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Markus Söder, der Ministerpräsident in Bayern, hält seine Grundsatzrede.

© IMAGO/Daniel Kubirski

Update

„Der Zuzug ist nicht mehr stemmbar“: Söder pocht auf radikale Kehrtwende in der Migrationspolitik

Auf dem CSU-Parteitag soll ein Leitantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik beraten werden. Den Unionskanzlerkandidaten Merz werde er 100-prozentig unterstützen, sagte Söder in seiner Grundsatzrede.

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Die CSU trifft sich seit Freitagnachmittag in Augsburg zu einem zweitägigen Parteitag – ein zentrales Thema wird der Kurs in der Zuwanderungspolitik sein. Zu dem Thema soll auch ein Leitantrag beraten werden. Parteichef Markus Söder hat zuvor noch einmal die Positionen der Schwesterpartei CDU geschärft.

„Unser Land ist finanziell und kulturell überfordert“, sagte Söder der „Augsburger Allgemeinen“. „Viele fühlen sich in ihren Stadtteilen nicht mehr richtig daheim, in manchen Klassenzimmern wird kaum noch Deutsch gesprochen“, fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu. „Die Migration wächst uns über den Kopf.“

Deutschland benötige eine Migrationswende, um extreme politische Kräfte überflüssig zu machen. „Dazu gehört auch eine Änderung des Asylrechts“, sagte Söder weiter.

Der Zuzug ist zu viel und nicht mehr stemmbar.

Markus Söder, CSU-Chef und Ministerpräsident Bayerns

„Und manche der Flüchtlinge, die bei uns Schutz erhalten, begehen Gewalttaten wie in Mannheim und Solingen. Wir dürfen all diese Probleme nicht ignorieren oder bewusst ausblenden. Damit fördert man die AfD. Wir brauchen eine Migrationswende, um extremistische Kräfte überflüssig zu machen.“

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Ähnlich äußerte er sich am Freitag auch in der „Bild“-Zeitung: „Es braucht ein größeres und längerfristiges Projekt bis hin zur Änderung des Asylrechts. Es kann doch nicht sein, dass bei uns in Deutschland die Politik gar nicht entscheiden kann: Wer kommt ins Land?“

Auf die Nachfrage „Das heißt, Sie möchten das Asylrecht in der heutigen Form abschaffen?“ antwortete Söder nach Angaben der Zeitung: „Ja, ändern.“ Im Grundgesetz heißt es in Artikel 16a: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“; als Grundrecht hat dies Verfassungsrang.

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Die CSU will sich dem Leitantragsentwurf zufolge dafür aussprechen, das individuelle Asylrecht im Grundgesetz durch eine „institutionelle Garantie“ zu ersetzen, die nicht mehr vor Gerichten einklagbar sein soll. Der Leitantrag des Parteivorstands fordert auch eine Reduzierung der „Zahl der Asylanträge auf weit unter 100.000 im Jahr“. „Der Zuzug ist zu viel und nicht mehr stemmbar“, sagte Söder der „Bild“.

Zudem bedürfe es einer grundlegenden Reform des Asylrechts und einer Evaluation betreffender Rechtsinstitute. „Es darf keine Denkverbote geben“, sagte Söder.

Die CSU spricht sich in dem Leitantrag zudem für vermehrte Abschiebungen aus. „Diejenigen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, müssen schnell wieder zurückgeführt werden“, sagte Söder der „Augsburger Allgemeinen“. Dazu gehörten auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan, fügte er hinzu. Mit Beschluss des Leitantrags wird Söders Position offizielle CSU-Linie – und damit auch für das Wahlprogramm der Union relevant.

Flüchtlingshelfer kritisieren CSU-Vorstoß zu Migration und Asyl

Der Leitantrag für den CSU-Parteitag zur Verschärfung der Migrationspolitik ruft bei Flüchtlingshelfern deutliche Ablehnung hervor. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst wirft der Partei Mythenbildung vor. Es bedürfe einer gehörigen Chuzpe, bei sinkenden Zahlen von Asylanträgen von einer Überforderung Deutschlands „durch die unkontrollierte Zuwanderung“ zu reden, sagte der Direktor der Hilfsorganisation in Deutschland, Stefan Keßler, am Freitag der Agentur KNA.

