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Ein zerfetztes Wahlplakat der AfD zur Kommunalwahl 2025 in NRW, überklebt mit Aufklebern mit der Aufschrift

© Imago/Guido Schiefer

Erlebt das Ruhrgebiet eine blaue Welle?: Die AfD kann bei NRW-Wahl auf Zugewinne hoffen

Am Sonntag dürfen 13 Millionen Menschen in NRW ihre Räte und (Ober-)Bürgermeister wählen. Es ist der erste Stimmungstest für Schwarz-Rot. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Stand:

Warum sind die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen so wichtig?
Wenn im bevölkerungsreichsten Bundesland die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen sind, ihre kommunalen Vertretungen und (Ober-)Bürgermeister zu wählen, geht es um die Verteilung tausender Mandate und vieler Ämter.

Städte und Gemeinde dürften in den kommenden Jahren mehr zu entscheiden haben, können sie doch von der 100-Milliarden-Euro-Finanzspritze des Bundes an die Länder teilhaben.

Inwieweit blickt die Bundespolitik auf den Wahlausgang?
Berlin schaut mit Argusaugen auf Nordrhein-Westfalen. Die Kommunalwahlen sind der erste Test für die schwarz-rote Bundesregierung, die seit Mai im Amt ist.

Zu Schalke gehts nach rechts – mit der AfD nach rechts.

© picture alliance/dpa/Christoph Reichwein

Landtagswahlen finden erst im kommenden Jahr statt, beginnend mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März 2026. Natürlich geht es bei den Wahlen offiziell um die lokalen Belange, doch der Bundestrend prägt derlei Wahlen. Sowohl Kanzler Friedrich Merz (CDU) als auch SPD-Co-Chefin Bärbel Bas dürften am Sonntagabend noch viel stärker als andere Spitzenpolitiker die Ergebnisse studieren – sie stammen nämlich beide aus NRW.

Wie könnte die Wahl ausgehen?
Das ist schwerer vorherzusehen als bei Landtags- oder Bundestagswahlen, haben viele Wählerinnen und Wähler doch mehr als nur zwei Stimmen. So stehen diverse Oberbürgermeister zur Wahl, neben Stadträten und Bezirksvertretungen.

Hinzu kommen Kreistage und Gemeinderäte. Nach einer Umfrage von Forsa für mehrere NRW-Zeitungen kann die CDU landesweit mit 32 Prozent der Stimmen rechnen. Die SPD käme demnach auf 22 Prozent, AfD und Grüne auf jeweils 14 Prozent, die Linke auf 6 Prozent, die FDP auf 3 Prozent, das BSW auf 2 Prozent und sonstige Parteien auf 7 Prozent.


Wie gingen die Wahlen 2020 aus?
Bei den Kommunalwahlen 2020 (kreisfreie Städte und Kreise) holte die CDU 34,3 Prozent, die SPD 23,4 Prozent, die Grünen 20 Prozent, die FDP 5,6 Prozent. Die AfD kam damals auf 5,1 Prozent, die Linke auf 3,8 Prozent, die Sonstigen 7,1 Prozent.

Wahlkampf im „Pott“: Die SPD-Vorsitzende Bärbel Bas im Gespräch mit Passanten.

© picture alliance/dpa/Henning Kaiser

Wo kann die AfD stark werden?
Viele Blicke dürften sich am Sonntag richten auf die Großstädte im Ruhrgebiet. In der einstigen Herzkammer der Sozialdemokratie fuhr die AfD schon bei der Bundestagswahl Rekord-Ergebnisse ein. Im früher roten Gelsenkirchen wurde sie sogar stärkste Partei. Auch in Duisburg, Essen und Dortmund schnitt die AfD sehr gut ab.

Wahlplakate zur Kommunalwahl in Essen, NRW.

© Imago/dts Nachrichtenagentur

Kann die AfD einen Oberbürgermeister-Posten gewinnen?
Eher unwahrscheinlich. In den meisten Städten dürfte es um die Posten des OBs einen zweiten Wahlgang geben, der für den 28. September terminiert ist. Das gilt für den Fall, dass kein Kandidat 50 Prozent oder mehr erzielt.

Für die AfD wäre es allerdings schon ein großer politischer Erfolg, wenn sie mit ihrem Kandidaten auf Rang 1 oder Rang 2 landet – und damit in die Stichwahl einzieht. Vor der Stichwahl dürften die unterlegenen Kandidaten aus der politischen Mitte für denjenigen werben, der oder die dann gegen den AfD-Kandidaten antreten wird.

Was passiert in Köln, der – nach Berlin, Hamburg und München – viertgrößten Stadt Deutschlands?
Klar ist: Köln bekommt ein neues Stadtoberhaupt. Henriette Reker (parteilos, für CDU) tritt nicht mehr an. Die aussichtsreichen Kandidaten in Köln (1,1 Millionen Einwohner) sind Torsten Burmester (SPD), Berivan Aymaz (Grüne) und Markus Greitemann (CDU). Der letzten Umfrage nach lag Burmester mit 15 Prozent vorn, vor Aymaz (13 Prozent) und Greitemann (11 Prozent).

Torsten Burmester, Kandidat der SPD für das Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Köln.

© IMAGO/Panama Pictures/Christoph Hardt

Welche Auswirkungen kann das Wahlergebnis für die NRW-Landtagswahl 2027 haben?
Schwer zu sagen. In NRW regieren CDU und Grüne mit Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) recht harmonisch, in den Umfragen zur Landtagswahl stehen beide Parteien vergleichsweise solide da.

Zuletzt sah Forsa die CDU bei 38 Prozent, die Grünen bei 13 Prozent. Das würde für eine Fortsetzung von Schwarz-Grün reichen. Die SPD, zuletzt bei nur noch 17 Prozent taxiert, kommt nicht von der Stelle. Unklar ist, wer sie als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen wird. Bärbel Bas, Bundesarbeitsministerin und Co-SPD-Chefin, dürfte dafür nicht bereit sein, heißt es in SPD-Kreisen. In der Partei gibt es Zweifel, ob Fraktionschef Jochen Ott ein geeigneter Kandidat wäre.

Was folgt für die Bundespolitik aus dem Ergebnis?
Beginnt am Montag der von Kanzler Merz versprochene „Herbst der Entscheidungen“, weil die nächsten Wahlen erst im März anstehen? Über das absehbar erfolgreiche Abschneiden der AfD dürften die Parteien ab Sonntagabend beraten. Angesichts dümpelnder Wirtschaft, steigender Arbeitslosigkeit und Haushaltslücken ab 2027 wird der Druck auf Schwarz-Rot, ein großes Reformwerk aufzulegen, steigen.

Vor dem Hintergrund der AfD-Stärke (und dem Umfragehoch der Linken) gibt es in Union wie SPD die Erwartung an die eigene Regierung, nun Handlungs- und Entscheidungskraft zu zeigen. Statt eines „Herbstes der Entscheidungen“ gebe es bisher nur einen „Herbst der Rhetorik“, heißt es selbstkritisch in der Koalition.

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