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„Die Gefahren sind real“: BKA-Chef Münch fordert Zeitenwende bei der Inneren Sicherheit
Der Präsident des Bundeskriminalamts sieht große Bedrohungen – durch Spionage, Sabotage, Cyberattacken und Organisierte Kriminalität. Münch verlangt mehr Befugnisse für die Polizei.
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Spionage und Sabotage, Extremismus und Terrorismus, Cybercrime und Organisierte Kriminalität – nach Aussage des Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, gibt es keinen Phänomenbereich, der seiner Behörde nicht Grund zur Sorge biete. Er fordert eine „Zeitenwende“ für die Sicherheitsbehörden.
Innere und äußere Sicherheit dürften nicht mehr getrennt gedacht werden. „Die Sicherheitslage wird sich weiter verschärfen. Es ist Zeit zu handeln“, schreibt Münch in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“.
Deutschland ist längst zum Ziel hybrider Kriegsführung geworden.
Holger Münch, Präsident des BKA
Die Tötung von Oppositionellen in Deutschland, Brandanschläge auf DHL-Lieferketten, Cyber-Angriffe auf E-Mail-Konten der SPD und die IT-Infrastruktur der CDU, die Ausspähung von Sicherheitsbehörden und Streitkräften, sowie Drohnenoperationen über militärischen Einrichtungen zeigten konkret, „dass diese Gefahren real sind“, so der BKA-Chef.
Nachrichtendienste und kriminelle Gruppierungen zielten darauf ab, den deutschen Staat, die Gesellschaft und Wirtschaft zu destabilisieren und Informationen abzuschöpfen, erläuterte der BKA-Chef. „Sie versuchen, die Unterstützung der Ukraine zu unterminieren und zu sabotieren.“
Spionage- und Sabotageoperationen in der realen Welt gingen dabei einher mit Aktionen im Cyberraum, warnte Münch. „Deutschland ist längst zum Ziel hybrider Kriegsführung geworden.“
Zugleich habe sich die Bedrohung zugespitzt, die von der Organisierten Kriminalität ausgehe. Geldautomatensprengungen, Schüsse und Explosionen vor Geschäfts- und Wohngebäuden, der Einsatz von Handgranaten und Maschinenpistolen mit zum Teil schwer verletzten Personen und eine nie gekannte Rauschgiftschwemme zeigten das Ausmaß der Gefahr.

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„In anderen europäischen Staaten wie Belgien, den Niederlanden und Schweden zeigt sich bereits, dass Schwerkriminelle das staatliche Gewaltmonopol angreifen und die Sicherheit der Gesellschaft gefährdet ist. Diese Entwicklungen lassen ahnen, was uns bevorstehen könnte“, so Münch.
Münch forderte, die Polizei müsse digital genauso wirkungsvoll Ermittlungen führen und Gefahren abwehren können wie analog. „Dafür entscheidend sind unter anderem Befugnisse, Cyberangriffen auf Bundesebene begegnen zu dürfen.“
Nötig sei unter anderem eine bessere Ausstattung der Polizei, etwa um die kryptierte Kommunikation von Verbrechern überwachen zu können. „Wir müssen uns befähigen, große Datenmengen oder angegriffene IT-Infrastrukturen zu analysieren. Dabei können Instrumente der künstlichen Intelligenz helfen.“
Bislang liegt die Zuständigkeit dafür allein bei den Ländern. „Es kann auch nicht sein, dass wir kriminell genutzte Computernetzwerke nicht zerschlagen können, weil wir es nicht dürfen“, ergänzte der BKA-Chef. „Längst überfällig ist die Zeit ohnehin für die IP-Adressenspeicherung, einen Teil der sogenannten Vorratsdatenspeicherung.“
Münch kritisierte weiter: „Quick Freeze, also das nachträgliche Einfrieren von Daten, seit Jahren als vermeintliche Alternative zur Datenspeicherung in der politischen Diskussion, hilft hier genau null.“ (lem)
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