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Demonstration in Berlin im Jahr 2022 gegen türkische Bombardements von PKK-Stellungen in Syrien und Irak.

© REUTERS/Christian Mang

„Der Bundesregierung gehen die Argumente aus“: Anwälte fordern Ende des PKK-Verbots in Deutschland

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) will sich auflösen. Doch sie bleibt verboten – in Bremen gab es gerade eine Festnahme deswegen. Eine Klage soll das Verbot aufheben.

Stand:

Vor zwei Wochen kündigte die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) an, die Waffen dauerhaft niederzulegen und sich aufzulösen. Nun fordern die Anwälte der einst sozialistischen Partei, das hierzulande seit 1993 geltende Verbot aufzuheben. Derzeit klage man vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen die Bundesrepublik, sagte Rechtsanwalt Lukas Theune am Mittwoch. Man wolle darauf hinwirken, dass die schwarz-rote Regierung die aktuellen Entwicklungen berücksichtige.

Erst am Dienstag wurde der kurdische Politiker Yüksel Koç in Bremen festgenommen und nach Karlsruhe überstellt. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ vor, der PKK.

Koç ist nach Informationen aus Sicherheitskreisen hierzulande schon Ziel türkischer Spionage gewesen. Am Mittwoch protestierten Aktivisten gegen seine Festnahme in Bremen.

Deutsche Rolle im Friedensprozess

Dass die PKK trotz ihrer Auflösungsankündigung verboten bleibt, betrifft auch diverse Kleinverlage und Kulturvereine, die der Partei zugerechnet werden. Das sei nicht nur rechtsstaatlich zweifelhaft, sagte Theune, weil es die kurdische Gemeinschaft in Deutschland einem Generalverdacht aussetze. Das Verbot könne mittelbar auch den Friedensprozess in der Türkei stören, denn die Bundesrepublik sei Partner der Regierung in Ankara, die nun zu einer politischen Lösung der Kurdenfrage gedrängt werden müsse.

Erfolglos beantragte die PKK, deren Führung in den Kandil-Bergen im kurdischen Norden Iraks ihren Sitz hat, im Mai 2022 das Verbot in Deutschland aufzuheben. Theune und Co-Anwalt Peer Stolle stellten damals einen entsprechenden Antrag im Bundesinnenministerium, das seinerzeit von Nancy Faeser (SPD) geführt wurde.

PKK bekämpfte den IS-Terror

Der Tenor: Die vielfach reformierte PKK sei nicht die Terrororganisation, als die sie 1993 von der Bundesregierung verboten wurde. Für die innere Sicherheit der Bundesrepublik stelle sie keine Gefahr dar. Zudem fordere die PKK inzwischen Autonomie statt Sezession der kurdischen Regionen der Türkei.

Die PKK und ihre Schwesterverbände in Syrien waren ab 2014 im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ entscheidend aktiv. Das führte dazu, dass auch Bundespolitiker eine „Neubewertung“ des Verbotes forderten. Die türkische Armee intensivierte ihre Angriffe auf mutmaßliche PKK-Stützpunkte dennoch. In Syrien unterstützte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan diverse Islamisten im Kampf gegen die kurdische Autonomiebewegung.

Der seit 1999 auf einer Insel inhaftierte PKK-Gründer Abdullah Öcalan regte zuletzt eine „Friedensinitiative“ an, die er im Februar 2025 mit einer veröffentlichten Erklärung offenbar beschleunigen wollte: Nach mehr als 40 Jahren militanten Kampfes möge die PKK einen Kongress einberufen und ihre Selbstauflösung vorbereiten.

Razzien und Untersuchungshaft

Das inzwischen von Alexander Dobrindt (CSU) geführte Bundesinnenministerium hält dennoch an der Einstufung der PKK als Terrororganisation fest, das Verbot der Partei und ihr nahestehender Vereine bleibt in Kraft. Die Anwälte des Innenministeriums schrieben dazu noch Anfang Mai, der konkrete Ablauf der Selbstauflösung sei nicht absehbar.

Der Bundesregierung gingen die Argumente aus, sagte Anwalt Theune, denn der Kongress, auf dem die Auflösung beschlossen worden sei, habe schließlich stattgefunden.

In Deutschland werden Polizeieinsätze regelmäßig mit mutmaßlichen Verstößen gegen das PKK-Verbot begründet. Erst im April dieses Jahres gab es eine Razzia in Bremen. Ein örtlicher Verein wird von der Justiz verdächtig, Spenden für die PKK zu sammeln. Ermittler beschlagnahmten Unterlagen, Mobiltelefone, Geld und ein Auto.

Im Februar 2025 durchsuchten Polizisten ein Kulturzentrum in Nürnberg, dessen Vorsitzende sich in Untersuchungshaft befindet. Der Vorwurf: Sie sei Aktivisten der PKK, also mutmaßliche Unterstützerin einer terroristischen Vereinigung.

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