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Polizisten der Bundespolizei kontrollieren an der Grenze zu Belgien einreisende Fahrzeuge.

© dpa/Roberto Pfeil

Grenzkontrollen im Westen – bloße Symbolpolitik?: „Hier werden unsere Nachbarinnen und Nachbarn kontrolliert“

Seit einem Monat gelten die zusätzlichen Grenzkontrollen im Westen und Norden Deutschlands. Die Bundespolizei kann vereinzelt Schlepper aufgreifen. Aber in den betroffenen Regionen wächst die Kritik.

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Neulich geriet der frühere CDU-Chef Armin Laschet in der Eifel in eine Grenzkontrolle. Als der ehemalige Kanzlerkandidat der Union auf dem Weg von seiner Heimatstadt Aachen zum Europarat in Straßburg war, wurde er an der belgischen Grenze gestoppt. Ob die seit einem Monat geltenden Kontrollen an den Grenzen zu Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden überhaupt sinnvoll sind, ist umstritten.

Seit dem 16. September wurden die zusätzlichen stichpunktartigen Kontrollen an den deutschen Landgrenzen ausgeweitet. Die zusätzlichen Kontrollen, die auch an Übergängen zu Dänemark gelten, sind eine Folge der politischen Diskussion um das Attentat von Solingen. Dort tötete ein mutmaßlich islamistischer Attentäter aus Syrien am 23. August dieses Jahres drei Menschen. Für das Asylverfahren des Mannes wäre in der EU eigentlich Bulgarien zuständig gewesen.

Der nun selbst kontrollierte Laschet ist allerdings skeptisch, ob die zusätzlichen Stichproben zur Gefahrenabwehr taugen. „Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass die Kontrollen an den westlichen Landesgrenzen eine große Wirkung haben werden“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Tagesspiegel. „Mir ist das Europa der offenen Grenzen sehr wichtig. Deshalb dürfen die Kontrollen nur vorübergehenden Charakter haben“, verlangte er.

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Damit stellte sich der CDU-Politiker hinter die EU-Kommission, aus deren Sicht Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums eine „absolute Ausnahme“ bleiben müssen. Die zusätzlichen Grenz-Checks im Westen der Republik sollen zunächst bis zum 15. März 2025 befristet sein. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sie anschließend verlängert werden.

„Es ist viel Symbolpolitik dabei, denn die Kontrollpunkte können leicht umfahren werden“, meinte Laschet zur Wirksamkeit der stichprobenartigen Überprüfung von Fahrzeugen im Westen und Norden Deutschlands, die seinerzeit von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verfügt worden war. Ähnlich hatte sich auch schon die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geäußert. Der GdP-Vorsitzende für den Bezirk Bundespolizei, Andreas Roßkopf, hatte erklärt, dass nur verhältnismäßig wenige Schleuser aufgegriffen worden seien.

Zusammengewachsene Region. In der zurückliegenden Woche besuchte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (vorn) gemeinsam mit König Willem-Alexander die niederländische Gemeinde Dinkelland. 

© IMAGO/NL Beeld/imago

Zuletzt hatte die Bundespolizei in der zweiten September-Hälfte an der Grenze zwischen Niedersachsen und den Niederlanden 73 unerlaubte Einreisen registriert. Zudem seien 50 Menschen an der Grenze zurückgewiesen worden. Auch wenn vier Schleuser und acht geschleuste Menschen in die Kontrollen gerieten, gehören Niedersachsen und die Niederlande nach den Angaben der Bundespolizei nicht zu den klassischen Flüchtlingsrouten.

Selbst während der Corona-Pandemie war die Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden offen geblieben. Dass es hier nun nach dem Attentat von Solingen erstmals Kontrollen gibt, hält der niederländische Europaabgeordnete Dirk Gotink für gerechtfertigt. „Deutschland möchte die Migration endlich in den Griff bekommen, und wir wollen das auch“, sagte Gotink, der die Partei „Nieuw Sociaal Contract“ im Straßburger Parlament vertritt. Die Partei ist in der neuen rechtsgerichteten niederländischen Regierungskoalition unter Premierminister Dick Schoof vertreten.

Nach der Ansicht des Niederländers Gotink könnten die Kontrollen helfen, „Schleuser zu fassen, Routen zu kartieren und letztlich auch zu sehen, wer in unser Land kommt“. Aber viel wichtiger sei es, dass die Außengrenzen der EU gestärkt würden, schränkte er aber ein. „Nur so werden wir die illegale Migration nach Europa tatsächlich stoppen.“

Auch viele Franzosen leben im Einzugsgebiet von Saarbrücken. Das Foto zeigt den Rangierbahnhof der Saar-Metropole.

© imago/Becker&Bredel/bub

Unterdessen wächst die Kritik in den von den Kontrollen im Westen betroffenen Regionen. Der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) forderte, dass die Einschränkungen für Pendlerinnen und Pendler möglichst gering gehalten werden „und die Grenzkontrollen so organisiert sind, dass sie für die Menschen, die im Großraum Saarbrücken leben, keine Belastung darstellen“. Wie Conradt dem Tagesspiegel weiter sagte, zeige die Praxis allerdings, dass bereits zahlreiche französische Bürgerinnen und Bürger kontrolliert worden seien. Die Betroffenen seien „natürlich verärgert und unzufrieden mit dieser Situation“, so Conradt.

Der Saarbrücker Oberbürgermeister beklagte weiter: „Hier werden unsere Nachbarinnen und Nachbarn kontrolliert, die – wie sie es gewohnt sind – zum Einkaufen oder Arbeiten zu uns kommen.“ Die Grenze existiere für die Pendler eigentlich nicht. „Für viele französische Menschen ist klar: Wenn sie sagen, sie fahren in die Stadt, dann meinen sie Saarbrücken.“

Wenn von insgesamt 13 Grenzübergängen im Saarland in der Regel nur an einem stichprobenartig kontrolliert werde, dann sei das „eine Maßnahme mit Symbolwirkung“, kritisierte er. Dass das Thema Migration diskutiert werden müsse, stehe zwar außer Frage, sagte der CDU-Politiker weiter. Das gemeinsame europäische Ziel müsse aber darin bestehen, gemeinschaftlich die EU-Außengrenzen besser zu schützen. „Einen deutschen Alleingang bei Grenzkontrollen halte ich für den falschen Weg“, gab Conradt zu bedenken.

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