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Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Robert Habeck (l, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Manuela Schwesig (SPD), die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, informieren Medienvertreter über das geplante Flüssigas-Terminal am Standort Rügen - hier in BInz im April 2023.

© dpa/Jens Büttner

So oft wie kein anderes Kabinettsmitglied: Kanzler Scholz traf sich dreimal mit umstrittenen LNG-Unternehmern

Gegen die Betreiber des geplanten LNG-Terminals vor Rügen werden schwere Vorwürfe erhoben. Olaf Scholz machte das Projekt dennoch zur Chefsache - und hielt intensiv Kontakt mit der Deutschen Regas.

Stand:

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich so oft wie kein anderes Kabinettsmitglied mit den in der Kritik stehenden Unternehmern der Deutschen Regas getroffen, die auf Wunsch der Bundesregierung zwei große Flüssiggas-Terminals auf der Ostseeinsel Rügen betreiben sollen.

Demnach traf Scholz den Steuerberater Stephan Knabe und den Immobilienunternehmer Ingo Wagner am 15. September 2022 in Potsdam, am 14. Januar 2023 in Lubmin und am 20. April 2023 in Mukran. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den CDU-Abgeordneten Matthias Hauer hervor, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt.

Knabe ist der Aufsichtsratschef der Deutschen Regas, Wagner der Geschäftsführer. Beide arbeiten in Potsdam, wo Scholz seinen Wahlkreis hat. Es ist ungewöhnlich, dass sich ein Kanzler so stark in ein privatwirtschaftliches Projekt einschaltet.

Knabe und Wagner waren zuvor nicht im deutschen Gasgeschäft tätig und gründeten angesichts der hohen Gaspreise 2022 die Deutsche Regas. Dass Scholz das LNG-Projekt offensichtlich zur Chefsache gemacht hat, zeigt auch die Tatsache, dass sich die Regas-Unternehmer ebenfalls drei Mal mit dem Staatssekretär im Kanzleramt, Jörg Kukies, besprochen haben.

Es kam aber nur zu einem Gespräch mit dem für diese Energiefragen zuständigen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) – am 12. Mai 2023, bei einer Besprechung mit Landes- und Kommunalpolitikern.

06.07.2023, Mecklenburg-Vorpommern, Sassnitz-Mukran: Blick auf Logo des Hafen Mukran. Die Firmen Regas und Gascade planen ein Terminal für Flüssigerdgas (LNG) im Hafen Mukran auf der Insel Rügen.

© dpa/Stefan Sauer

Da hinter der Regas ein verschachteltes Konstrukt aus Gesellschaften steht, Wagner zuvor einen Investmentfonds mit Sitz auf den Cayman Islands betreut hat und die genaue Herkunft des bisher eingesetzten Kapitals von rund 100 Millionen Euro unklar ist, hat eine von dem Ostseebad Binz beauftragte Anwaltskanzlei nach „SZ“-Informationen bei der Staatsanwaltschaft Stralsund Strafanzeige „wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Geldwäsche“ gegen den Geschäftsführer der Regas gestellt.

Ebenso wurde am 20. Juli eine Meldung bei der für Geldwäsche zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls gemacht. Aber es gibt hierfür bisher keinerlei Beweise. Die Deutsche Regas weist die Vorwürfe strikt zurück.

Regas wirft Stadt Binz Schmutzkampagne vor

Das Unternehmen wirft der Stadt Binz eine Schmutz- und Desinformationskampagne vor. Die Stadt würde auch vor „öffentlicher Diskreditierung nicht mehr zurückschrecken“, wurde in einer Mitteilung des Unternehmens betont.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte der „SZ“: „Wir erwarten, dass das Unternehmen zur Aufklärung der derzeit erhobenen Vorwürfe beiträgt.“ Der CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer betonte: „Deutschland muss - schon wegen der Erfahrungen großer Unsicherheit bei der Gasversorgung - genau wissen, auf wen es sich im sensiblen Bereich der Energiesicherheit verlässt.“

Angesichts der Treffen von Bundeskanzler Scholz mit dem Unternehmen könne man erwarten, „dass die Bundesregierung genau über das Unternehmen sowie über die Finanzierung und Umsetzung des Projekts im Bilde ist“.

Aus Sicht von Scholz sind die beiden von der Deutschen Regas geplanten LNG-Terminals auf Rügen essenziell für die Energieversorgung, wegen der ausbleibenden russischen Gaslieferungen. Aber die Stadt Binz will – wegen Sorge um die Folgen für Tourismus und Umwelt und Zweifeln an den Betreibern – das Projekt stoppen, eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht ist in Vorbereitung.

Ebenso planen dies Umweltverbände. Im Januar 2023 wurde als erstes Projekt der Regas das Terminal in Lubmin eröffnet. Scholz pries bei der Eröffnung den Einsatz von Knabe und Wagner als neues „Deutschlandtempo“. Das schwimmende Terminal in Lubmin soll in den nächsten Monaten nach Mukran auf Rügen verlegt werden, wo mit einem weiteren Regasifizierungsschiff dann zwei große LNG-Terminals unweit der Strände des Ostseebads Binz betrieben werden sollen.

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