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Chef der CSU: Markus Söder.

© Imago/Arvid Müllerr

Update

„Dann entscheidet Deutschland, wer ins Land kommt“: CSU-Chef Söder stellt individuelles Grundrecht auf Asyl infrage

Die Ampel hat Maßnahmen in der Migrationspolitik beschlossen, der Union reicht das Paket längst nicht aus. Der CSU-Chef pocht vor einem Treffen mit Scholz auf eine grundlegende Wende.

Stand:

Nach dem tödlichen Anschlag von Solingen hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein Gesprächsangebot von Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) begrüßt und angekündigt, gemeinsam mit den Bundesländern und der Union Konsequenzen ziehen zu wollen. Vor der ersten Gesprächsrunde zur Migrationspolitik äußert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Zweifel an Scholz’ Willen zur Problemlösung.

„Ich kann dem Bundeskanzler nur raten, mit Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen kein taktisches Manöver zu machen“, sagte der CSU-Chef der „Welt am Sonntag“. „Ich habe meine Zweifel, ob sein Angebot ernst gemeint ist.“ Söder forderte erneut eine grundlegende Umkehr in der Migrationspolitik.

„Dazu gehören Zurückweisungen an den Grenzen, eine grundlegende Reform des Asylrechts, Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern und die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten“, sagte Söder weiter. Bislang verweigere sich die Bundesregierung. CDU-Chef Friedrich Merz erneuerte am Samstag seine Forderung, eine Asyl-Notlage auszurufen.

Eine grundlegende Verfassungsänderung beim Asylrecht ließe sich noch in diesem Jahr machen.

Markus Söder, CSU-Chef

Söder stellte auch den individuellen Anspruch auf Asyl infrage, der in Deutschland im Grundgesetz verankert ist. „Das individuelle, subjektive Recht auf Asyl muss umgewandelt werden. Dann entscheidet Deutschland, wer in unser Land kommt – und nicht jeder Einzelne hat ein Recht dazu“, so Söder. „Wir können dann festlegen, in welcher Dimension wir helfen und integrieren können, aber auch, wen wir für den Arbeitsmarkt brauchen.“

Das von der Bundesregierung vorgestellte Asylpaket enthalte richtige Ansätze, greife aber insgesamt noch zu kurz, betonte der CSU-Chef. „Es braucht endlich eine grundlegende Migrationswende. Wir müssen das Asylrecht ändern, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen all jene an den deutschen Grenzen zurückweisen können, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben. Zum Beispiel, weil sie bereits aus einem sicheren Drittstaat kommen.“

Der Bund könne schnell eine Regelung in Kraft setzen, wonach an den Bundesgrenzen zurückgewiesen werde. „Wir könnten binnen kürzester Zeit den Abschiebearrest und die Bezahlkarte flächendeckend einführen. Wir könnten mit Syrien und Afghanistan die Rücknahme ihrer Bürger vereinbaren. All das ließe sich umsetzen und hätte große Wirkung“, sagte Söder.

Wir sind nicht nur logistisch überfordert, sondern auch sicherheitspolitisch und kulturell.

Markus Söder, CSU-Chef

„Auch eine grundlegende Verfassungsänderung beim Asylrecht ließe sich noch in diesem Jahr machen. Wir stehen bereit. Wer bremst, sind wie immer die Grünen.“

Söder sagte weiter: „Wir sind nicht nur logistisch überfordert, sondern auch sicherheitspolitisch und kulturell. In vielen Stadtteilen deutscher Großstädte fühlen sich viele Bürger nicht mehr daheim.“

Ein genereller Aufnahmestopp von Menschen aus Syrien und Afghanistan sei vermutlich rechtlich nicht ganz einfach umzusetzen, dennoch wäre es der richtige Schritt, so der CSU-Chef. „Wir brauchen endlich eine Atempause.“

