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Ohrfeige für das Andenken von Adenauer und Kohl: Die CDU darf sich kein Bündnis mit dem BSW erlauben
Westbindung, Europa und Nato – die CDU würde bei einer Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht ihre stolze Tradition konterkarieren. Europas letzte Volkspartei sollte deshalb standhaft bleiben.

Stand:
Sahra Wagenknecht und das nach ihr benannte Bündnis BSW lassen keine Zweifel: Sie machen eine Koalition abhängig davon, dass Deutschland auf eine Stationierung von US-Raketen verzichtet und die Hilfen für die Ukraine einstellt. „Es geht darum, dass die Landesregierung eine klare Position bezieht“, sagt Wagenknecht.
Das BSW will also den Schutz Deutschlands vor Putins unter anderem in Kaliningrad stationierten Raketen verhindern und der Ukraine einen Diktat-„Frieden“ verordnen. Wagenknecht und ihr Ehemann Oskar Lafontaine wollen außerdem die Sanktionen gegen Russland aufheben, also Putins Kriegsmaschinerie gegen die Ukraine füttern.
Und mit dieser Kreml-treuen Partei will die CDU koalieren? Nein, es wäre eine politische Fehleinschätzung, Friedrich Merz nur den Hauch von Sympathien für Wagenknecht zu unterstellen. „Sie ist in einigen Themen rechtsextrem“, sagte Merz im Juni, „in anderen wiederum linksextrem.“
Stimmt. Und Merz’ treffende Analyse muss für die Christdemokraten Grund genug sein, nicht mit dem BSW zu regieren. Zuerst sollte die CDU aufhören, die Putin-Freunde von der BSW kleinzureden, darauf zu verweisen, es gehe „nur“ um Bundesländer oder darauf, dass in Thüringen nur zwei Millionen Menschen leben. Will die CDU wirklich einen Innenminister, eine Finanzministerin, eine Bildungsministerin von Wagenknechts Gnaden ins Amt verhelfen?
Zur Erinnerung: „Frieden“ lautet die Überschrift zum jeweils ersten Kapitel in den BSW-Wahlprogrammen für Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Im Vorwort attackiert Sahra Wagenknecht unter anderem den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke): „Die Politik, immer mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, die auch der thüringische Ministerpräsident unterstützt, ist grandios gescheitert.“
Die CDU sollte Wagenknecht ernst nehmen
Die CDU sollte schon so ehrlich zu sich selbst sein und das BSW beim Wort nehmen. Das BSW will die Ukraine im Stich lassen, dem Schlächter Putin überlassen.
Diktatoren aber sind unersättlich. Eine Niederlage der Ukraine würde Putin ermuntern, weitere Länder anzugreifen. Moldau, Georgien, Estland, Lettland, Litauen, Polen. Das ist unrealistisch? Am 20. Februar 2022, vier Tage vor Kriegsbeginn, tönte Wagenknecht: „Russland hat faktisch kein Interesse, einzumarschieren.“
Es ist befremdlich, dass die CDU zwar mit Wagenknecht koalieren will, nicht aber mit dem faktischen Sozialdemokraten Bodo Ramelow.
Daniel Friedrich Sturm, Leiter des Tagesspiegel-Hauptstadtbüros
Nein, die Partei von Konrad Adenauer und Helmut Kohl darf nicht zur Helferin der Kreml-Versteher, der „Nationalbolschewistin Wagenknecht“ (O-Ton Marco Wanderwitz, CDU) werden.
Ein solches Bündnis wäre eine nachträgliche Ohrfeige für Adenauer und Kohl. Die CDU würde mit einer Koalition mit dem BSW ihre stolze Tradition – Westbindung, Europa, Nato und Bundeswehr – in Zweifel ziehen. Die größte Volkspartei Europas sollte standhaft bleiben.
Das Tafelsilber der CDU
Parteiinterne Kritiker Angela Merkels, unter ihnen Merz, haben immer wieder das Verscherbeln konservativen Tafelsilbers beklagt. Der Vorwurf traf teils zu, teils nicht. Angela Merkel aber hat 18 Jahre lang die CDU geführt, vier Bundestagswahlen gewonnen und 16 Jahre Deutschland regiert. Der überzeugte Transatlantiker Merz regiert noch nicht einmal, scheint aber jetzt schon bereit, neben dem Silber noch das Porzellanservice gleich mit aus dem Fenster zu werfen.
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Es ist befremdlich, dass die CDU zwar mit Wagenknecht koalieren will, nicht aber mit dem faktischen Sozialdemokraten Bodo Ramelow. Seltsam erscheint, wenn Christdemokraten „Schnittmengen“ mit dem BSW beschwören, während sie die Grünen maßlos attackieren.
Und erstaunlich ist, dass erfahrene und bekannte Außenpolitiker der CDU mit sonst klarem Kurs zu der CDU-BSW-Malaise selbst auf Nachfrage schweigen. Was sagt eigentlich Hendrik Wüst zu Koalitionen seiner Partei unter dem Kommando Wagenknechts?
Eine Koalition mit dem BSW ist mitnichten alternativlos. Mit immer mehr Parteien werden Vier- und Fünf-Parteien-Koalitionen wahrscheinlicher, Minderheitsregierungen wie anderswo in Europa üblicher. Thüringen wird seit 2020 so regiert.
Etwas Besseres als eine Koalition mit Wagenknecht findet die CDU überall.
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