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Bundeskanzler Friedrich Merz und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj trafen sich am Montag mit weiteren europäischen Staats- und Regierungschefs.

© dpa/Michael Kappeler

Europäisches Papier nach Beratungen: Auch die Bundeswehr würde eine Waffenruhe in der Ukraine sichern

Die EU-Staaten wollen eine „multinationale Truppe“ stellen, um die Ukraine nach einem möglichen Friedensschluss mit Russland zu schützen. Das ist nur einer von mehreren wichtigen Punkten.

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Nach zweitägigen Marathonverhandlungen in Berlin soll Russland ein überarbeiteter 20-Punkte-Friedensplan für die Ukraine präsentiert werden. „Wir haben heute und gestern gemeinsame europäische, ukrainische und amerikanische Vorschläge erarbeitet“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am frühen Montagabend auf einer Pressekonferenz mit dem aus Kiew angereisten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: „Diese Vorschläge werden jetzt der russischen Seite unterbreitet.“

Aus Sicht des Kanzlers liegt es jetzt „nur noch an Russland, ob es gelingt, bis Weihnachten einen Waffenstillstand zu erzielen“. Nach der Verständigung mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump gebe es „vielleicht die größte Chance auf einen echten Friedensprozess“ seit Beginn der russischen Vollinvasion im Februar 2022. Merz sprach zwar von einem „zarten Pflänzchen“, doch „die Chance ist da“.

Er dankte der amerikanischen Delegation rund um den Sondergesandten Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner für „deren unermüdlichen Einsatz“, ohne die es „nicht diese positive Dynamik“ gäbe. Selenskyj sagte, man hätte sich eher verständigen können, wenn man zu einem früheren Zeitpunkt in einem solchen Format zusammengekommen wäre: „Ich bin sehr froh, dass wir gehört wurden.“

Unsere Partner sind bereit, uns Sicherheitsgarantien zu geben, die dem Artikel 5 der Nato-Partner entsprechen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj

Hauptgrund für die positiv verlaufenen Gespräche sind aus Sicht von Merz und Selenskyj die von den USA gemachten Beistandszusagen. „Unsere Partner sind bereit, uns Sicherheitsgarantien zu geben, die dem Artikel 5 der Nato-Partner entsprechen“, so Selenskyj. Diese Garantien in Form von „Rahmenverträgen“ müssten greifen, „bevor wir etwas auf dem Schlachtfeld unternehmen können“. Sowohl ein Niederlegen der Waffen wie auch mögliche Gebietsabtretungen hängen daran, ob sich die Ukraine vor möglichen Angriffen in der Zukunft geschützt sieht.

Zum amerikanischen Verhandlungsteam in Berlin gehörte auch der US-General Alexus Grynkewich, der in Personalunion Nato-Oberbefehlshaber und Kommandant des amerikanischen Europa-Hauptquartiers Eucom in Stuttgart ist. Dies war unter Beobachtern als Hinweis darauf gewertet worden, dass es zu sehr detaillierten Gesprächen über konkrete Sicherheitsgarantien für die Ukraine gekommen sein könnte. Zu den amerikanischen Zusagen gehört offenbar auch, die Einhaltung eines Waffenstillstandes zu überwachen.

Truppenzusage der Europäer am Abend

Bereits am Sonntagabend, nach der ersten fünfstündigen Gesprächsrunde mit Selenskyjs Team, hatte der US-Gesandte Witkoff von „großen Fortschritten“ gesprochen, die erzielt worden seien. Die Beratungen gingen am Montagvormittag weiter.

Am Abend sollte Witkoff zusammen mit Kushner an einem Arbeitsessen mit mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs teilnehmen und mit ihnen die Ergebnisse der Beratungen mit der Ukraine diskutieren. Wie es aus Washington hieß, sollte der US-Präsident selbst am Abend zu der Runde im Kanzleramt zugeschaltet werden.

Die europäischen Politiker, zu denen unter anderem der britische Premier Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Polens Regierungschef Donald Tusk zählten, veröffentlichten zudem eine gemeinsame Erklärung zur Unterstützung des ukrainischen Friedensprozesses. Sie erhält eine Reihe weiterer Details einer möglichen Einigung.

Im Zusammenhang mit den Sicherheitsgarantien wird der Ukraine darin amerikanische und europäische Unterstützung angeboten für ihre „Streitkräfte, die zu Friedenszeiten permanent eine Stärke von 800.000 Soldatinnen und Soldaten haben sollten, um die Abschreckung von Konflikten und die Verteidigung des Hoheitsgebiets der Ukraine zu ermöglichen“.

EU-Soldaten sollen „auch Operationen innerhalb der Ukraine“ ausführen

Vor allem kündigt die Erklärung jedoch „eine von Europa geführte, aus Beiträgen williger Nationen bestehende ,multinationale Truppe für die Ukraine’“ an, die von den Vereinigten Staaten unterstützt werde. Diese Truppe werde „bei der Regeneration der Streitkräfte der Ukraine, der Sicherung des Luftraums der Ukraine und der Gewährleistung sichererer Meere helfen, auch durch Operationen innerhalb der Ukraine“.

Eine Beteiligung der Bundeswehr hatte die Bundesregierung zwar nie ausgeschlossen. Sie hatte aber auch stets betont, eine solche Frage stehe noch nicht zur Entscheidung an.

Kanzler Merz betonte, die Amerikaner akzeptierten wie die Europäer auch, dass die Ukraine nach fast vier Jahren im vollen Kriegsmodus selbst entscheiden müssten, welche Zugeständnisse sie für einen Frieden auf dieser Grundlage mache.

„Ich bin nicht der Meinung, dass die USA etwas verlangt haben“, sagte auch Selenskyj auf die Frage nach einer Meldung, wonach die amerikanische Delegation von ihm die Aufgabe des ganzen Donbass gefordert habe – und damit auch Gebiete, die die ukrainische Armee verteidigt oder teilweise rückerobert hatte. So wie die „USA in ihrer Rolle als Vermittlerin“ auch über die russischen Forderungen gesprochen habe, würde er auch „durch sie den Russen unseren Standpunkt übermitteln“.

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