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Sie stellten die Agenda zur Energiewende vor: Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter, Parteivorsitzende Simone Peter, die Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz Eveline Lemke, und der Umweltminister von Nordrhein-Westfalen Johannes Remmel (von links).

© dpa

Erster im Hase-und-Igel-Wettlauf: Grüne legen Angebot zur Energiewende vor

Die Grünen haben ihre Vorstellungen von der Energiewende formuliert - als erste, wie sie betonen. Und sie bieten der großen Koalition einen "Energiewende-Pakt" an. Welche Chancen hat der Vorstoß?

Von Matthias Schlegel

Der Anspruch ist hoch, der Ton versöhnlich: Es sei der erste Vorschlag zur Gestaltungsaufgabe Energiewende, sagte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel. Und: Man gebe damit die Richtung vor. Die Grünen waren also schneller als die Bundesregierung – Energiewende-Minister Sigmar Gabriel will seine Eckpunkte erst in der nächsten Woche in Meseberg vorstellen.
Das Wort Angebot kam bei der Pressekonferenz am Freitag mit dem Grünen- Fraktionschef im Bundestag Anton Hofreiter, der Grünen-Vorsitzenden Simone Peter, der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke und dem NRW-Mann Remmel wohl noch öfter vor als der Begriff Forderung. Zunächst einmal haben sich die Grünen mit ihrer „Energiewendeagenda 2020“ selbst versöhnt. Dass die mittlerweile sieben grünen Landesminister, die für Umwelt und Energie zuständig sind, mit der Bundestagsfraktion und der Parteispitze einen Konsens erzielt haben, ist eine bemerkenswerte Vorleistung. Denn Länderinteressen sind wegen der unterschiedlichen geografischen Bedingungen zwischen Nord und Süd gerade beim Thema erneuerbare Energien stark ausgeprägt.

Auch wenn sie ihr 14-seitiges Papier als Angebot an die Bundesregierung verstehen, machte Hofreiter kein Hehl daraus, dass sich die Koalition bewegen müsse – nämlich weg von ihrem Koalitionsvertrag. Gemeint ist damit vor allem: weg von der Kohleverstromung. Die hohen Steigerungsraten dieser Art der Stromerzeugung seien „absurd“, sagte Hofreiter. Das Stromvermarktungssystem müsse so verändert werden, dass die „Schieflagen“, die durch den Kohlestromhandel entstünden, beseitigt würden, meinte Peter. Die Grünen weisen auch das Vorhaben der großen Koalition zurück, den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu deckeln. Sie plädieren für eine Verdoppelung des Ökostromanteils bis 2020. Außerdem streben sie an, dass die Rabatte für die Industrie, also die Ausnahmen bei der Zahlung der Ökostromumlage, drastisch verringert werden. Die Grünen wollen sie um vier Milliarden absenken, indem sie sie nur noch Unternehmen zubilligen wollen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Die dadurch erzielten Einnahmen sollen dazu beitragen, die Bürger von der EEG-Umlage zu entlasten. Allerdings wollte NRW-Minister Remmel nicht garantieren, dass die EEG-Umlage in der Zukunft nicht mehr steigen wird. Die Bundesregierung wird sich in der Frage der Ökostromrabatte ohnehin bewegen müssen, weil die EU-Kommission ein Beihilfeverfahren angekündigt hat, das prüfen soll, ob das Wettbewerbsrecht verletzt ist. Weil durch das massive Überangebot an CO2-Verschmutzungsrechten im Emissionshandel deren Preis auf unter fünf Euro gefallen sei und dadurch Anreize für zwingend erforderliche Klimaschutzinvestitionen ausblieben, müssen nach Ansicht der Grünen zwei Milliarden CO2-Zertifikate dauerhaft vom Netz genommen werden. Nur durch höhere Preise für die Verschmutzungsrechte werde der Anreiz geschmälert, klimaschädliche Braunkohle zu verstromen. Und dann könnten auch moderne Gaskraftwerke wieder wirtschaftlicher betrieben werden. Beim weiteren Ausbau des Ökostromanteils setzten die Grünen „auf eine Preis- und nicht auf eine Mengensteuerung“, sagte Eveline Lemke. Die Partei fordert, die „Überförderung“ an windstarken Standorten zu beenden. Zugleich lehnt sie die Pläne von Union und SPD ab, nur noch Windräder zu fördern, die 75 Prozent des Ertrags der windstärksten Standorte schaffen. Dadurch würde die Windkraftnutzung im Süden abgewürgt, befürchten sie.

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