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Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Ansprache im Schloss Bellevue.

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Update

Antisemitismus bei Gaza-Demos: Gauck sichert Juden Beistand zu

Zahlreiche deutsche Politiker haben die bei pro-palästinensischen Demonstrationen gerufenen antisemitischen Äußerungen scharf kritisiert. Bundespräsident Joachim Gauck forderte in einer Ansprache Bürger zu mehr Zivilcourage auf.

Bundespräsident Joachim Gauck hat angesichts der jüngsten antisemitischen Parolen bei Kundgebungen gegen Israel mehr Zivilcourage verlangt. „Ich möchte alle Deutschen und alle Menschen, die hier leben, auffordern, immer dann ihre Stimme zu erheben, wenn es einen neuen Antisemitismus gibt, der sich auf den Straßen brüstet“, sagte Gauck am Mittwoch in Berlin.

Außerdem sicherte er den Juden in Deutschland Unterstützung zu. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, erklärte am Mittwoch, Gauck habe ihn angerufen „und der jüdischen Gemeinschaft mit sehr klaren Worten versichert, dass er in diesen Zeiten sehr nahe bei ihr ist und ihre Sorgen sehr ernst nimmt“. Dieses Engagement sei „dem Bundespräsidenten ausdrücklich Herzenssache, und er hat der jüdischen Gemeinschaft nachdrücklich seinen Beistand und seine Solidarität versichert“.

Das Staatsoberhaupt reagierte damit auf eine Vielzahl von judenfeindlichen Äußerungen, die es in den vergangenen Tagen bei Demonstration gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen gegeben hatte. Viele davon kamen aus dem Kreis von türkisch- oder arabisch-stämmigen Einwanderern. Dort ist die Empörung über jetzt schon mehr als 650 getötete Palästinenser besonders groß.

Merkel: "Angriff auf Freiheit und Toleranz"

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die antisemitischen Parolen bei den Gaza-Demonstrationen. Solche Äußerungen seien ein „Angriff auf Freiheit und Toleranz und der Versuch, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu erschüttern“, zitierte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch die Kanzlerin.

„Dies können und wollen wir nicht hinnehmen.“ Bei pro-palästinensischen Demonstrationen in Berlin, Frankfurt und anderen Städten waren Parolen wie „Jude, Jude, feiges Schwein - komm heraus und kämpf allein“ gerufen worden. Befürchtet wird, dass es in den nächsten Tagen auf bereits genehmigten Kundgebungen zu weiteren Schmähungen kommt. Die Polizei kündigte ein härteres Vorgehen an.

Merkel ließ zugleich versichern: „Wir werden weiter für die Sicherheit jüdischer Bürger eintreten.“ Die gesamte Bundesregierung freue sich über das „wiedererstarkte lebendige jüdische Leben“ in Deutschland. Weiter sagte Streiter: „Die Sicherheitsbehörden nehmen jeden Übergriff auf jüdische Einrichtungen und gegen Personen sehr ernst. Antisemitische Straftaten werden konsequent mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt.“ Zu Details wollte die Bundesregierung keine Stellung nehmen.

Innenminister Thomas de Maizière: Rote Linien überschritten

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte die Vorfälle zusammen mit seinen Kollegen aus Frankreich und Italien. „Antisemitische Hetze und Anfeindungen gegen Juden, Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens und Synagogen haben in unseren Gesellschaften keinen Platz“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Dienstag veröffentlicht wurde. „Nichts, einschließlich der dramatischen militärischen Konfrontation in Gaza, rechtfertigt ein solches Handeln bei uns in Europa.“

„Antisemitische Töne bei Demonstrationen in Deutschland dürfen wir nicht akzeptieren“, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in Berlin. „Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Dagegen kann man demonstrieren, die Art und Weise wie dies zurzeit geschieht, ist allerdings erschreckend.“ Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte den Sendern NDR Info und WDR 5 am Dienstag, bei den Demonstrationen der vergangenen Tage seien rote Linien überschritten worden.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte eine klare Antwort der Zivilgesellschaft auf antisemitische Ausfälle. „Jeder darf in Deutschland gegen die Politik der israelischen Regierung demonstrieren, genauso wie es erlaubt wäre, gegen die Hamas zu demonstrieren“, sagte der Vizekanzler am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Was in Deutschland absolut inakzeptabel und verboten ist, was wir unterbinden müssen, sind antijüdische Tiraden.“ Deswegen sei es wichtig, klarzumachen, „dass sich das Zentrum der Gesellschaft dagegen wehren muss, dass in Konfliktsituationen sich hier der Fanatismus, der Antisemitismus und das Menschenverachtende in Demonstrationen Bahn greift“, so Gabriel. (dpa)

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