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Steuerpaket: Ende der Machtprobe

Der Widerstand der Länder beim Steuerpaket bewegt Kanzlerin Angela Merkel zu Zugeständnissen des Bundes.

Berlin - „Undurchsichtig“ sei die Sache, befand Ulrich Nußbaum. Undurchsichtig die Verhandlungsführung, undurchsichtig auch das Ergebnis. Was der parteilose Berliner Finanzsenator da am Freitag im Bundesrat als nebulös einstufte (und übers Radio sogar mit der Drohung verband, irgendwann könnte es bei weiteren Belastungen der Länder zu einer neuen Verfassungsklage kommen), war für die Ministerpräsidenten der Union eine sonnenklare Sache: Der Bund war den Ländern entgegengekommen, und damit gab es eine Mehrheit für das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung. Und klar war für die Ministerpräsidenten auch, dass mal wieder eine der kleinen Machtproben zwischen Bund und Ländern bestanden und das gewohnte Gleichgewicht wiederhergestellt war.

Die Regierung Merkel, so die verbreitete Meinung in den Ländern, hätte die Zustimmung des Bundesrats auch ohne lange Debatte im eigenen Lager haben können – in der Peter Harry Carstensen aus Kiel allenfalls der Lauteste war. Man hätte ja etwas früher über die Probleme der Länder mit dem Paket reden können, meinte einer der CDU-Granden. Und der Eindruck einer etwas fahrigen Führung durch die Kanzlerin hätte sich dann wohl auch nicht eingestellt. In Berlin nahm man wohl an, dass angesichts der Krise und des Auftakts der Koalition die schwarz-gelben Länder den Aufstand nicht wagen würden. Das taten sie aber. Denn ohne Machtprobe wäre die Tonart für die Legislaturperiode gesetzt gewesen – zugunsten der Berliner Riege. „Die haben das nicht kapiert“, meinte einer der CDU-Ministerpräsidenten zur Fehleinschätzung der Länderposition im Bund. Nun ist klargestellt, dass man wie stets im Chor singen wird. Nur der Stuttgarter Ministerpräsident Günter Oettinger wird nicht mehr dabei sein. Er verabschiedete sich aus dem Bundesrat mit einer Rede, in der er einige Zweifel am Steuerpaket anklingen ließ.

Dass die Mehrheit für das erste große Gesetz der Regierung Merkel/Westerwelle am Ende doch stand, hängt mit drei Zugeständnissen und einigen Versprechungen zusammen, welche die Kanzlerin machte. Der Bund wird einen höheren Anteil an den schon vereinbarten zusätzlichen Bildungsausgaben übernehmen – 40 statt zehn Prozent, und zwar dauerhaft. Das fängt einen Großteil der Einnahmeausfälle der Länder durch das Steuerpaket auf. Zudem soll der Bundesanteil an den Zuschüssen für Miete und Heizung für Hartz- IV-Empfänger steigen – eine Entlastung für die Kommunen, die wegen des Steuerpakets ebenfalls geringere Einnahmen haben. Um das zu erreichen, rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an.

Als Schmankerl für Sachsen handelte der Dresdner Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) eine Änderung im schon laufenden Konjunkturpaket II aus: Das Geld muss nicht mehr nur für zusätzliche Investitionen eingesetzt werden, über ohnehin schon geplante Vorhaben hinaus. Das hätte in Sachsen zu höheren Schulden geführt, und das wollte Tillich nicht. Die anderen Länder haben den Vorteil nun auch, der laut Tillich dazu führt, dass die Länder nun etwas flexibler beim Umgang mit den Konjunkturmitteln sind.

Dass der Bund nun bei den Bildungsausgaben mehr mitreden will, als er eigentlich soll, schreckt die Länder nicht so sehr. „Projektgebundene“ Förderung durch den Bund lehnen sie ab, und die Zusage der Dauerhaftigkeit der Bundesmittel wird von den Landespolitikern unisono als Angebot gedeutet, dann doch gleich die Steuerverteilung zugunsten der Länder zu ändern. Der Termin für diese Pokerrunde ist der kommende Juni, wenn auch die nächste Steuerschätzung vorliegt und man genauer weiß, wie Deutschland durch die globale Krise steuert. Dann geht es auch um die von der Bundesregierung geplante größere Steuerreform. Die ohne das Plazet der Länder nicht zu haben ist.

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