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„Wir haben aus einem Fehler gelernt“: Lindner verteidigt Haushaltsentwurf im Bundestag als „rechtssicher“
Mühsam haben die Ampel-Spitzen einen umstrittenen Kompromiss im Etatstreit ausgehandelt. Nun musste Finanzminister Christian Lindner vor der Opposition dafür geradestehen.
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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Dienstag im Bundestag den auch in der Ampel-Regierung umstrittenen Haushaltsentwurf für 2025 verteidigt.
„Das war kein Selbstläufer“, sagte der FDP-Chef am Dienstag zum Auftakt der Haushaltswoche im Parlament. Die Koalition habe ökonomische, rechtliche und auch politische Grenzen gesehen. Doch, so betonte Lindner, „solange es möglich ist, sich zu einigen, ist es nötig, sich zu einigen“.
Trotz der schwierigen Ausgangslage seien umfassende Entlastungen und Leistungsverbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger gelungen, sagte der Finanzminister. Im Etat 2025 sind unter anderem mehr Kindergeld und höhere steuerliche Freibeträge vorgesehen.
Solange es möglich ist, sich zu einigen, ist es nötig, sich zu einigen.
Christian Lindner, Bundesfinanzminister
Der Staat verzichtet laut Lindner auf Einnahmen, um die Kaufkraft der Bürger zu stärken und private Investitionen zu erleichtern. Lindner verwies auf die „ausgeprägte Wachstumsschwäche“ der deutschen Wirtschaft. Die Bundesregierung halte mit Rekord-Investitionen dagegen.
Der Entwurf sei rechtssicher. „Wir haben aus einem Fehler gelernt“, sagte Lindner. Lindner widersprach damit Vorwürfen aus der Union, der Haushalt sei womöglich nicht verfassungskonform.
Union kritisiert Haushaltsentwurf als „maximal unrealistisch“
Die Union bezeichnete den Haushaltsentwurf als verantwortungslos. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sagte im Bundestag, der Entwurf sei „maximal unrealistisch“ und unehrlich. „Kein Haushaltsentwurf hat bisher in so umfassendem Umfang ungedeckte Positionen enthalten.“
Es sei sicher davon auszugehen, dass der Bundesregierung im Laufe des nächsten Jahres das Geld ausgehen werde. Die Koalition plane nur bis zum 28. September – an diesem Tag ist im kommenden Jahr die Bundestagswahl. Danach werde es wieder einen Nachtragshaushalt geben müssen.
Middelberg verwies zum Beispiel auf die geplante sogenannte globale Minderausgabe von zwölf Milliarden Euro. Damit wettet die Bundesregierung, dass die Ministerien zwölf der ihnen zustehenden Milliarden ohnehin nicht ausgeben werden, etwa weil sich Projekte verzögern oder Fördergelder nicht abgerufen werden. Diese Summe ist ungewöhnlich hoch.
Auch am Dienstag im Bundestag ging Lindner nochmals darauf ein. „Trotz aller Bemühungen“ sei noch eine sogenannte globale Minderausgabe von zwölf Milliarden Euro im Etatentwurf für 2025 eingeplant, sagte er am Dienstag im Bundestag. Diese habe die Regierung noch nicht so reduzieren können, „wie wir es uns vorgenommen haben“.

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Die Bundesregierung unterstelle zudem wegen der geplanten Wachstumsinitiative Steuermehreinnahmen von sechs Milliarden Euro, sagte CDU-Politiker Middelberg. Allerdings sei bisher nur ein kleinerer Teil der Maßnahmen überhaupt durchs Kabinett gebracht worden.
Middelberg sagte weiter, der Haushalt sei wieder an der „Grenze der Verfassungsgemäßheit“. Die Regierung bringe Rückzahlungen von kreditfinanzierten Corona-Hilfen in den allgemeinen Haushalt ein. Das rieche ganz gewaltig nach genau der Umwidmung von Corona-Geldern, die das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil einkassiert habe.
Der AfD-Haushälter Peter Boehringer warf der Bundesregierung ebenfalls Tricksereien und Luftbuchungen vor. In Einzeletats steckten weitere globale Minderausgaben von insgesamt 27 Milliarden Euro. „Das ist unseriös.“
Haushalt sieht Ausgaben von fast 490 Milliarden Euro vor
Das mühsam von den Ampel-Spitzen ausgehandelte Zahlenwerk sieht Ausgaben von fast 490 Milliarden Euro vor – deutlich mehr als in diesem Jahr. Mehr als ein Zehntel davon – genauer 51,3 Milliarden – soll aus Krediten stammen. Damit würde die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten, die bei schlechter Konjunktur in begrenztem Umfang neue Schulden erlaubt.
Trotzdem gibt es besagte Zweifel, ob der Etatentwurf verfassungskonform ist. Denn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Lindner konnten sich bis zum Schluss nicht darauf einigen, wie alle Finanzierungslücken gestopft werden sollen. Genau deshalb haben sie die mit zwölf Milliarden Euro sehr hohe globale Minderausgabe eingeplant, die noch gedrückt werden soll.
Das zu schaffen, liegt bei den Haushältern im Parlament. Zuvor werden bis Freitag in erster Lesung die Haushaltspläne der einzelnen Ressorts beraten. Am Mittwoch kommt es zur traditionellen Generaldebatte zur Politik der Bundesregierung, bei der auch Kanzler Scholz das Wort ergreifen wird.
Lindner erklärte außerdem am Dienstag, dass er auch 2026 mit einer Nullrunde beim Bürgergeld rechnet. Es gebe mittlerweile mehr Arbeitsanreize, weil die Sozialausgaben nicht immer weiter stark steigen dürften, sagte der FDP-Vorsitzende. „Daher wird es im kommenden Jahr und wohl auch 2026 aufgrund der zum Glück zurückgegangenen Inflation auch keine Erhöhung des Bürgergeldes geben.“ Dies werde den Anstieg der Sozialausgaben bremsen.
Für 2025 hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits für die etwa 5,5 Millionen Erwachsenen und Kinder im Bürgergeld eine Nullrunde angekündigt. Zuletzt waren die staatlichen Hilfen aber deutlicher gestiegen als die damals erwartete Inflation. Im Jahr 2023 wurden die monatlichen Zahlungen zum Lebensunterhalt um 53 Euro erhöht, in diesem Jahr um 61 Euro. (Tsp, dpa, Reuters)
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