Keßler sagte weiter, die im Leitantrag darüber hinaus geforderten Maßnahmen würden zu einem großen Teil zu massiven Verletzungen geltenden Rechts führen. So wäre die Abweisung von Asylsuchenden an den deutschen Binnengrenzen eine eklatante Verletzung europäischen Rechts. „Die Abschiebung von Menschen nach Syrien und Afghanistan zu fordern, spricht den Menschenrechten Hohn, denn es gibt dort keine sicheren Regionen“, meinte Keßler.

Mit Blick auf die Erfolge der AfD bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sagte Keßler: „Die jüngsten Wahlergebnisse zeigen: Es ist für demokratische Parteien unmöglich, mit Erfolg die Rechtspopulisten rechts zu überholen.“ Daher solle man auch bei der CSU umdenken. Es dürfe nicht immer nur um Zahlen und „Ströme“ gehen.

„Die einzelnen Menschen mit ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen müssen in den Vordergrund gestellt werden. Gerade die konservative CSU sollte für den Schutz und die Rechte von Verfolgten und anderen Menschen in Not eintreten“, sagte Keßler. Eine solche Politik wäre konservativ, weil sie Mitmenschlichkeit und Solidarität bewahrte.

CSU soll Bundeslandwirtschaftsminister stellen

Neben dem Leitantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik lag der Fokus des Delegiertentreffens auf einer Grundsatzrede von Söder. Darin beanspruchte der Parteichef im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der nächsten Bundestagswahl das Agrarministerium für die CSU. „Eigentlich gehört das Bundeslandwirtschaftsministerium endlich mal wieder in unsere Hand“, sagte Söder einem Bericht der Agentur dpa zufolge.

Die CSU hatte das Ministerium zwischen 2005 und 2018 praktisch ohne Pause in ihrer Verantwortung – dann ging das Haus zunächst an die CDU und seit der vergangenen Bundestagswahl wird es von den Grünen verantwortet.

In den vergangenen Wochen und Monaten hatte die CSU sich wieder verstärkt als Partei präsentiert, die sich hinter die Forderungen der Landwirte stellt. Besonders deutlich wurde dies bei den Protesten der Bauern gegen Subventionskürzungen der Bundesregierung.

Söder sagt Merz „100 Prozent Unterstützung“ zu

Am Samstag soll der CDU-Vorsitzende und gemeinsame Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz vor der Schwesterpartei auftreten. „Ich verspreche 100 Prozent Unterstützung“, sagte Söder in seiner Grundsatzrede. „Es wird keinen Streit, es wird keinen Zwist geben.“

Im Bundestagswahlkampf 2021 hatte Söder immer wieder den damaligen Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) attackiert. Dies belastete den Wahlkampf der Union. Laschet hatte sich damals in einem Machtkampf mit Söder die Kanzlerkandidatur gesichert – in diesem Jahr fanden Merz und Söder eine einvernehmliche Verständigung, dass der CDU-Vorsitzende Kanzlerkandidat wird.

Söder hob hervor, dass es mit Merz enge und reibungslose Absprachen gebe. Ihn verbinde mit Merz das Ziel, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aus dem Amt zu bringen. „Wir schicken Olaf Scholz gemeinsam in die Rente.“

Bereits am Donnerstag hatte Söder einen Rücktritt der Grünen-Bundesminister Robert Habeck und Annalena Baerbock sowie Neuwahlen gefordert. Die Ampelregierung sei „im politischen Koma, deswegen wären Neuwahlen so schnell wie möglich der richtige Weg“, sagte er der „Bild“.

Eine mögliche Koalition von CDU und CSU mit den Grünen nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr schloss der CSU-Chef dabei erneut aus.

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