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„Herbst der Entscheidungen“: Lindner sieht Ampel vor großer Bewährung – und droht indirekt mit Koalitionsbruch
Noch ein Jahr hat das Bündnis aus SPD, Grünen und Liberalen regulär vor sich. Für den FDP-Chef ist die Regierung aber akut unter Handlungsdruck – das gelte für Wirtschaftsfragen und die Migration.
Stand:
Haushalt, Bürgergeld, Asylpolitik – die Ampelkoalition streitet immer wieder über wichtige Themen. Die Außenwahrnehmung der Regierung aus SPD, Grünen und FDP ist miserabel, die Umfragewerte sind im Keller. Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht daher eine Reihe von Fragen und Zielen für das Bündnis. Es sei der „Herbst der Entscheidungen“, sagte der FDP-Chef der „Rheinischen Post“.
Lindner präzisierte: „Setzen wir die Wachstumsinitiative ambitioniert um, damit wir eine Wirtschaftswende bekommen? Verständigen wir uns auf einen Bundeshaushalt, der Bildung, Investitionen und Sicherheit stärkt, aber zugleich die Steuerlast für die Bürger senkt und die Schuldenbremse einhält? Erreichen wir mehr Kontrolle und Konsequenz bei der Migrationspolitik und überwinden wir dafür Denkverbote?“
Manchmal bedeutet Mut aber auch, ins Risiko zu gehen, um neue politische Dynamik zu schaffen.
Christian Lindner, FDP-Chef und Bundesfinanzminister
Auf die Frage, ob die FDP in einer ähnlichen Situation wie 1982 sei, als die sozialliberale Koalition von Bundeskanzler Helmut Schmidt auseinanderbrach, sagte Lindner: „Auch in meiner Generation haben wir den Mut, für unsere Überzeugungen einzutreten.“ „Manchmal bedeutet Mut, trotz Kontroversen in einer Koalition zu bleiben, weil Stabilität wichtig ist und noch Gutes bewirkt werden kann. Manchmal bedeutet Mut aber auch, ins Risiko zu gehen, um neue politische Dynamik zu schaffen.“
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Mit Blick auf die Migrationsdebatte fordert Lindner weitere Schritte zur Senkung der Asylbewerber-Zahlen in Deutschland. „Wir haben schon einiges erreicht, etwa das neue EU-Asylsystem, die Bezahlkarte für Asylbewerber, die komplette Streichung der Sozialleistungen für Dublin-Flüchtlinge oder die Grenzkontrollen. Aber weitere Schritte müssen folgen.“
Lindner verwies auf den Vorschlag seines Parteikollegen, Justizminister Marco Buschmann, modellhaft eine Form der Zurückweisung an deutschen Grenzen einzuführen. „Zudem muss alles diskutiert werden, was die Magnetwirkung des deutschen Sozialstaats reduziert.“ So werde der Regelsatz der Grundsicherung für Asylbewerber kommendes Jahr um 13 bis 19 Euro monatlich gesenkt, da die Inflation niedriger sei als erwartet.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sieht in der mühsam ausgehandelten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zwar einen „echten Meilenstein“ für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen und eine wirksame Begrenzung der irregulären Migration nach Deutschland, sagte der SPD-Politiker dem Blatt.
Bis zur vollständigen Umsetzung in der EU dauere es aber bis Mitte 2026. „Ich begrüße daher grundsätzlich die Idee, Maßnahmen im Rahmen des europarechtlich Umsetzbaren vorzuziehen und national zu regeln“, sagte Wiese. Dazu könnten auch Regelungen gehören wie ein beschleunigtes Grenzverfahren an deutschen Flughäfen für Menschen mit einer geringen Schutzquote.
Lindner bestätigte zudem, das geplante Tariftreuegesetz von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil zu blockieren. „Das Gesetz ist schlicht innerhalb der Bundesregierung nicht fertig“, sagte er weiter. „Es ist klar auch im Koalitionsvertrag verabredet, dass damit keine neuen bürokratischen Hürden verbunden sein dürfen.“ Außerdem müsse ein solches Gesetz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer funktionieren.
Dem Gesetzentwurf zufolge soll der Bund nur noch Aufträge an Unternehmen vergeben, die ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen. Die Arbeitgeber hatten dies kritisiert.
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