
© Kemal Hür
„Dringender Handlungsbedarf“: Fraktionen fordern nochmals Verbot der „Grauen Wölfe“
Die türkischen Rechtsextremisten der „Grauen Wölfe“ sollen in Deutschland baldmöglichst verboten werden. Das Bundesinnenministerium hat jedoch bisher wenig in der Richtung unternommen. Mehrere Parteien machten nun erneut Druck.
Stand:
Eine parteiübergreifende Mehrheit im Bundestag verstärkt die Forderung nach einem Verbot der „Grauen Wölfe“ und ihrer Organisationen in der „Ülkücü“-Bewegung, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch und türkisch-nationalistisch eingestuft wird. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries betonte gegenüber der „Welt“, ein Vereinsverbot müsse rechtlich immer wasserdicht und vor Gericht unangreifbar sein. „Aber wir erwarten, dass das Verbotsverfahren durch die Bundesinnenministerin auch mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Konsequenz inklusive des dafür erforderlichen Ressourceneinsatzes betrieben wird“, so de Vries.
Ende 2020 hatten CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP im Bundestag in einem gemeinsamen Antrag unter anderem von der Bundesregierung gefordert, „gegen die Vereine der ‚Ülkücü‘-Bewegung Organisationsverbote zu prüfen“. De Vries sagte, in dieser Hinsicht sei seitdem offenbar nur wenig passiert. „Substanzielle Fortschritte in der Prüfung des Organisationsverbots hat es nach meiner Kenntnis bislang nicht gegeben, was auch damit zu tun hat, dass Vereinsaktivitäten in der Corona-Zeit wie überall zum Erliegen gekommen sind.“
Die Verbotsforderung des Parlaments ist damit aktueller denn je, und das Bundesinnenministerium ist gut beraten, den parteiübergreifend erklärten Willen des Bundestags ernst zu nehmen.
Christoph de Vries, CDU
„Klare Antwort des wehrhaften freiheitlichen Rechtsstaates“
Die „Grauen Wölfe“ in ihrer Gesamtstruktur seien „die größte rechtsextremistische Organisation in Deutschland und mit ihrem ultranationalistischen, rassistischen und antisemitischen Weltbild eine Gefahr für unsere liberale Demokratie“. Der CDU-Politiker äußerte sich besorgt über „die zunehmenden Verflechtungen zwischen den Grauen Wölfen und der türkischen AKP beziehungsweise Präsident Erdogan“. Dies zeige, dass „hier dringend Handlungsbedarf“ bestehe. „Die Verbotsforderung des Parlaments ist damit aktueller denn je, und das Bundesinnenministerium ist gut beraten, den parteiübergreifend erklärten Willen des Bundestags ernst zu nehmen“, so de Vries.
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Die Grünen-Abgeordnete und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor sprach sich explizit für ein Verbot aus: „Ein Verbot der Ülkücü-Bewegung (,Graue Wölfe‘) als eine der größten, nationalistisch-rechtsextremistischen Bewegungen in Deutschland wäre aus meiner Sicht konsequent und richtig.“ Kaddor verwies darauf, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die „Ülkücü“-Bewegung als Ganzes dem Bereich auslandsbezogener Extremismus zuordne.
Nach Auffassung von FDP-Innenexpertin Linda Teuteberg erfordere die antisemitische, rassistische und illiberale Ideologie der „Grauen Wölfe“ eine „klare Antwort des wehrhaften freiheitlichen Rechtsstaates“. Sie erwarte, „dass die Bundesinnenministerin ernsthaft prüft, ob und wie ein Verbot der mit den ,Grauen Wölfen‘ verbundenen Vereine sich gerichtsfest durchsetzen lässt“. Beim entschiedenen Vorgehen gegen jede Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dürfe „es keinen kulturellen Rabatt geben“.
Keine Antwort vom Bundesinnenministerium
Teuteberg warnte zudem davor, dass die Bewegung „die deutsche Gesellschaft und Politik insbesondere durch legalistische Vereinigungen und Aktivitäten gezielt zu beeinflussen versucht“. Wer mit der menschenverachtenden Ideologie der „Grauen Wölfe“ sympathisiere oder sie aktiv verbreite, „kann weder für Integration noch im interreligiösen Dialog Gesprächspartner des demokratischen Rechtsstaates sein“.
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte der „Welt“, die Bundesregierung äußere sich generell nicht zu Verbotsüberlegungen – „unabhängig davon, ob zu solchen Überlegungen im Einzelfall Anlass besteht“. Ansonsten bestünde „die Gefahr, dass potenziell Betroffene ihr Verhalten danach ausrichten und dadurch die Wirksamkeit operativer behördlicher Maßnahmen beeinträchtigt oder diese vereitelt werden könnten.“
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