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Trump stellt Aussetzung von Verbot in Aussicht: TikTok verliert vor höchstem US-Gericht – und droht mit Abschaltung am Sonntag
Die Video-Plattform ist in den USA im Fokus, weil sie wegen ihrer Nähe zu China unter Spionageverdacht steht. Nach einer juristischen Niederlage ist unklar, wie es weitergeht.
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Neues Kapitel im Streit in den Vereinigten Staaten um TikTok: Die Betreiber wollen die Video-App im US-Markt am Sonntag nach eigenen Angaben dichtmachen, wenn die Regierung ihren Tech-Dienstleistern nicht ausdrücklich Straffreiheit für weitere Kooperation garantiert. Das Weiße Haus findet nach Informationen des Senders CNN die bisherigen Zusicherungen ausreichend – schließt aber weiteres Handeln auch nicht aus.
Zuvor hatte TikTok den Kampf gegen das Gesetz zum Eigentümerwechsel in den USA vor dem Obersten Gericht verloren. Das Gesetz verletze nicht die Redefreiheit, urteilten die Richter am Freitag (Ortszeit).
Hintergrund des Streits sind Warnungen, dass die chinesische Regierung über TikTok Zugang zu Daten von Amerikanern bekommen und die öffentliche Meinung in den USA beeinflussen könnte. Für den in China ansässigen TikTok-Eigentümer Bytedance läuft am Sonntag eine wichtige Frist ab: Ein US-Gesetz besagt, dass sich der Konzern binnen 270 Tagen von der App trennen muss. Ansonsten müssen Apple und Google TikTok aus ihren amerikanischen App-Stores entfernen. Außerdem soll der Konzern den Zugang zur Infrastruktur verlieren.
Biden überlässt Trump die Entscheidung
US-Unternehmen, die mit der App noch weiter zusammenarbeiten, drohen danach dem Gesetz zufolge hohe Strafen. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte allerdings am Freitag angekündigt, man werde die Durchsetzung des Gesetzes dem künftigen Präsidenten Donald Trump überlassen.
Angesichts der knappen Zeit sei klar, „dass die Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes von der nächsten Regierung ergriffen werden müssen“, teilte Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre mit.
Und das US-Justizministerium erklärte, die Umsetzung des Gesetzes werde „ein Prozess sein, der sich über Zeit abspielt“. TikTok will, dass die Regierung zumindest den wichtigsten Tech-Partnern direkt zusichert, dass ihnen keine Konsequenzen drohen, wenn sie die App weiter versorgen.
Von einer Sperrung wären in den USA nach Angaben von TikTok 170 Millionen Nutzer betroffen, die Hälfte der Bevölkerung. Allerdings signalisierte Trump, dass TikTok einen Aufschub bekommen soll, statt am Sonntag in den USA dichtmachen zu müssen.
„Amerikaner sollten sich nicht darauf einstellen, dass TikTok am Sonntag plötzlich verboten wird“, sagte ein anonym gebliebener Regierungsvertreter dem TV-Sender NBC. Man prüfe Optionen für die entsprechende Umsetzung des Gesetzes.
Trump arbeitet offenbar an Deal für TikTok
Biden kann per Gesetz die Frist für TikTok um drei Monate verlängern. Als Voraussetzung dafür wird allerdings genannt, dass es aussichtsreiche Verkaufsverhandlungen gibt – und TikTok und Bytedance weigerten sich bisher, überhaupt über eine Trennung zu sprechen. Doch das Weiße Haus signalisiert, dass TikTok-Schlagzeilen nicht Bidens letzte Tage im Amt überschatten sollen.

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Trump stellte am Samstag unterdessen in Aussicht, die Frist zu verlängern. „Die 90-tägige Fristverlängerung wird höchstwahrscheinlich gewährt, weil sie angemessen ist“, sagte er dem Sender NBC in einem Interview. „Falls ich mich dazu entschließe, werde ich es wahrscheinlich am Montag bekannt geben.“
Zuvor hatte Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz dem Fernsehsender Fox News gesagt: „Wir werden Maßnahmen ergreifen, die dafür sorgen, dass TikTok nicht ausgeht.“ Trump solle dadurch mehr Zeit bekommen, einen Deal einzufädeln. Der designierte Präsident, der am Montag für eine zweite Amtszeit vereidigt werden soll, sprach das Thema TikTok auch bei einem Gespräch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Freitag an.
Ein weiteres Zeichen dafür, wie hoch die Plattform inzwischen in der Gunst von Trump steht: TikTok-Chef Shou Chew soll laut Medienberichten wie auch die Chefs der großen amerikanischen Tech-Konzerne auf der Tribüne bei Trumps Amtseinführung sitzen.

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TikTok zog vor das Oberste Gericht der USA mit der Hoffnung, zumindest einen Aufschub zu erreichen. Die Richter zeigten sich schon bei einer Anhörung vergangene Woche jedoch wenig überzeugt von dem Argument, das Gesetz verletze die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit. Jetzt kamen sie zu dem Schluss, dass die Sicherheitsbedenken überwiegen.
TikTok betont zwar stets, dass Bytedance mehrheitlich internationalen Investoren gehöre – aber durch die Zentrale in Peking muss sich der Mutterkonzern auch Vorgaben der Behörden beugen.
Außerdem kann die Regierung bei einem Verkauf mitbestimmen: Denn der Algorithmus, der die Videos für die Nutzer auswählt, wurde in China entwickelt. Und Peking verbot die Weitergabe solcher Software ohne spezielle Erlaubnis. (dpa, Reuters)
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