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„Gewaltbereitschaft wächst stark“: Dobrindt warnt vor jugendlichen Extremisten – und fordert Ansprache und Aufklärung
Immer mehr junge Menschen radikalisieren sich und würden gefährlich, sagt der Bundesinnenminister. Der CSU-Politiker will lokale Initiativen dagegen – sieht aber auch Verantwortung beim Staat.
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Kurz vor der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichtes hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt vor einer wachsenden Gewaltbereitschaft jugendlicher Extremisten gewarnt. „Wir stellen in einem erhöhten Maße fest, dass sich junge Menschen radikalisieren. Die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen wächst stark in der rechtsextremen Szene“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Sicherheitsbehörden würden diesen Trend aber auch unter Linksextremisten und jungen Islamisten erkennen.
Verfassungsschützer sowie das Bundeskriminalamt (BKA) hatten jüngst ebenfalls vor einem Anwachsen krimineller rechtsradikaler Jugendszenen gewarnt. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dem entgegenzuwirken, sagte BKA-Präsident Holger Münch.
Extremisten identifizieren einen gemeinsamen Gegner, junge Rechtsextremisten inszenieren sich als Opfer einer fremden Bedrohung.
Alexander Dobrindt, Bundesinnenminister (CSU)
Extremistische Straftaten auf Rekordniveau
Am Dienstag stellt Dobrindt gemeinsam mit dem Vizepräsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen, den Jahresbericht für 2024 vor. Bereits Dobrindts Vorgängerin, Nancy Faeser (SPD), warnte im letzten Bericht insbesondere vor Bedrohungen durch Islamismus, Rechts- sowie Linksextremismus. Für das Jahr 2023 wurde ein neuer Höchststand von Straftaten mit extremistischem Hintergrund registriert: Die Zahl stieg um über 11 Prozent auf 39.433 Straftaten; sieben Prozent davon waren Gewalttaten.
Die Zunahme der politischen Gewalt ist aus Sicht des Innenministers „ein weiterer Hinweis dafür, dass es einen Störmechanismus in der Gesellschaft gibt“.
Zum einen sieht der CSU-Politiker den Staat in der Verantwortung. Dieser sei gefordert, einer Radikalisierung „mit Ansprache und Aufklärung“ entgegenzutreten – sowie indem die Regierung die Probleme der jungen Menschen angehe. „Extremisten identifizieren einen gemeinsamen Gegner, junge Rechtsextremisten inszenieren sich als Opfer einer fremden Bedrohung“, sagte er. Daraus entstehe dann „Kampf und Aggression gegen diese vermeintliche Gefahr, die immer stärker auch über soziale Plattformen und Kanäle im Internet betrieben werden“.
Zum anderen müsse politisch motivierter Gewalt vor Ort vorgebeugt werden. „Aufklärung gegen diese extreme Propaganda können vor allem Netzwerke vor Ort in den Städten und Kommunen leisten, etwa an Schulen, in Vereinen oder Jugendtreffs“, erläuterte der Minister. Die Menschen in den lokalen Institutionen hätten die „beste Sensorik dafür, wenn sich ein Jugendlicher radikalisiert. Und sie haben im besten Fall den direktesten Einfluss auf die Person“.
Die Bundesschülerkonferenz forderte unterdessen die Politik auf, mehr gegen rechte Gewalt an Schulen zu tun. „Von der neuen Bundesregierung erwarten wir keine symbolischen Schulbesuche oder bloße Lippenbekenntnisse, sondern entschlossene Taten“, sagte ihr Generalsekretär Quentin Gärtner dem Nachrichtenportal „Web.de“. Erforderlich seien etwa „Pflichtbesuche in Gedenkstätten, nicht als nette Projektidee, sondern als unverhandelbares Bildungsziel“.
Zuletzt hatten die deutschen Sicherheitsbehörden einen deutlichen Anstieg rechtsextrem motivierter Straftaten insgesamt festgestellt.
Ende Mai hatte die Bundesanwaltschaft fünf sehr junge Menschen festnehmen lassen, die zu einer rechten Terrorzelle gehören sollen. Die Mitglieder der rechtsextremistischen Gruppe „Letzte Verteidigungswelle“ im Alter von 14 bis 21 Jahren sollen Anschläge auf Geflüchtete und politisch Andersdenkende geplant und teilweise schon Brandanschläge verübt haben. Ihr Ziel war den Ermittlern zufolge, durch Gewalttaten das demokratische System zusammenbrechen zu lassen.
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