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Ampel-Selfie - zum Start war die Welt für die Koalition aus SPD, Grünen und FDP noch in Ordnung.

© twitter/larsklingbeil

Heizungs- und Gebäudepolitik: Energieberater wünschen sich die Ampel-Regierung zurück

Mit dem Heizungsgesetz brachte die Ampel die Bevölkerung gegen sich auf. Die Branche sieht inzwischen das Vorgehen von Union und SPD noch kritischer.

Stand:

Kaum ein Gesetz hat die Bundesrepublik in den vergangenen Jahren so sehr beschäftigt wie das Gebäudeenergiegesetz, mit dem die Ampel den Einbau klimafreundlicher Heizungen vorantreiben wollte. Doch die Wut im Land war groß und so steht unter Schwarz-Rot inzwischen nicht mehr nur das Heizungsgesetz zur Debatte.

Die Bauministerinnen und Bauminister der Länder haben die Bundesregierung unlängst dazu aufgefordert, künftig alle europäischen Regelungen abzulehnen, die sich nachteilig aufs Bauen und Wohnen auswirken. Konkret geht es um eine EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die auf EU-Ebene bereits 2024 verabschiedet wurde, in Deutschland aber noch nicht in nationales Recht angepasst wurde. Die Bauminister wollen das weiter verzögern.

In der Branche kommt das Agieren schlecht an. Laut einer Umfrage unter Energieberatern in Deutschland, die im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle durchgeführt wurde und die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, sehen die Experten vor allem im Bereich Gebäudehülle (90 Prozent) und beim Thema Heizung (73,5 Prozent) am meisten Nachholbedarf.

64
Prozent der befragten Energieberater sind unzufrieden mit Schwarz-Rot.

Insgesamt sehen die Experten die Gebäudeenergie-Politik der neuen Bundesregierung überwiegend schlecht (39 Prozent) oder sehr schlecht (25 Prozent).

Damit schneidet Schwarz-Rot in der Bewertung der Energieberater schlechter ab als die Ampel-Regierung. Deren Arbeit in Sachen Heizungs- und Gebäudepolitik bewerten die Experten im Nachhinein zu 46 Prozent als gut, sieben Prozent halten das Agieren von SPD, Grünen und FDP sogar für sehr gut.

Benjamin Weismann vom Energieberatendenverband GIH forderte angesichts der Zahlen verlässliche politische Rahmenbedingungen. „In der Gebäudeenergie-Politik braucht es jetzt entschlossenes, zukunftsorientiertes Handeln“, sagte Weismann. Er sprach sich für ein modernes Gebäudeenergiegesetz aus, „das neben erneuerbaren Energien konsequent auf Energieeffizienz setzt“.

Das Heizungsgesetz kommt in den Koalitionsausschuss

Doch Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag ein anderes Ziel formuliert: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“, heißt es dort. Was damit gemeint ist, war Beobachtern lange unklar. Würde das Gebäudeenergiegesetz abgeschafft, würde Deutschland wohl seine Klimaziele verfehlen. Schließlich ist der Gebäudesektor für rund 30 Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland verantwortlich.

Tatsächlich will vor allem die Union nur eine Reform, das Gesetz soll technologieoffener werden. Die Vorgabe, wonach 65 Prozent der Heizung klimaneutral betrieben werden sollen, hält man bei CDU und CSU für „willkürlich“. „Es wäre gut, wenn wir jetzt sehr schnell zu einer Einigung kommen“, sagt Steffen Bilger, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, unlängst. Zudem forderte er, die Förderung neu aufzustellen.

Am Donnerstagabend könnten die Spitzen von Union und SPD darüber im Koalitionsausschuss beraten. In der Branche hofft man weiter auf ein Umdenken. „Energieeffizienz im Gebäudebestand ist und bleibt von besonderer Bedeutung“, sagte Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle. „Nur so können Immobilien in Deutschland in eine wirtschaftliche und klimaneutrale Zukunft geführt werden.“

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