
© dpa/Kay Nietfeld
„Da stellt man keinen Kanzlerkandidaten auf“: Wagenknecht spottet wegen Umfragewerten der Grünen über Habeck
Der Wirtschaftsminister kündigt an, sich um die Spitzenkandidatur seiner Partei zu bewerben. Dafür bekommt er Kritik von der BSW-Chefin. Hilfe erhält er vom designierten Grünen-Chef.
Stand:
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Freitag seine Bewerbung um die Spitzenkandidatur der Grünen für die nächste Bundestagswahl erklärt – und stehe auch als Kanzler bereit, wenn die Bevölkerung dies wolle. Die Gründerin und Co-Chefin des BSW, Sahra Wagenknecht, spottet nun angesichts niedriger Umfragewerte über die Ankündigung des Vizekanzlers.
„Wenn es üblich wird, dass jeder Spitzenkandidat einer Partei sich ,Kanzlerkandidat’ nennt, werden wir da vielleicht auch nachziehen müssen“, sagte sie der „Rheinischen Post“.
„Aktuell stehen wir in Umfragen zwischen sechs und neun Prozent. Da stellt man normalerweise keinen Kanzlerkandidaten auf“, antwortete Wagenknecht auf die Frage, ob sie Kanzlerkandidatin wird. „Auch nicht mit zehn Prozent wie die Grünen, die trotzdem den gescheiterten Ampel-Wirtschaftsminister Habeck als Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken.“
Wir haben genug Streit und Polarisierung. Es braucht jetzt jemanden, der Interessen zusammenführen kann.
Felix Banaszak, Kandidat für den Vorsitz der Grünen
Zuvor hatten bereits Habecks ehemaliger Regierungspartner Christian Lindner und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz reagiert „Schon verrückt. Keine eigene Mehrheit, aber jetzt zwei Kanzlerkandidaten in der Regierung“, schrieb der von Kanzler Scholz entlassene Finanzminister und FDP-Chef auf der Plattform X.
Söder wirf Habeck vor, Wähler zu verhöhnen
Auch der CDU-Chef äußerte sich spöttisch: „Die Selbsterklärung zum Kanzlerkandidaten bei neun Prozent Wählerzustimmung hat ja durchaus einen humorvollen Teil.“ Die Grünen müssten das „dann mit sich und ihren Wählerinnen und Wählern ausmachen“, fügte Merz hinzu.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder drückte am Samstag dann ebenfalls sein Unverständnis aus. „Dass der grüne Wirtschaftsminister, der verantwortlich für das ökonomische Desaster und Abrutschen der Industrie ist, sich zum Kanzlerkandidaten erklärt, ist geradezu eine Verhöhnung der Wählerinnen und Wähler“, sagte der CSU-Chef der „Bild am Sonntag“ einem Vorabbericht zufolge. „So sieht Demut nicht aus.“
Söder lehnte eine Koalition mit Mitgliedern und Ex-Ministern der gescheiterten Ampel-Koalition ab: „Keiner von denen, die dieses Scheitern verursacht haben, kann in einer neuen Bundesregierung dabei sein.“
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Habeck hatte am Freitag in einem auf Instagram und Youtube veröffentlichten Video gesagt: „Ich bewerbe mich als Kandidat von den Grünen für die Menschen in Deutschland.“ Er werde seine Partei daher bitten, „sie in die nächste Bundestagswahl zu führen“.
Habeck sagte im Video: „Natürlich, ich kenne die Umfragen. Ich weiß, dass die Ampel-Regierung gescheitert ist. Ich weiß, dass Vertrauen kaputtgegangen ist.“ Und: „Ich weiß, einen Führungsanspruch muss man sich erarbeiten. Ich will ihn mir erarbeiten.“
Er benutzte in dem Video nicht ausdrücklich das Wort „Kanzlerkandidat“. Er sagte jedoch: „Ich bin bereit, meine Erfahrung, meine Kraft und meine Verantwortung anzubieten. Wenn Sie wollen, auch als Kanzler.“ Dann fügte er an die Wählerinnen und Wähler gewandt hinzu: „Aber das ist nicht meine, das ist Ihre Entscheidung. Nur Sie können das entscheiden.“
Banaszak sagt, Habeck sei ein „extrem starker Kandidat“
Die Personalie war schon lange ein offenes Geheimnis. Im Juli hatte Habecks einzige ernstzunehmende Konkurrentin, Außenministerin Annalena Baerbock, erklärt, dass sie keine Kanzlerkandidatur verfolgen wolle. Über die Spitzenkandidatur der Grünen dürfte auf dem Bundesparteitag Mitte November in Wiesbaden entschieden werden. Bisher wird erwartet, dass Habeck dort auch als Kanzlerkandidat nominiert wird.
Trotz der mäßigen Umfragewerte seiner Partei hält der Kandidat für den Vorsitz der Grünen, Felix Banaszak, es für richtig, dass die Grünen mit Habeck einen Kanzlerkandidaten in die nächste Bundestagswahl schicken. „Natürlich ist das Kanzleramt in der aktuellen Lage nicht nur einen Katzensprung entfernt“, sagte Banaszak der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Aber wir werden uns jetzt wieder nach vorne kämpfen, Schritt für Schritt. Der Trend geht nach oben.“ Vizekanzler Habeck sei ein „extrem starker Kandidat“, erklärte Banaszak.
Wenn es jemand schaffen könne, Brücken zu bauen in einer gesellschaftlichen Lage wie dieser, dann Habeck, fuhr Banaszak fort. „Wir haben genug Streit und Polarisierung. Es braucht jetzt jemanden, der Interessen zusammenführen kann.“ Habeck hole „die Leute an einen Tisch und steht nicht eher auf, bis eine zufriedenstellende Lösung gefunden ist“.
- Ampelkoalition
- BSW
- Bundestagswahl
- CDU
- Christian Lindner
- CSU
- Die Grünen
- FDP
- Friedrich Merz
- Lars Klingbeil
- Markus Söder
- Robert Habeck
- Sahra Wagenknecht
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: