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Darf Scholz nochmal Kanzler?: Erster SPD-Bundestagsabgeordneter fordert öffentlich Pistorius als Kanzlerkandidat
Bisher sprachen sich nur weniger prominente SPD-Politiker gegen eine Kandidatur von Olaf Scholz aus. In einer internen Runde sollen nun erstmals auch Parlamentarier einen Wechsel gefordert haben.
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Die Debatte um den nächsten Kanzlerkandidaten der SPD reißt nicht ab. Während Rufe nach einem Wechsel bisher vor allem von Kommunal- und Landespolitikern geäußert wurden, hat nun ein Bundestagsabgeordneter öffentlich eine Kandidatur von Verteidigungsminister Boris Pistorius statt von Bundeskanzler Olaf Scholz gefordert.
„Es ist meine klare Meinung, dass wir mit Boris Pistorius in den Wahlkampf ziehen sollten“, sagte der rheinland-pfälzische Parlamentarier Joe Weingarten der „Süddeutschen Zeitung“. „Er hat die Tatkraft, die Nähe zu den Menschen und die Fähigkeit, auch in klarem Deutsch zu sagen, was zu tun ist. Und das braucht unser Land jetzt.“
„Es muss jetzt etwas passieren, das kann keine 14 Tage mehr dauern“, forderte Weingarten dem Bericht zufolge an die Parteiführung gerichtet. Diese solle dem 62-Jährigen zufolge zeitnah mit Olaf Scholz eine Lösung finden.
Bereits am Samstag hatte der „Spiegel“ berichtet, dass in einer internen SPD-Runde zwei Bundestagsabgeordnete der Sozialdemokraten für Verteidigungsminister Pistorius ausgesprochen haben sollen.
In einer Sitzung des Seeheimer Kreises – einer konservativen und zahlenmäßig stärksten Strömung der Bundestagsfraktion – am Dienstag sollen sich zwei Abgeordnete besonders kritisch gegen die erneute Kandidatur des amtierenden Kanzlers Scholz ausgesprochen haben. Dieser sei bei den Menschen im Land „unten durch“, soll Weingarten laut „Spiegel“ gesagt haben.
Das sei keine Einzelmeinung, sondern die vieler SPD-Mitglieder auch in den Ortsvereinen. Für die Wahl am 23. Februar erwartet Weingarten ein „Desaster“, trete die Partei erneut mit Scholz als Kandidat an.
Ein weiterer Abgeordneter aus Rheinland-Pfalz soll in der Sitzung zudem davon gesprochen haben, dass sich ein Weiter-So mit Scholz negativ auf den SPD-Wahlkampf auswirken würde. Christian Schreider aus Ludwigshafen soll dem „Spiegel“ zufolge in der Sitzung gesagt haben, er könne die Parteimitglieder nicht mehr dazu bringen, für Scholz Wahlkampf zu machen. Dazu ließen sie sich die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer nicht mehr motivieren.
Landesweite Diskussionen über K-Frage an der SPD-Basis
Das „Grummeln“ in der SPD, wie es selbst Fraktionschef Rolf Mützenich zuletzt feststellte, wird damit immer lauter. Aus verschiedenen Landesteilen drangen in den vergangenen Tagen Forderungen nach einem Kandidatenwechsel. „Scholz hat fertig“, twitterte etwa der hessische Kommunalpolitiker Giorgio Nasseh. Auch in Hamburg oder NRW sprachen sich mehrere SPD-Politiker für Pistorius aus.
Die älteste Partei Deutschlands steckt damit in einem Dilemma: Einen amtierenden Kanzler nicht erneut als Kandidaten zu nominieren, käme einem Affront gleich. Die Umfragewerte von Pistorius sind gleichzeitig seit Monaten deutlich besser als die von Scholz – auch unter SPD-Mitgliedern. Viele fürchten mit einem deutlich unbeliebteren Kandidaten sehenden Auges in eine Niederlage zu laufen.
In der Parteispitze steht man weiter fest hinter Scholz. „Für mich bleibt es dabei, dass wir mit Olaf Scholz in den Wahlkampf ziehen“, sagte etwa die Co-Vorsitzende Saskia Esken am Samstag. Auch Lars Klingbeil versuchte erneut, die Debatte um die K-Frage abzumoderieren. „Alle, die in der SPD Verantwortung tragen, haben in den letzten Tagen deutlich gemacht, dass wir hinter ihm stehen“, sagte Klingbeil am Rande einer Veranstaltung in Essen vor Journalisten. Vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke erhielt Scholz ebenfalls Rückendeckung. „Der Bundeskanzler tritt noch einmal an“, sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur.
Nominiert ist Scholz aber immer noch nicht. Bis Ende November soll entschieden sein, mit wem die SPD antritt. Mit einer für den 30. November angesetzten „Wahlsieg-Konferenz“, soll der Wahlkampf beginnen, wie Generalsekretär Matthias Miersch mitteilte. Auf dem Parteitag am 11. Januar soll der Kandidat dann offiziell gewählt werden und damit klar sein, wer für die SPD gegen Friedrich Merz (CDU) und Robert Habeck (Grüne) antritt.
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