwächung des Westens, da die beiden Präsidenten in Alaska nicht apodiktisch verkündet haben, wie es jetzt weitergeht. Viele hatten befürchtet, dass die beiden Supermächte die Landkarte neu sortieren. So ist es nicht gekommen.

Trump hat ganz deutlich gemacht, dass er sich rückkoppeln und so die westliche Allianz zusammenhalten will. Und die Kontakte am Samstag zeigen, dass die transatlantischen Mitglieder der Nato sich eng abstimmen. 

Im Vorfeld hat Trump Selenskyj zu Gebietstauschen aufgefordert. Kann die Ukraine das akzeptieren?
Jeder weiß, dass am Ende auch über die besetzten Gebiete gesprochen wird, aber niemand wagt es, das auszusprechen. Der Nato-Generalsekretär Rutte hat es vor dem Gipfeltreffen einmal formuliert. Wir brauchen jetzt einen Waffenstillstand und Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Das ist auch in Alaska klar anerkannt worden, von beiden.

Waffenstillstand heißt, dass keiner mehr mit Gewalt die Lage verändert. Entscheidend ist aber, dass wir eine Annexion auf keinen Fall de jure völkerrechtlich anerkennen. Sonst hätte sich der Krieg gelohnt. Das ist nicht akzeptabel.

In Alaska saßen Selenskyj und die Europäer nicht am Tisch. Wie kann deren Rolle verbessert werden?
Das ist auch unser eigenes Verschulden. Unter US-Präsident Joe Biden hätte man mehr machen können und er hätte mehr machen können, aber es wurde allein auf eine militärische Lösung gesetzt.

Es war klar, dass ein US-Präsident Trump Verhandlungen mit Putin über ein Kriegsende suchen würde. Es ist schon eigenartig, wenn sich die Europäer jetzt beschweren, dass sie nicht am Tisch saßen, wenn sie davor nie zu Gesprächen bereit waren.

Der ehemalige US-Präsident Joe Biden (r.) pflegte ein freundschaftliches Verhältnis zur Ukraine und ihrem Präsidenten.

© Imago/Zuma Wire/Ukraine Presidency

Welche Lektion muss Europa aus dieser Entwicklung ziehen?
Wenn Europa in Zukunft Einfluss nehmen will, muss es mit einer Stimme sprechen und militärisch eigenständig werden. Frankreichs Präsident Macron hat die europäische Souveränität genannt. Europa hat in den vergangenen Jahren viel Rhetorik aufgewendet, aber wenig Substanz. Das beginnt jetzt erst mit dem Weg zu einer Europäischen Verteidigungsunion.

Anerkennen muss man, dass 18 Sanktionspakete einstimmig beschlossen wurden, aber sie haben allesamt wenig zur Beendigung des Krieges bewirkt. Europäische Überlegungen über ein 19. Sanktionspaket werden allerdings konterkariert, wenn Trump nun die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland wiederbeleben und ausbauen will. Europa muss darauf achten, den richtigen Weg zu finden und sich nicht selbst schwächen.

Halten Sie weitere Sanktionen der USA gegen Russland momentan für realistisch?
Bei Trump weiß man nie, wie schnell sich die Meinung wieder verändert, aber nach diesem Treffen würde es mich sehr wundern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Präsident Trump auf ein Sanktionsregime zurückgreift. Dafür müsste das, was in Alaska besprochen wurde, völlig platzen. Das Klima zwischen Trump und Putin wirkte anders.

Putin will ein nächstes Treffen in Moskau. Wie sinnvoll ist das?
Ein nächstes Treffen muss mit Präsident Selenskyj stattfinden. Das wird sicher nicht in Moskau, sondern auf neutralem Boden stattfinden. 

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