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Die Reform der Erbschaftsteuer muss nun im Vermittlungsausschuss verhandelt werden.

© Jens Büttner/dpa

Bundesrat: Erbschaftsteuer bleibt Hängepartie

Den Bundestag hatte die Reform der Erbschaftsteuer schon passiert, doch der Bundesrat stoppte das Verfahren - nun muss der Vermittlungsausschuss ran.

Eigentlich hätte die die Reform der Erbschaftsteuer zum 30. Juni im Gesetzblatt stehen müssen. Aber nach der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch eine Mehrheit der Länder im Bundesrat geht die Partie eine Runde weiter. Der Bundestag hatte den Neuregelungen zugestimmt. Einige Monate dürften nach dem vorläufigen Stopp vom Freitag ins Land gehen, bis eine Regelung steht. Doch das Ergebnis, auf das sich die Koalitionsfraktionen nach einem aufreibenden Verhandlungsprozess geeinigt hatten, in dem vor allem der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) als Interessenvertreter der betroffenen Familienunternehmer auftrat, lehnten Länder mit grüner Regierungsbeteiligung ab. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der das Gesetz nicht rundweg ablehnt, machte nach der Abstimmung deutlich, dass die große Koalition nicht immer ohne Rücksicht auf die Stimmenmacht der Grünen in der Länderkammer handeln solle und sich früher um Zustimmung bemühen müsse.

Doch auch in der Sache gibt es Widerstand im Bundesrat gegen den schwarz-roten Kompromiss im Bundestag. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) machte deutlich, dass die Ländermehrheit das Ergebnis nicht für verfassungskonform halte. Das Verfassungsgericht hat im Dezember 2014 die Bedingungen für eine Steuerbefreiung von Unternehmenserben (Weiterführung des Betriebs und Erhalt der Arbeitsplätze) zwar grundsätzlich gebilligt, aber die Verschonung von besonders reichen Erben als nicht verfassungskonform bezeichnet – es sei denn, es wird nachgewiesen, dass es ein Bedürfnis zur Verschonung gibt. Laut Walter-Borjans hat der erste Entwurf aus dem Bundesfinanzministerium im Februar 2015 diese Vorgabe „mit Abstrichen“ erfüllt. „Übrig geblieben ist eine Hülle von akzeptabel klingenden Regelungen, die bei näherem Hinsehen ziemlich entkernt ist“, sagte Walter-Borjans. „Bei dem, was über die CSU daraus geworden ist, hat die Lobby ganze Arbeit geleistet.“ Unternehmenserben seien mithilfe von Steuerberatern auch weiterhin weitgehend von der Steuer befreit. „Nachdem das Bundesverfassungsgericht in den letzten 20 Jahren dem Gesetzgeber bereits dreimal die Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuergesetzes testiert hat, gibt es keinen Spielraum für neue Experimente“, sagte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) mit Blick auf die von der CSU eingebrachten Veränderungen.

"Verfassungsfeste Lösung"

Auch das schwarz-grün regierte Hessen rief den Vermittlungsausschuss an. Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sagte, es komme jetzt darauf an, sowohl eine verfassungsfeste Lösung zu bekommen als auch eine Regelung, die aufkommensneutral sei – also den Ländern, denen die Steuer zufließt, nicht mehr (oder weniger) Einkommen verschafft als die bisherigen vier bis sechs Milliarden Euro im Jahr.

Der Bundesrat hat keine konkreten Änderungswünsche formuliert, sondern will eine allgemeine Überarbeitung des Gesetzes. Die kritischen Punkte sind jedoch klar und in einem Beschluss des Finanzausschusses aufgelistet: So hält die Ländermehrheit die zinslose Stundung von Steuerschulden über zehn Jahre für zu weitgehend, zudem geht es um die Definition von begünstigtem Vermögen sowie um die Einrechnung von Privatvermögen und Altersrückstellungen.

Wie auch immer das Verfahren endet - ein großer Geldbringer wird die Erbschaftsteuer zunächst nicht sein. Denn im Vorgriff auf die neue Regelung wurden in den Jahren 2009 bis 2014 schon rund 170 Milliarden Euro an Betriebsvermögen ganz überwiegend als Schenkung steuerfrei (und auch völlig legal) übertragen. Berlin hat laut Kollatz-Ahnen im letzten Jahr ein Aufkommen in Höhe von knapp 440 Millionen Euro aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer erzielt.

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