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Matteo Salvini und Marine Le Pen auf einer Kundgebung Mitte Mai in Mailand.

© Miguel Medina / AFP

Wahlen zum Europaparlament: Die globale Rechte triumphiert erneut

Von Trump bis zu Modi: Überall auf der Welt setzen sich bei Wahlen Nationalisten und Rechtspopulisten durch. Die Europawahl bestätigt den Trend. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Malte Lehming

Flieg, Vogel, flieg! Manchmal fördert es die Erkenntnis, nach einer Wahl die Froschperspektive zu verlassen. Dann steht nicht die lokale, regionale, nationale oder europäische Sicht im Vordergrund, sondern der globale Trend. Eine Analyse auf CNN stand am Montag unter der Überschrift „Wahlen in der EU und Indien stärken die populistischen Kräfte in den größten Demokratien der Welt“. Und mit einem Schlag – deshalb heißen Überschriften Schlagzeilen - ermattete der Glanz der deutschen Grünen, der Sieg der niederländischen Sozialdemokraten, verminderte sich die Genugtuung über den erzwungenen Abschied von Geert Wilders Freiheitspartei aus dem Parlament in Straßburg.

Das ist die andere Realität: In zentralen europäischen Ländern setzten sich populistische, nationalistische und/oder antieuropäische Parteien durch. Matteo Salvini, Symbolfigur der europäischen Rechtspopulisten, kam in Italien mit seiner Lega auf 33 Prozent. Für Viktor Orbans Partei Fidesz stimmten in Ungarn mehr als 52 Prozent. Marine Le Pen triumphierte in Frankreich knapp über Emmanuel Macron. Die polnische PiS verteidigte mit 43 Prozent klar ihre Führung. Die Brexit-Partei in Großbritannien, angeführt von EU-Kritiker Nigel Farage, wurde fast so stark wie Tories und Labor zusammen. Auch Tschechien, Dänemark und Schweden senden künftig Vertreter nationalistischer Parteien ins EU-Parlament. Belgiens rechtsextremer Vlaams Belang wurde zweitstärkste Partei.

All diese Erfolge gingen zu Lasten des traditionellen politischen Zentrums. Sie nähren den Verdacht, dass die Europäische Union nicht etwa die letzte liberale Insel in einem illiberalen Meer bleiben kann, sondern womöglich in diesem versinkt.

Migranten, Juden und Muslime leiden als erste

Es begann im Juni 2016 mit dem Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich, setzte sich fort im November 2016 mit dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA. Und schon längere Zeit waren Rechtspopulisten auch quer durch Europa immer mächtiger geworden. In Ungarn, Österreich, der Schweiz, Italien, Polen, Dänemark, Schweden, Frankreich.

Es folgte im Oktober 2018 in Brasilien der Wahlsieg des rechtsevangelikalen Jair Bolsonaro, der sich gern als Kämpfer für „Kugel, Rind und Bibel“ inszeniert. Mitte Mai setzte sich in Australien der reaktionäre Klimawandelleugner Scott Morrison durch. Wenig später gewann in Indien der hindunationalistische Ministerpräsident Narendra Modi die Parlamentswahlen, der selbst ernannte „Wächter der Nation“.

Überall auf der Welt gebe es einen anhaltenden „Trend nach rechts“, bilanziert James Griffiths auf CNN. Und überall ähnelt sich die Rhetorik seiner Protagonisten: für die Stärkung der eigenen Nation, gegen Ausländer und Einwanderer, gegen die Elite. Trump will Amerika wieder groß, Modi aus Indien eine Supermacht machen.

Minderheiten, Migranten, Juden und Muslime leiden als erste unter dem globalen Rechtsruck. Denn die Welt wird eingeteilt in die, die zum „wahren Volk“ dazugehören, und in „die anderen“, die die Identität dieses „wahren Volkes“ bedrohen. Auch in Europa verbreiten sich die Viren eines xenophoben Nationalismus. Das Bild von fröhlich feiernden deutschen Grünen sollte darüber nicht hinwegtäuschen.

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