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Digitalpakt 2.0: Die Länder müssen trotz Stark-Watzingers Sturheit weiterverhandeln
Wird es Geld für einen neuen Digitalpakt geben? Die Bildungsministerin verweigert weiter konkrete Auskünfte. Die Länder sind empört – tragen aber auch selbst Verantwortung.

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Die Länder sind empört. Von „Buchungstricks“ und „Wortbruch“ ist die Rede, weil im Entwurf des Bundeshaushalts zwar Geld für die Digitalisierung in den Schulen steht, aber nichts von einem „Digitalpakt 2.0“. Dabei soll der doch eigentlich 2025 starten. Und bei genauerem Hinsehen, sagen die Kultusminister, seien die eingestellten 1,6 Milliarden auch gar kein frisches Geld, sondern Restmittel aus dem alten Digitalpakt.
Eigentlich hatten die Länder gehofft, nach monatelangen, teilweise sehr konfrontativen Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durch den Haushaltsentwurf endlich die entscheidende konkrete Zahl zu erfahren, die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger ihnen bislang verweigert hatte. Die Summe, die der Bund für das neue Programm auf den Tisch zu legen bereit ist.
Noch mehr Verwirrung und Frust – und zwar lagerübergreifend
Stattdessen gibt es aus Sicht der Kultusminister noch mehr Verwirrung und Frust, und zwar lagerübergreifend. „Sollte das BMBF keine Gelder eingestellt haben, ist dies angesichts der Zusagen der Bundesbildungsministerin und der mittlerweile sehr lange andauernden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern mehr als unverständlich“, sagte etwa Stefanie Hubig, Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz und Koordinatorin aller SPD-Kultusminister zuletzt.
Druck bekommt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger jetzt aber auch von ihren Koalitionspartnern im Bund. „Es gibt keinen Grund, länger die Informationen darüber zurückzuhalten, über welches Volumen und welche weiteren Ziele wir beim Digitalpakt 2 jetzt reden“, sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD, Oliver Kaczmarek, „Table.Briefings“. Auch die Grünen im Bundestag pochen auf Klarheit.
Denn auch wenn das BMBF es im Hintergrund gern so darstellt, als seien es vor allem ein paar CDU-Landespolitiker mit parteipolitischem Kalkül, die beim Digitalpakt 2.0 „Skandal“ rufen, wundert man sich auch in den Ampelfraktionen seit Monaten über die verunglückte Kommunikationsstrategie des BMBF in der Sache.
Entscheidend ist nicht, welche Zahl im Entwurf im Haushaltstitel steht, sondern dass die Ministerin die Verhandlungen jetzt wirklich schnell vorantreibt.
SPD-Haushaltspolitikerin Wiebke Esdar
Dass eine Bundesministerin bei einem Milliardenpoker mit den Ländern nicht gleich alle ihre Karten auf den Tisch lege, sei ja nachvollziehbar; dass sie aber immer wieder vertröste, dass sie jetzt sogar die Bedeutung der 1,6 Milliarden unkommentiert lasse – eigentlich unfassbar. Und nicht mehr mit einer rationalen Verhandlungsstrategie zu erklären. Lautet die einzig rationale Erklärung am Ende doch, dass Stark-Watzingers Parteifreund und Finanzminister Christian Lindner das Geld nicht lockermachen will?
Nein, versichern sie im BMBF immer wieder. Für den Digitalpakt 2.0 sei im Haushalt 2025 und auch in den Folgejahren „Vorsorge getroffen“. Aber wo und wie genau? Dazu weiter kein Satz.
Misstrauen auch den Ländern gegenüber
Am Donnerstagabend haben Stark-Watzinger und KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot miteinander geredet. Über den Inhalt ihrer Aussprache ist noch nichts bekannt.
Wenn aber Stark-Watzinger, wonach es aussieht, weiter die Auskunft verweigern sollte, werden alle Fragen irgendwann müßig. Dann müssen die Länder selbst entscheiden. Sollen sie die Verhandlungen ihrerseits abbrechen, was zumindest Finanzminister Lindner heimlich hoffen mag?

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Oder aber, was die gegenüber den Schulen einzig verantwortbare Strategie wäre, sie nehmen die Ministerin beim Wort und vertrauen ihr, auch wenn das Vertrauen längst aufgebraucht scheint. Wenn Stark-Watzinger sagt, dass das Geld für den Digitalpakt 2.0 da sei, dann soll sie dieses Geld jetzt auch schnell liefern. Indem die Verhandlungen schnell abgeschlossen werden.
So sieht es auch die einflussreiche SPD-Haushaltspolitikerin Wiebke Esdar. „Entscheidend ist nicht, welche Zahl im Entwurf im Haushaltstitel steht, sondern dass die Ministerin die Verhandlungen jetzt wirklich schnell vorantreibt. Dann sind beide Seiten in der Verantwortung, eine gemeinsame Lösung zustande zu bringen – der Bund und die Länder.“
Wer hier Misstrauen auch den Ländern gegenüber mitschwingen hört, könnte recht haben. Denn während die Kultusminister das Schlaglicht auf Stark-Watzingers nicht nachvollziehbare Sturheit richten, müssen sie selbst ihre Digitalpakt-Kofinanzierung aus Länderhaushalten loseisen, die teilweise bereits auf der Basis von Notkrediten laufen.
Und bei einem ist man sich in Bundesregierung und Ampelfraktionen wiederum sehr einig: Künftig gibt es keine Bund-Länder-Programme mehr, bei denen die Länder nicht mindestens die Hälfte zahlen. Was ein riesiger Sprung beim bislang zu 90 Prozent vom Bund übernommenen Digitalpakt I bedeutet.
Auf keinen Fall aber wäre es akzeptabel, wenn Stark-Watzinger in den nächsten Wochen beides täte: nicht über Geld reden wollen und gleichzeitig bei den Verhandlungen auf der Bremse stehen. Dann nämlich wäre die Schuldfrage, wenn der Digitalpakt 2.0 am Ende scheitert, ein für allemal geklärt.
Dieser Text erschien zuerst auf dem Blog des Autors: www.jmwiarda.de.
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