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Der niederländische Regierungschef Mark Rutte am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel.

© John Thys/AFP

Der niederländische Premier Rutte: Der Anti-Macron

Der niederländische Premier Rutte hat eine völlig andere Vorstellung von der Zukunft der EU als Frankreichs Präsident Macron: Während Macron "europäische Souveränität" einfordert, kann Rutte mit einem engeren Zusammenschlus der Europäer nichts anfangen.

Wenn der niederländische Regierungschef Mark Rutte dieser Tage über die Europäische Union spricht, dann gibt er gern den EU-Skeptiker. Er halte den Begriff der „immer engeren Union“ für eine „schreckliche Sprachregelung“, sagt der Liberale aus den Niederlanden beispielsweise. Ruttes Philippika bildet den Auftakt eines diplomatischen Tauziehens, das sich noch in die kommenden Monate hinziehen dürfte. Dass sich Rutte derart kritisch mit der „immer engeren Union der Völker Europas“ auseinandersetzt, die zur Präambel des EU-Vertrages gehört, macht deutlich: Ihm passt die ganze Richtung nicht, in die die Diskussion in der EU derzeit läuft. Rutte nimmt damit den Platz der Londoner EU-Skeptiker ein, der nach dem Brexit frei wird.

Vor allem für einen dürften die Worte Ruttes wie eine kalte Dusche gewirkt haben: Emmanuel Macron. Anders als Rutte ist Frankreichs Präsident sehr wohl der Auffassung, dass man der EU noch weitere Kompetenzen übertragen muss. In seiner Rede an der Pariser Sorbonne-Universität hatte Macron im September von einer „europäischen Souveränität“ gesprochen und nichts Geringeres als eine „Neugründung“ der EU eingefordert.

Macron und Rutte stehen auf zwei verschiedenen Seiten einer europäischen Konfliktlinie, die in der Diskussion um die Zukunft der Europäischen Union noch eine größere Rolle spielen dürfte. Unter anderem geht es um die Forderung Macrons, ein eigenes Budget für die EuroZone einzurichten. Rutte lehnt diese Idee strikt ab. In einem Interview mit der Zeitung „Le Monde“ forderte er, dass die EU-Steuerzahler nicht zusätzlich belastet werden dürften, um einen eigenen Haushalt für die Länder mit der Gemeinschaftswährung zu finanzieren.

Bereits zu Beginn des Monats war ein Ideenpapier des niederländischen Finanzministers Wopke Hoekstra bekannt geworden, das der Kassenwart aus Den Haag gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus sieben weiteren nordeuropäischen EU-Staaten erarbeitet hatte. In dem Papier, das auch von den drei baltischen Staaten sowie Schweden, Finnland, Dänemark und Irland verantwortet wurde, erteilten die Finanzminister der Übertragung weit reichender Kompetenzen auf die europäische Ebene bei einer Vertiefung der Währungsunion eine Absage.

Wo Deutschland in der Diskussion steht, ist unklar

Wo Deutschland in der Diskussion steht, ist derzeit unklar. Am Mittwoch war in Regierungskreisen bestätigt worden, dass der bisherige geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) an Diskussionsrunden der Gruppe der acht Staaten teilgenommen hatte, die den Macron-Vorschlägen skeptisch gegenüberstehen. Wenn in der EU über die Zukunft geredet wird, „dann sind wir immer gerne dabei, und zwar egal, ob wir alle Positionen teilen oder nicht“, hatte es zur Begründung geheißen.
Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte derweil am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem niederländischen Amtskollegen Stef Blok in Berlin, dass die Bundesregierung eine breite Diskussion auf EU-Ebene zu den einzelnen Punkten der geplanten Reformen anstrebe. „Es nutzt ja wenig, wenn sich Deutschland und Frankreich allein einig sind über diese Punkte“, sagte Maas.

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