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„Enttäuschen Sie uns nicht“: Juso-Chef Türmer und Luisa Neubauer fordern von SPD Bohrstopp vor Borkum
Vor der Nordseeinsel soll mitten im Wattenmeer ein Gasfeld angebohrt werden. Nun machen Klimaschutzaktivisten und die eigene Parteijugend Druck auf die SPD.
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Vor dem sogenannten Klimadialog der SPD an diesem Dienstag in Berlin haben Klimaschutzaktivisten von Fridays for Future (FFF) und der Vorsitzende Jugendorganisation der SPD, Jusos, führende Sozialdemokraten aufgefordert, die geplante Gasförderung vor der Nordseeinsel Borkum zu verhindern.
„Jetzt ist der Moment, um zu zeigen, wie ernst Sie Ihre Bekenntnisse zum Klimaschutz wirklich meinen“, schrieben die FFF-Aktivistinnen Luisa Neubauer und Carla Reemtsma gemeinsam mit Juso-Chef Philipp Türmer in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, die beiden SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil sowie Generalsekretär Kevin Kühnert.
Vor der deutsch-niederländischen Nordseeküste will der Gaskonzern One-Dyas im Unesco-Welterbe Wattenmeer noch in diesem Jahr mit der Erdgasförderung beginnen. In den nächsten 18 Jahren zwischen 4,5 und 13 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert werden sollen. Zum Vergleich: 2023 wurden in Deutschland rund 81 Milliarden Kubikmeter Erdgas verbraucht.
Erst vor wenigen Wochen hatte das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), das zum niedersächsischen Wirtschaftsministerium gehört, die letzte nötige Genehmigung für die Erdgasförderung erteilt. Gerichte prüfen aktuell, ob dies rechtmäßig war.
Wenn die SPD es mit dem Klimaschutz ernst meint, muss sie den klimazerstörerischen Gasbohrungen vor Borkum jetzt eine endgültige Absage erteilen.
Die Autoren des Briefes, Luisa Neubauer, Carla Reemtsma und Philipp Türmer, appellieren an die SPD-Spitze.
Doch selbst mit der Genehmigung aus Niedersachsen bräuchte es noch ein nationales Abkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden. Diesen Vertrag solle die Ampel nicht aufsetzen, fordern nun FFF und die Jusos. „Ein neues Gasfeld, noch dazu in einem einzigartigen Naturschutzgebiet zu fördern, ist mit dem Anspruch, progressive Klimapolitik zu betreiben, unvereinbar“, heißt es in dem Brief, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.
Darin erinnern Türmer, Neubauer und Reemtsma die SPD-Spitze daran, dass Deutschland auf Weltklimakonferenzen den Ausstieg aus den fossilen Energien vorangetrieben habe. Zudem sei Scholz als „Kanzler für Klimaschutz“ in den Wahlkampf gezogen. „Wenn die SPD es mit dem Klimaschutz ernst meint, muss sie den klimazerstörerischen Gasbohrungen vor Borkum jetzt eine endgültige Absage erteilen“, forderten die Autoren des Briefes.
Sie warnten davor, die SPD verliere ihre Glaubwürdigkeit in Klimafragen, wenn sie dem Projekt zustimme. „Jetzt ist der Moment, in dem Sie zeigen können, dass die wohlklingenden Klimaschutzversprechungen aus dem Wahlkampf auch ernst gemeint sind“, heißt es weiter. Der Brief endet mit dem Appell: „Enttäuschen Sie uns nicht.“
Die Grünen sind gegen die Bohrung, die FDP dafür
Tatsächlich gibt es in der SPD bereits vereinzelte Kritik an dem Vorhaben: „Neue Gasförderungen sind der falsche Weg, zumal in Bezug auf Borkum mit Blick das Naturerbe Wattenmeer“, hatte etwa die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, vor zwei Wochen erklärt.
Auch die Grünen lehnen das Projekt inzwischen geschlossen ab. Es sei „nicht nötig“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck zuletzt. Umweltministerin Steffi Lemke sagte dem Tagesspiegel: „Das Wattenmeer ist ein weltweit einmaliges Juwel. Ich hoffe, dass die Förderung eines niederländischen Unternehmens dort nicht stattfinden wird.“
FDP und Union stehen dagegen hinter dem Vorhaben. „Fakt ist, wir müssen bei der Energieversorgung unabhängiger werden von anderen“, sagte etwa der CDU-Fraktionsvize Jens Spahn diesem Blatt. Und auch der Kanzler äußerte sich bislang zurückhaltend: „Es wäre sehr unwahrscheinlich anzunehmen, dass es nicht dazu kommt, dass das Projekt realisiert wird.“
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