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Der deutsche Kanzler in Brüssel: Olaf Scholz (SPD).

© Imago/NurPhoto/onathan Raa

„Dabei bleibt es“: Scholz lehnt Selenskyjs Forderung nach weitreichenden Waffen harsch ab

Der Präsident der Ukraine will „Frieden durch Drohungen“ schaffen und dafür auch endlich Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland haben. Der Kanzler reagiert beim EU-Gipfel deutlich.

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Klare Absage an Kiew: Bundeskanzler Olaf Scholz hat sein Nein zu zentralen Punkten des „Siegesplans“ der ukrainischen Staatsführung mit Sorgen vor einer weiteren Eskalation erklärt. Man habe Verantwortung dafür, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato werde, sagte Scholz am Donnerstagabend nach einem EU-Gipfel in Brüssel

An seiner Weigerung, reichweitenstarke Marschflugkörper vom Typ Taurus zu liefern, gebe es nichts zu ändern. „Das halte ich nicht für eine richtige Lieferung – und dabei bleibt es auch“, sagte der SPD-Politiker.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor bei dem EU-Gipfel seinen Plan für einen Sieg gegen Russland vorgestellt und Scholz noch einmal öffentlich zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aufgefordert. Ein abschreckendes Raketenarsenal könnte nach seiner Vorstellung ein Weg sein, um Russland, das 2022 in das Nachbarland einmarschiert war, in Friedensverhandlungen zu zwingen. Die Ukraine gerät seit einiger Zeit im Abwehrkampf gegen Russland immer stärker unter Druck.

Scholz bremst auch bei Nato-Einladung an die Ukraine

Ein weiter Punkt des Plans ist eine schnelle Einladung der Ukraine in die Nato. Auch bei diesem Punkt steht Scholz aber auf der Bremse. Der Kanzler verwies so in Brüssel noch einmal auf die Beschlüsse des jüngsten Nato-Gipfels in Washington. Bei ihm hatten sich Befürworter einer schnellen Einladung nicht gegen Gegner wie die USA und Deutschland durchsetzen können.

Die Bündnisstaaten konnten sich lediglich darauf verständigen, der Ukraine allgemein zuzusichern, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufzuhalten sei.

Zugleich wurde in der Gipfelerklärung noch einmal explizit betont, dass eine formelle Einladung zum Beitritt erst ausgesprochen werden könne, wenn alle Alliierten zustimmten und alle Aufnahmebedingungen erfüllt seien.

Dazu zählen Reformen im Bereich der Demokratie und Wirtschaft sowie des Sicherheitssektors. Scholz sprach sich zudem dagegen aus, Selenskyjs Plan im Einzelnen öffentlich zu diskutieren. Dies tue man intern, sagte er.

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, forderte US-Präsident Joe Biden und Scholz auf, der Ukraine beim Einsatz westlicher Waffen keine Begrenzungen mehr aufzuerlegen. „Der Besuch des US-Präsidenten am Freitag in Berlin wäre ein idealer Zeitpunkt für eine solche Ankündigung“, sagte Heusgen den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Anlass für Heusgens Aufforderung war der Friedensplan der Ukraine. „Selenskyjs Appelle sind in erster Linie an Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz gerichtet: Beide könnten durch die Aufhebung von Reichweitenbegrenzungen und die Lieferung wirksamer Waffen einen äußerst wichtigen Beitrag zur Verwirklichung des Selenskyj-Planes leisten“, sagte Heusgen.

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Er fügte hinzu: „Wir dürfen nicht vergessen: Die Ukrainer verteidigen auch unsere Freiheit und Sicherheit! Denn Putin hat keinen Zweifel daran gelassen, dass – wenn wir ihn lassen – die Ukraine nicht die letzte Etappe auf seinem neokolonialistischen Weg ist, die alte Größe des Sowjet- und des Zarenreiches wiederherzustellen.“

Scholz kritisiert Merz in Taurus-Debatte scharf

Unionsfraktionschef Friedrich Merz wurde vom Kanzler wegen dessen jüngsten Äußerungen in der Taurus-Debatte Inkonsistenz vorgeworfen. Er finde es „doch ein bisschen irritierend“, was der Oppositionsführer im Bundestag jüngst gemacht habe, sagte Scholz. Vor den Landtagswahlen in Sachsen, in Thüringen und Brandenburg habe Merz monatelang geschwiegen. Und nach den Wahlen äußere er sich in der ganz umgekehrten Richtung.

Der CDU-Chef hatte zuvor Offenheit für Taurus-Lieferungen unter bestimmten Bedingungen geäußert. Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin die Angriffe fortsetze, solle gemeinsam in Europa entschieden werden, dass die Reichweitenbegrenzung für die westlichen Waffen der Ukraine aufgehoben werde, forderte Merz.

Lenke Putin nicht ein, müsse diesem „gesagt werden: Wenn er nicht innerhalb von 24 Stunden aufhört, die Zivilbevölkerung in der Ukraine zu bombardieren, dann müssen aus der Bundesrepublik Deutschland auch Taurus-Marschflugkörper geliefert werden“. (mit dpa)

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