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Hohes Interesse und wenig Begeisterung für Merz: So blicken die Tagesspiegel-Leser auf die Wahl
Die Bundestagswahl beschäftigt die Deutschen diesmal besonders stark. Das zeigt auch eine Umfrage auf Tagesspiegel.de. Den mutmaßlichen Wahlsieger finden nur wenige sympathisch.
Stand:
Die Bundestagswahl beschäftigt die Bürger diesmal mehr als bei der vergangenen Wahl vor dreieinhalb Jahren. Das geht aus Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen hervor. 87 Prozent der Befragten gaben an, sie interessieren sich stark oder sogar sehr stark für die anstehende Wahl. Im September 2021 waren es 76 Prozent.
Zur Begründung verweist Matthias Jung, Chef der Forschungsgruppe Wahlen, auf die Unzufriedenheit mit der Ampel-Koalition und der Kontroverse um die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und AfD im Bundestag.
Die Bürger wollen auch mehr als sonst wissen, wie sich die Parteien in Sachfragen positionieren. Am Dienstag teilte die Bundeszentrale für politische Bildung mit, dass der Wahl-O-Mat zu diesem Zeitpunkt bereits 21,5 Millionen Mal benutzt worden war. Ein neuer Rekord.
Das hohe Interesse an der Bundestagswahl zeigt sich auch in einer Umfrage unter den Nutzern von Tagesspiegel.de. Danach gefragt, wie sehr sie ihre Wahlentscheidung beschäftigt, antworteten die Teilnehmer im Durchschnitt mit 18,2 Punkten. Auf einer Skala von 0 bis 25 Punkten.
Die Befragung ist nicht repräsentativ. Bis Donnerstagnachmittag haben 11.596 Menschen teilgenommen, von denen 6084 alle Fragen beantworteten.
Wenig Reformlust bei den Nutzern
In der Umfrage zeigt sich zugleich eine recht geringe Zustimmung für grundlegende Reformen, die derzeit im Wahlkampf diskutiert werden. So sind nur 31 Prozent der Befragten für eine Senkung der Unternehmenssteuern, wie sie etwa Union und FDP fordern. Aber auch SPD und Grüne sprechen sich für Steuervorteile für Unternehmen bei Investitionen aus.
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Für eine aktienbasierte Rente, wie sie etwa Grüne und FDP als Ergänzung zum umlagefinanzierten System fordern, sind nur 32 Prozent der Befragten. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht wollen nur 37 Prozent. Sie wird in diesen Tagen intensiv diskutiert, weil zunehmend unsicher erscheint, ob die USA Europa bei einem etwaigen Angriff durch Russland verteidigen würden.
Nur eine knappe Mehrheit von 53 Prozent ist für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Eine Reform der Schuldenbremse befürworten 57 Prozent und 58 Prozent sind für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
Bei der zentralen Frage dieses Wahlkampfs – der inneren Sicherheit – trauen die Teilnehmer den drei wichtigsten Parteien der demokratischen Mitte nur wenig zu. Auf einer Skala von 0 bis 10 sehen die Befragten bei der CDU nur eine Lösungskompetenz von 4,5, bei der SPD sind es 3,7 und bei den Grünen nur 3,2.
Teilnehmer wollen mehr Geld für Bildung
Danach gefragt, für welche Politikfelder die nächste Regierung mehr Geld ausgeben sollte, zeigt sich ein interessantes Bild. 87 Prozent wünschen sich mehr Investitionen in Bildung. Das Thema spielte im Wahlkampf bisher kaum eine Rolle. Für innere Sicherheit wünschen sich 60,5 Prozent mehr Investitionen. Für mehr Nahverkehr 58,6, während für mehr Fernzug-Verbindungen nur 39,4 Prozent einen hohen Investitionsbedarf sehen.
Vergleichsweise wenig Investitionsbedarf sehen die Befragten auch bei der Rente (43 Prozent), bei der Integration (42,7) und bei Klimaschutz-Maßnahmen (39,1).
Nur 3,7 Prozent attestieren Merz Humor
In der Umfrage sollten die Teilnehmer zugleich ein Urteil darüber abgeben, über welche Eigenschaften der wahrscheinliche nächste Kanzler Friedrich Merz (CDU) verfügt.
Die Antworten sind wenig schmeichelhaft für Merz. 60,2 Prozent sehen ihn als eitel, 39,7 Prozent halten ihn für angriffslustig und 38,3 für opportunistisch.
Positive Charaktereigenschaften schreiben nur sehr wenige Tagesspiegel-Nutzer dem Kanzlerkandidaten der Union zu. Für intelligent halten ihn 30,4 Prozent, für durchsetzungsstark 24 Prozent. Authentisch finden ihn 10,2 Prozent, vertrauenswürdig 9,5 Prozent, kompromissfähig 8,6 Prozent und für bedacht halten ihn acht Prozent. Sympathisch finden ihn gar nur 3,7 Prozent und Humor attestieren ihm 3,3 Prozent.
Haben die Teilnehmer mit ihrer persönlichen Einschätzung recht, könnte die Zusammenarbeit in der nächsten Bundesregierung schwierig werden.
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