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Archivbild einer Katastrophenschutzübung in Berlin.

© dpa/dpaweb/Bernd settnik

Exklusiv

„Für militärischen Bündnisfall nicht aufgestellt“: Gesundheitspolitiker und Ärzte warnen vor maroden Kliniken

Selbst Bundeswehrkrankenhäuser sind nicht ausreichend vorbereitet, sagt Bayerns Ex-Gesundheitsminister. Ärztekammer und Regierungs-Experten warnen vor Cyber-Attacken.

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Die deutschen Krankenhäuser sind nicht auf einen Katastrophen- oder Kriegsfall vorbereitet. Müssten massenhaft Verletzte versorgt werden, drohten Personal- und Koordinierungsmängel, warnen langjährige Fachpolitiker und Top-Mediziner.

„Unsere Krankenhäuser stehen vor einer Zeitenwende und sind auf einen militärischen Bündnisfall nicht vorbereitet“, sagte Bayerns Ex-Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). „Das gilt auch für die Bundeswehrkrankenhäuser.“ Alles müsse auf Prüfstand, die neue Bundesregierung sich sofort der Resilienz der Kliniken widmen. Holetschek sagte das dem Verein „Gesundheitsstadt Berlin“.

Dass man auf mögliche Krisen nicht ausreichend vorbereitet sei, darunter militärische Konfrontationen, große Fluchtbewegungen, Cyberattacken oder Terroranschläge, schreibt auch der Expertenrat „Gesund­heit und Resilienz“, den Kanzler Olaf Scholz (SPD) im März eingesetzt hatte. Angenommen wurde dabei, dass es schon vor einem Nato-Bündnisfall zu Cyber-Sabotage der kritischen Infrastruktur kommt.

Im März 2025 treffen sich dazu Bundeswehroffiziere, Ärzte und IT-Experten in Berlin. Dabei wird es auch um die Erfahrungen aus der Pandemie gehen. „Das Kleeblattverfahren aus der Corona-Pandemie wird in einem Bündnisfall mit mehreren Hundert oder gar Tausend Verletzten pro Tag nicht funktionieren“, sagte Holetschek. „Die Patientenströme sind in einem solchen Fall um ein Vielfaches höher.“ Das Kleeblatt-Konzept gliedert Deutschland in fünf Regionen. Wenn in einer Region keine Krankenbetten mehr frei sein sollten, fragen Klinikleiter bundesweit nach Hilfe.

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Der Grünen-Politiker Thomas Götz, der Gesundheitsstaatssekretär in Berlin und Brandenburg war, sagte dem Tagesspiegel: Vielerorts seien die Abläufe im Ernstfall nicht eingespielt genug, es drohten Abspracheprobleme zwischen den Ländern und mit Bundesbehörden.

„Den deutschen Kliniken würde im Katastrophenfall zu oft Personal und vor allem digitale Abwehrfähigkeit fehlen“, sagte Peter Bobbert, Digitalisierungsexperte der Bundesärztekammer. „Viele Cyberattacken gelingen schon heute, ein orchestrierter Angriff auf die IT-Infrastruktur mehrerer Krankenhäuser wäre verheerend.“

In den vergangenen Wochen legten Hacker das IT-System der Berliner Johannesstift-Kliniken lahm. Es handelte sich wohl um Erpressung. Die Spuren führen unbestätigten Angaben zufolge nach Russland. In Sicherheitskreisen wird insbesondere ein möglicher Angriff auf das Baltikum durchgespielt. Das wäre ein Nato-Bündnisfall.

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