Auch die Abschiebepraxis müsse geändert werden, sagte Söder weiter. „Wer kein Aufenthaltsrecht hat und sich bei einer Abschiebung weigert, das Land zu verlassen, oder eine Straftat begeht, muss in Abschiebearrest genommen werden. Und wir müssen die Leistungen für abgelehnte Asylbewerber auf das Minimum reduzieren. Allein das wäre Anreiz für viele, Deutschland wieder zu verlassen.“

Scholz habe beim Deutschlandpakt schon einmal Kooperationsbereitschaft signalisiert – und dann sei nichts mehr gekommen. „Es war wie bei der angekündigten Zeitenwende: viel versprochen, nichts geliefert“, erklärte der CSU-Vorsitzende.

Union fühlt sich an Deutschlandpakt mit Ampel erinnert

„Die jetzigen Beschlüsse der Ampel sind zwar ein erster Schritt, reichen aber bei Weitem nicht aus. Außerdem ist völlig offen, ob sie sie auch tatsächlich umsetzen. Wir haben das bei der Ampel oft erlebt. Erst Einigung – und dann wird wieder alles zerredet.“

CDU-Chef Merz teilte mit, den vergangenen Tagen sei zwar „einiges in Bewegung“ geraten, die Ampelkoalition aber „gehe das eigentliche Problem wieder nicht an“, so Merz. „Das Wort ‚Grenze‘ kommt in den Vorschlägen nicht vor“, kritisierte der Unionsfraktionschef in seinem aktuellen Rundschreiben an seine Anhänger, über das die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten.

Die hohe Zahl der Asylsuchenden stelle mittlerweile eine Gefährdung der nationalen Sicherheit und Ordnung dar. Nötig sei deswegen jetzt die Ausrufung einer Asyl-Notlage: Die EU erlaube den Mitgliedsstaaten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und für den Schutz der inneren Sicherheit, eigene Vorkehrungen zu treffen. „An diesem Punkt sind wir angekommen“, so Merz in seinem E-Mail-Newsletter „MerzMail“.

Wenn aber an zwei Tagen so viele neue Flüchtlinge kommen, wie in einem Monat abgeschoben und zurück überstellt werden, dann wird das Problem in Deutschland nicht kleiner, sondern immer größer.

Friedrich Merz, CDU-Chef und Vorsitzender der Unionsfraktion

An den acht deutschen Außengrenzen zu EU-Nachbarn habe jeder Flüchtling schon mindestens ein Land durchquert, in dem der Asylantrag hätte gestellt werden müssen, argumentierte Merz weiter. Aber zahlreiche Länder winkten die Asylbewerber einfach durch und bauten anschließend hohe Hürden auf, bevor sie bereit seien, wenigstens einige von ihnen zurückzunehmen.

„Wenn aber an zwei Tagen so viele neue Flüchtlinge kommen, wie in einem Monat abgeschoben und zurück überstellt werden, dann wird das Problem in Deutschland nicht kleiner, sondern immer größer.“ Daran änderten die in dieser Woche „schnell hingeschriebenen Vorschläge der Ampel so gut wie gar nichts“. 

In die deutsche Debatte war erneut Bewegung gekommen, nachdem am Freitag vor einer Woche ein Mann auf einem Jubiläumsfest zum 650. Gründungstag der Stadt Solingen offenbar willkürlich auf Umstehende eingestochen hatte.

Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Acht Menschen seien verletzt worden, vier davon schwer. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, wurde festgenommen. Der Mann hätte zuvor bereits nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Die Bundesanwaltschaft geht von einer Tat mit islamistischem Hintergrund aus.

Als Konsequenz hatte die Bundesregierung am Donnerstag ein Paket zur Verschärfung der Asyl- und Migrationspolitik auf den Weg gebracht. Vorgesehen sind darin Leistungskürzungen für bestimmte Migranten, mehr Möglichkeiten der Sicherheitskräfte im Kampf gegen den radikalen Islamismus und eine Verschärfung des Waffenrechts, vor allem mit Blick auf Messer.

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